24.05.2025Migra
Der gute Weg ins Dunkel
Wer das tägliche Schauspiel subtiler Diskriminierung vor der Ausländerbehörde in Wuppertal erlebt, käme wohl kaum auf die Idee, dass diese Stadt auf einem „guten Weg“ ist. Oder dass Wuppertal ein Ort sei, „an dem sich jede und jeder – unabhängig von Herkunft oder sozialem Hintergrund – zu Hause fühlen kann“. Genau das aber wird im Vorwort des Integrationsmonitorings 2025 unserer Stadt mit Nachdruck behauptet.
Doch der Bericht vertuscht die vielfältigen Formen der Diskriminierung, die gerade für zugewanderte Menschen zum Alltag gehören: höhere Mieten, schlechtere Luftqualität, prekäre Jobs, abfällige Bemerkungen. Es wird nicht einmal versucht, das Ausmaß von Diskriminierung in Wuppertal systematisch zu erfassen. Zwar strotzt der Bericht vor Zahlen und Statistiken, doch Interviews oder Befragungen von Betroffenen sucht man vergebens. Eine zahlenmäßige Erfassung von Diskriminierungserfahrungen fehlt völlig. Ist das wirklich ein „guter Weg“?
Wohl kaum. Wer mit Menschen ohne deutschen Pass in Wuppertal spricht, hört von zahllosen Versuchen, sie auszunutzen: Arbeitszeugnisse werden verweigert, Arbeitsschutzbestimmungen ignoriert, Reparaturen in Mietwohnungen nicht durchgeführt, Kündigungen von Abonnements schlicht ignoriert. Die Arbeitsagentur testet Deutschkenntnisse mit einem Computerprogramm, bei dem Deutsch weder gesprochen noch gehört wird. Im Jobcenter erhalten Migrantinnen Anschreiben, die selbst Muttersprachler kaum verstehen.
Sich in Wuppertal zu Hause fühlen? Wer vor der Ausländerbehörde stundenlang stehen muss und dennoch keinen Termin bekommt, wer monatelang vergeblich auf die Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung wartet, fühlt sich hier eher wie im Abschiebegewahrsam als in einer offenen, gastfreundlichen Stadt. Die wohlklingenden Floskeln aus dem Vorwort wirken wie Beruhigungspillen für Leserinnen und Leser, die das ungute Gefühl beschleicht, dass Menschen ohne deutschen Pass in Wuppertal nach dem Grad ihrer Nützlichkeit behandelt werden.
Konsequenterweise enthält der Bericht auch keine systematischen, empirisch erhobenen Daten zu Diskriminierungserfahrungen im Alltag – weder bei der Wohnungssuche, noch im Bildungssystem, auf dem Arbeitsmarkt oder im Kontakt mit Behörden. Angaben dazu, wie häufig und in welchen Lebensbereichen Menschen mit Migrationshintergrund Benachteiligungen oder Ausgrenzung erleben, fehlen völlig.
Andere Städte sind da längst weiter. Doch das ist ein Thema für ein anderes Mal. Wie schon ein Satiriker vor hundert Jahren sagte: Das Übel gedeiht nie besser, als wenn ein Ideal davorsteht. Wenn also für Menschen ohne deutschen Pass hinter dem „Zuhause“ am „guten Weg“ der bewachte Eingang der Ausländerbehörde sichtbar wird.
Und so steht man vor der Ausländerbehörde und wartet. Der „gute Weg“ der Stadt Wuppertal? Er ist ein regennasser Gehweg mit ohrenbetäubendem Verkehrslärm. Diskriminierung? Doch nicht bei uns.
© Kurt Löwenstein Educational Center International Team, Deutschland
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