04.06.2025N. Bernhardt
Inflation temporärer Halteverbote durch Sondergenehmigung für Privatpartys
Foto: Inflationärer Einsatz von Haltverbotsschildern und MSDWGI*-„Zusatzzeichen“ aus dem Heimdrucker. Natürlich von vorne bis hinten zugeparkt – weil Sinn des Schilderwaldes nicht erkennbar.
Seit heute (4. Juni) gelten auf der Hofaue bis einschließlich 12. Juni in Höhe Hausnummer 42 bis 46 auf einer Strecke von rund 70 Metern umfangreiche Haltverbote. Zumindest theoretisch, denn spätestens die Datumsangaben entstammen dem Heimdrucker und nicht einem offiziellem Hersteller von Verkehrszeichen. Theoretisch auch, weil wieder alle Regeln durch Landrecht aka „Gutdünken“ ersetzt wurden.
Eigentlich gilt nach Straßenverkehrs-Ordnung StVO) folgendes:
(1) Sparsamer Umgang mit Ausnahmegenehmigungen: Darunter versteht man eine mengenmäßige Begrenzung wie auch zeitliche Beschränkung der Erlaubnisse auf ein notwendiges Minimum. Dies umfaßt regelmäßig Bauarbeiten oder auch Umzüge. Wird der betroffene Straßenraum zum Beispiel nachts für den beantragten Zweck nicht benötigt, beschränkt man das Haltverbot auf die Arbeitszeiten.
Zu welchem Zweck eine Genehmigung für einen „persönlichen Parkplatz“ im Haltverbot genehmigt wird, sollte man natürlich klar und transparent auf der behördeneigenen Website auflisten. Die Stadt Offenbach hat dafür sogar eine eigene Satzung. In Wuppertal ist man sich zu fein dafür und überläßt die Entscheidung dem Gutdünken – Verzeihung – dem selten nachvollziehbaren sog. Ermessen der Genehmigungsbehörde.
Eine Erlaubnis ist auf maximal drei Jahre zu beschränken. – Vergleich dazu das Selbstdruckformular unten mit „unbegrenzt“.
(2) Ausführung der aufgestellten Verkehrszeichen nach StVO und RAL lichtreflektierend: Offiziell vom Bundesminister für Verkehr und Digitales genehmigte Verkehrszeichen und Zusatzschilder müssen reflektierend sein, damit sie auch nachts leicht erkennbar sind. In Wuppertal kommen insbesondere Zusatzzeichen fast ausschließlich aus dem Heimdrucker, vgl. Foto.
(3) Jedes Fahrzeug, das im Haltverbot oder der Fußgängerzone parken soll, benötigt eine Erlaubnis der Straßenverkehrsbehörde, die im Fahrzeug deutlich sichtbar ausliegt. In Wuppertal reicht offenbar ein informeller Wink zum Ordnungsamt, um ein Fahrzeug mit einem Wisch aus dem Heimdrucker als „Kirmesfahrzeug“ oder „Wettbewerbsveranstalter“ wie magisch von Knöllchen fernzuhalten.
Die öffentliche Parkfläche für die private Party oder Wettbewerbe
Das Haltverbot in der Hofaue wurde noch kurzfristig durch einen selbstgedruckten Wisch mit der Aufschrift „Parkfläche ausschließlich für Fahrzeuge der Wettbewerbsorganisation“ ergänzt. Veranstalter des Wettbewerbs ist eine private GmbH. Das aufgestellte Haltverbot gilt rund um die Uhr; eine zeitliche Beschränkung auf eine bestimmte Tages- oder Nachtzeit findet nicht statt.
Sollte die Stadt Wuppertal dieser GmbH für neun Tage(!) das eingangs erwähnte Haltverbot genehmigt haben, hat sie im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes aus Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz dasselbe auch bei jeder Privatparty im „Atelier“ zu genehmigen. Einerseits wird die gesperrte Verkehrsfläche nicht für den „Wettbewerb“ benötigt (Autorennen, Wupperlauf, Bikelane-Demo), andererseits ist den Wettbewerbs-Veranstalter-Fahrzeugen zumutbar, in einen der mindestens drei fußläufig und öffentlich erreichbaren Parkhäuser zu parken.
Denn, wie man am Eingangsfoto sieht, erzieht man mit inflationär und tageszeitlich unbefristet erteilten Spezialparkplätzen andere Verkehrsteilnehmer dazu, ihr Fahrzeug nach Landrecht dazuzustellen – ist ja noch Platz! In der Konsequenz wird ein zum Durchkommen der Feuerwehr angeordnetes Haltverbot ebenso wenig beachtet. Damit die Feuerwehr beim nächsten Einsatz erst die ganze Nachbarschaft aus dem Bett klingeln muß, damit der Depp sein blockierendes Fahrzeug wegsetzt.
In Wuppertal ist die zuständige Genehmigungsbehörde das Gesundheitsamt
Foto: Eine der selbstgedruckten, „unbefristet“ gültigen „Ausnahmegenehmigung gemäß § 46 Straßenverkehrsordnung“ vom und für das Gesundheitsamt. Die hätte jeder Handwerker auch gern.
Nach den Buchstaben der StVO ist für die Erteilung straßenverkehrsrechtlicher Erlaubnisse – Befahren der Fußgängerzone, Parken im Haltverbot – die Straßenverkehrsbehörde zuständig. In Wuppertal ist dies konkret Ressort 104.11.
Das sieht man in in anderen Ressorts nicht so eng. Da kam es schon mal vor, daß sich Mitarbeiter des Gesundheitsamtes selbst Genehmigungen nach § 46 StVO ausgestellt haben, vergleiche Foto. Einige Mitarbeiter parken mit dieser Ausnahme auch gerne in der Fußgängerzone, obwohl die – inzwischen von 104.11 erteilte – Erlaubnis als Auflage nur das Be- und Entladen außerhalb der sonst erlaubten Ladezeiten gestattet.
Während sich Lieschen Müller mit einer solchen selbstgedruckten Erlaubnis oder einem selbstgedruckten Verkehrszeichen schnell eine Anzeige wegen Urkundenfälschung einhandelt, löst man das in Wuppertal innerhalb der Verwaltung. Die Genehmigung zum Parken – Verzeihung – Be- und Entladen in der Fußgängerzone kommt dann eben aus dem Ressort 104.11. ■
Zu dem Thema: fachgerechte Ausführung der Verkehrszeichen
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*) MSDWGI = man sieht doch, was gemeint ist.
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