Das Tal des MSDWGI: Parken im Haltverbot, fehlende Sondererlaubnisse

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Foto 1 oben: Das einzige, was an dieser beispielhaften Aufstellung dieses Schildermonsters den Regeln der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) entspricht, ist das Haltverbot an sich (Zeichen 283).
– Im amtlichen Verkehrszeichenkatalog [1] finden wir auch das Zusatzzeichen 1060-31 „Haltverbot auch auf dem Seitenstreifen“, das oftmals sinnfrei aufgestellt wird, wo gar kein Seitenstreifen vorhanden ist.
– Aus reiner Faulheit oder weil es ja Geld kosten würde, findet man die zeitlichen Angaben oft nur noch per Wisch aus dem Heimdrucker angepinnt. Retroreflektierend müssen die Verkehrszeichen nicht nur aus Lust an der Freude sein, denn es ist nicht Aufgabe der Verkehrsteilnehmer, den Sinn einer amtlichen Anordnung erst mit der Taschenlampe erforschen zu müssen.
– Ein – nachträglich – angebappschtes Phantasieschild entfaltet gerade keine „Genehmigungswirkung“ und ersetzt nicht eine deutlich im Fahrzeug ausliegende Sondererlaubnis nach § 46 StVO.

Rechtsgrundlage: MSDWGI?

Vergangene Woche echauffiert sich eine Wuppertalerin in der Hofaue: „Ist das die Wuppertaler Art, Gäste willkommen zu heißen?“ – Vorangegangen war die Diskussion mit einer Politesse, die verbotswidrig im Haltverbot geparkte Fahrzeuge „beknollte“. Schließlich sei das Parkverbot doch speziell für diese Fahrzeuge eingerichtet worden, eine Ausnahmegenehmigung würde doch (unter den Haltverbotsschildern, vergleiche Beispiel oben) doch hängen.

In Fachkreisen nennt man diese Art verkehrlicher Anordnungen und Kontrolle MSDWHI – man sieht doch, was gemeint ist! – Der eine darf dort parken, der andere nicht. Der eine präsentiert eine Sondererlaubnis für das Parken in der Fußgängerzone von Hinterpampelmuse, der andere einen handgeschriebenen Wisch. Ist doch für jeden und vor allem die Politessen jederzeit nachvollziehbar, wen sie beknollen darf und wen nicht, oder?

StVO: Wer im Haltverbot parken will, braucht eine Sondererlaubnis nach § 46

Würde es in Wuppertal durchgängig mit rechten Dingen, namentlich nach StVO, zugehen, hätten die noch vorhandenen Politessen einen sinnlosen Grund weniger, über MSDWGI zu diskutieren. Im konkreten Fall war im Bereich der Hofaue 42 und 46 ein Haltverbot (Zeichen 283) angeordnet. Schon die zeitliche Beschränkung nach MSDWGI war ein Heimdruckerwisch, kein offizielles Zusatzzeichen aus dem Verkehrszeichenkatalog. [1].

Zeichen 283 StVO verbietet das Halten auf der Fahrbahn. Die Straßenverkehrsbehörden können in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen von den Halt- und Parkverboten, § 46 Absatz 1 Nr. 3 StVO. Sofern ich also im Haltverbot Hofaue parken will, beantrage ich eine Erlaubnis und lege diese – falls genehmigt – im Fahrzeug aus. Dann weiß die Politesse, daß mein Anliegen von offizieller Stelle geprüft und genehmigt wurde.


Foto 2 oben:Zehnjährige Blankovollmacht zum Selbstausfüllen des Kfz-Kennzeichens zum Parken in der Fußgängerzone macht aus einer Sondererlaubnis einen unzulässigen Regelzustand.

Nach welcher StVO arbeitet 104?

Die zuständige Straßenverkehrsbehörde ist in Wuppertals Ressort 104 angesiedelt. Dessen Zuständigkeit liegt also darin, für das große Parkevent in der Hofaue (a) die notwendigen Haltverbote anzuordnen, (b) für die konkreten Sondererlaubnisse nach § 46 StVO zu sorgen und (c) den Veranstalter darauf hinzuweisen, daß diese Erlaubnisse beim Parken „deutlich sichtbar“ im Fahrzeug ausliegen müssen.

Entweder ist bei diesem Prozeß etwas schiefgelaufen. Oder man nimmt es im 104 mit der StVO nicht so genau. Konkret:

(a) Die anordnende Behörde hat sicherzustellen, dass hierfür ausschließlich offiziell zugelassene Verkehrszeichen und Zusatzzeichen verwendet werden. Bereits bei den aufgestellten Haltverboten hapert es wie bei temporär aufgestellten Verkehrszeichen inzwischen „üblich“ daran, daß die zeitliche Angabe als laminierter Wisch nicht reflektiert und damit nicht den Vorschriften entspricht. Auch der nachträglich unter dem Zeichen 283 angebrachte Zettel „Parkfläche ausschließlich für Fahrzeuge der Wettbewerbsorganisation“ entfaltet als frei erfundenes „Schild“ weder eine rechtliche Wirkung, noch handelt es sich bei einer öffentlichen Straße um eine private „Parkfläche“.

