17.05.2025Migra
Stille Diskriminierung in Wuppertal
Reden wir von Diskriminierung in Wuppertal. Beim Wort Diskriminierung denken wir wohl in erster Linie an Beschimpfungen, an laute Vorurteile und an bösartige Witze über Menschen, die ausgegrenzt werden sollen.
Es gibt aber auch weniger sichtbare Formen der Ausgrenzung und der Diskriminierung – unsichtbare, kaum wahrnehmbare Formen, gegen die man sich nicht so einfach wehren kann wie beispielsweise gegen eine Beleidigung oder einen bösen Witz. Wie dies funktioniert, kann man in Wuppertal regelmäßig morgens vor der Ausländerbehörde unserer Stadt erfahren.
Kaum ein Wuppertaler, der nicht einmal vormittags die Schlange und Ansammlung der zahlreichen Wartenden an der Friedrich-Engels-Allee gesehen hätte. Menschen, die stundenlang anstehen für die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis oder Arbeitserlaubnis für sich oder für ihre Familie.
Und so funktioniert hier die Einübung in die stille Diskriminierung für die Wartenden: Du hast hier kein Recht auf einen Warteraum wie ein Bürger im Bürgerbüro. Du sollst nicht sitzen, du musst bei niedrigen oder hohen Temperaturen hier stehen, bei Regen oder Sonne. Du hast kein Recht auf eine ruhige Umgebung, du stehst stundenlang an der Hauptverkehrsstraße der Stadt, der Autoverkehr lärmt an dir vorüber. Du stehst auf dem Bürgersteig und Passanten drängeln sich an dir vorbei; du bist ein Hindernis für alle und du erntest deswegen böse Blicke.
Du hast also kein Recht auf einen Sitzplatz, und du hast kein Recht auf eine ruhige Umgebung. Auch hast du kein Recht auf eine zügige Behandlung. Du schreibst sechs oder zehn E-Mails Wochen vor Ablauf deiner Aufenthaltserlaubnis für einen Termin, du rufst an, aber wir nennen dir keinen Termin. Du nimmst dir einen freien Tag von der Arbeit, um persönlich vorzusprechen, aber auch das hilft dir nicht. Denn hier vor der Festung der Ausländerbehörde wird dir geheißen zu warten und dich im öffentlichen Raum auf Anweisung der Sicherheitskräfte aufzureihen; und du musst Angst haben, dass man dich vergisst, wenn du dich kurz entfernst und eine Zeitlang nicht vor der Tür stehst oder dein Sachbearbeiter vor den Eingang kommt, den du für eine kurze Zeit verlassen hast.
Du hast kein Recht auf eine Wartenummer – wir schreien laut deinen Namen über die Straße – Datenschutz hin oder her. Wir ignorieren dabei, dass du ein Bürger dieser Stadt bist, denn ein „Herr“ oder eine „Frau“ wird nicht mitgeschrieen.
Und du erhältst weiterhin keinen Termin. Wir sorgen dafür, dass du unverrichteter Dinge wieder nach Hause gehst mit einem ausgehändigten Faltblatt, auf dem du aufgefordert wirst, per E-Mail oder Kontaktformular um einen Termin zu bitten; und du also noch einmal in die Sackgasse geschickt wirst, aus der du kommst.
Denn du hast keinen deutschen Pass, du bist hier ohne diejenigen Rechte, die ein Mensch mit einem deutschen Pass hat – das Recht, einen Termin zu erhalten, das Recht auf einen sauberen und ruhigen Raum mit einer Wartenummer und dem sicheren Wissen, dass dein Anliegen wahrgenommen und bearbeitet wird. Denn du sollst auch in Zukunft Angst um deine Zukunft haben, du sollst dich unsicher fühlen und unsicher bleiben, du sollst dich nicht wohlfühlen in dieser Stadt, die sich selbst als lebenswert beschreibt.
So funktioniert die stille Diskriminierung von Menschen, werktäglich, vor der Ausländerbehörde in Wuppertal. Eine Schande für die Stadt. Eine Schande für die Menschheit.
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