31.05.2025

Im Regen stehen gelassen

Wie die Stadt Wuppertal mit ausländischen Fachkräften umspringt

Es ist ein sonniger Morgen vor der Ausländerbehörde in Wuppertal. Wie immer steht eine Traube von Menschen vor dem Eingang auf dem Bürgersteig. Autos lärmen vorbei, Fußgänger drängeln sich durch die Wartenden und werfen ihnen unwirsche Blicke zu. Wer hier etwas will, muss Geduld und Stehvermögen mitbringen – stundenlanges Warten ist keine Ausnahme.

Das dauert, sagt der Mann, der auf dem daumendicken Rand eines Waschbetonkübels sitzt. Einmal habe er zweieinhalb Stunden im Regen warten müssen, ein anderes Mal sei er bereits um drei Uhr morgens gekommen, um der Erste zu sein. Er zeigt auf den Eingang der Behörde – an jenem Tag habe er wenigstens ein wenig Schlaf gefunden, bevor die Türen öffneten.
Heute ist er für seine Frau hier und hofft, dass die Unterlagen beim zuständigen Sachbearbeiter angekommen sind. Zwei- oder dreimal schon seien seine Dokumente verschwunden. Nach einem langen Notdienst in der Klinik sei er müde und erschöpft. Immerhin ringt er sich ein Lächeln ab: Er bezahle im Jahr 50.000 bis 60.000 Euro Steuern, doch stundenlanges Warten unter diesen Bedingungen habe er nur in Wuppertal erlebt. Als Facharzt habe er in den USA gearbeitet, wo solche Probleme unbekannt seien. Auch in Deutschland, in Gelsenkirchen, Hagen, Wermelskirchen und Bochum habe er derartige Zustände nicht erlebt.

Wenn er in der Klinik 70 bis 80 Stunden pro Woche arbeite, könne er nicht einen halben Tag vor der Ausländerbehörde verbringen. Allein auf seine Arbeitserlaubnis habe er sechs Monate warten müssen.
Deshalb habe er nun die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt – nicht, weil er sie unbedingt brauche, sondern um nicht immer wieder vor der Ausländerbehörde stehen zu müssen, stets im Ungewissen, ob sein Anliegen an diesem Tag bearbeitet wird. Er habe das Gefühl, dass ausländische Fachkräfte in dieser Stadt nicht willkommen seien.

Die Frau neben ihm stimmt zu; auch sie hat den Eindruck, dass man Ausländer möglichst loswerden wolle. Sie habe, wie ihr Nachbar, mehrmals vergeblich versucht, einen Termin online zu bekommen. Nun ist ihre Aufenthaltsgenehmigung abgelaufen, und ihr Arbeitgeber droht mit Kündigung. Anders als die meisten anderen habe sie keine Wartenummer erhalten; ihr Name wird laut über die Straße gerufen – Datenschutz spielt in ihrem Fall keine Rolle.

So bleibt dieser Morgen vor der Ausländerbehörde bedrückend für die Wartenden. Wer keinen deutschen Pass besitzt, bleibt Bürger zweiter oder dritter Klasse. Denn ohne deutschen Pass kann man nicht wählen, und die Stadtverordneten sorgen lieber für goldene Bänke in der Fußgängerzone als für angemessene Warteräume und Wartezeiten in der Ausländerbehörde. So werden Menschen mit ausländischen Pässen in Wuppertal seit Jahren im Regen stehen gelassen – oft genug im wahrsten Sinne des Wortes.

Stehen und Warten ist die Regel ©Autor

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