(b) Dauerausnahmegenehmigungen sind laut VwV-StVO [2] auf maximal drei Jahre zu beschränken. Das, was teilweise in den Fahrzeugen auslag, die zwischen dem 4. und 11. Juni in der Hofaue im o.g. Haltverbot parkten, ist eine Blankovollmacht für zehn Jahre an jedermann zum Parken vor dem Haus der Jugend in der Fußgängerzone. Das macht aus dem Ausnahme- zum unzulässigen Regelfall. Statt transparente Informationen, unter welchen konkreten Umständen eine Sondererlaubnis erteilt wird, ist dies offenbar Betriebsgeheimnis.

Teilweise lag in den Fahrzeugen auch eine Sondererlaubnis zum Befahren von anderen Teilen der Barmer Fußgängerzone aus. Nichts davon enthielt eine Erlaubnis zum Parken im Haltverbot in der Hofaue.

So entsteht der Eindruck, das Ordnungsamt solle „auf Zuruf“ bestimmte regelwidrig abgestellte Fahrzeuge von der StVO ausnehmen, während es andere Fahrzeuge für dieselbe Ordnungswidrigkeit beknollt. Eine solche selektive und sachfremde Sanktionierung von Parkverstößen ist schon aufgrund des Grundrechts auf Gleichbehandlung rechtsfehlerhaft und würde spätestens vor Gericht – entsprechende Nachweise vorausgesetzt – zur Aufhebung des Verwaltungsaktes führen.

Amtlich formuliert: „Auch im Ordnungswidrigkeitenrecht gilt trotz des Opportunitätsprinzips der Grundsatz, dass gesetzwidrige Taten im Regelfall zu verfolgen sind. Daher bedarf auch nicht das Eingreifen des Amtsträgers einer Begründung, sondern die Nicht-Ahndung braucht als Ausnahme eines zusätzlichen Kriteriums, welches zu dokumentieren ist (Karlsruher Kommentar, 5. Aufl., OWiG-Mitsch, Einleitung Rn. 155, 156).“ [3]

Foto oben: Typisches „ich darf hier parken“-Syndrom: Mit den Sonderrechten für Müllabfuhr, Straßenreinigung und Straßenarbeiten wird gerne das regelmäßige Parken in der Fußgängerzone begründet, während man im Haus nebenan neue Badewannen und WCs installiert.

Die Stadt als Vorbild zur Negierung der StVO

Vielleicht sollte die Wuppertalerin ihre Frage, wie wir Gäste willkommen heißen, einmal dem Amt 104 stellen. Denn wenn Teile der Verwaltung sich nicht an die Regeln der StVO halten, ist es den Verkehrsteilnehmern schwer zu vermitteln, warum sie es anders machen sollten. Die Politessen, die gewissenhaft ihre Arbeit machen, werden dabei unfreiwillig zum Spielball von moralischen „MSDWGI“-Diskssionen. Dafür läßt die StVO aber keinen Raum. ■

Siehe dazu auch:

Inflation temporärer Halteverbote durch Sondergenehmigung für Privatpartys

Knöllchen: Manche sind offenbar gleicher als gleich

Fußnoten

[1] Amtlicher Verkehrszeichenkatalog auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bildtafel_der_Verkehrszeichen_in_der_Bundesrepublik_Deutschland_seit_2017

[2] Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) ist eine Verwaltungsvorschrift der deutschen Bundesregierung. Sie regelt die Umsetzung der Straßenverkehrs-Ordnung und die Ausführung von Verkehrseinrichtungen durch die kommunalen Straßenverkehrsbehörden und Straßenbauämter.
https://de.wikipedia.org/wiki/Allgemeine_Verwaltungsvorschrift_zur_Stra%C3%9Fenverkehrs-Ordnung
https://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_26012001_S3236420014.htm

[3] Erlass zur Überwachung und Sanktionierung von Ordnungswidrigkeiten im ruhenden Verkehr vom 11. Mai 2020
https://www.aktivmobil-bw.de/fileadmin/user_upload_fahrradlandbw/Downloads/Regelwerke/2020_Erlass_zu_Ueberwachung_Sanktionierung_von_Ordnungswidrigkeiten_im_ruhenden_Verkehr.pdf
https://bw.adfc.de/artikel/falschparkererlass

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