24.05.2025N. Bernhardt
Irrungen, Wirrungen und „Irritationen“ um Zukunftsfestival
Vor zwei Jahren wird der Meeresbiologe Robert Marc Lehmann von der Stadthallen-GmbH für einen Vortrag beim morgigen Zukunftsfestival kontaktiert. In der Folgezeit werden die Vertragsdetails und Inhalt des Vortrags ausgehandelt, erhält der Auftraggeber eine Broschüre mit Lehmanns Themengebieten. [2]
Vor etwa eins, zwei Wochen heißt es dann aus städtischen Kreisen, daß Lehmanns Auftritt „aus terminlichen Gründen entfällt.“ [1]
Nachdem Lehmann mit einem Video auf Youtube [2] vorgeprescht ist, heißt es nun in verschwurbelten Deutsch von der Amtspresse [3], man habe Lehmann lediglich gefragt, ob die „angekündigte Zoo-Kritik für das geplante Familien-Event unter dem Thema Nachhaltigkeit passend sei“. Daraufhin habe Lehmann – übersetzt – die „beleidigte Läwwerwohsch“ gespielt und den Vertrag gekündigt. [3]
„Freiwilliger“ Zwang: Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt
Nach Lehmanns Angaben ist in einer kurzfristig anberaumten Videokonferenz vor drei Wochen die Geschäftsführerin der Stadthallen-GmbH ins Begrüßungsprotokoll gestolpert, in der ihm kurzerhand untersagt wurde, in seinem Vortrag über Zoos zu sprechen. Nach diesem Schuß vor den Bug hat Lehmann den Vertrag aus wichtigem Grund gekündigt.
Offenkundig war jemandem kurz zuvor aufgefallen, daß Lehmann auch Kritik am System „Zoo“ übt. Jeder, der den Schwebebahnabsturz miterlebt hat, dürfte noch die winzigen Käfige kennen, in der man früher Zootiere eingepfercht hat. Für Lehmann ist das Thema Zoo Teil seines beruflichen Werdegangs und als solches Thema während seiner Vorträge. Beim Wuppertaler Zoo ist dieselbe Erkenntnis in artgerechtere Anlagen für Löwen, Pinguine, Elefanten etc. gemündet.
Da stelle ma uns mal janz dumm: Wat is’n Umweltschützer?
Nachdem Lehmann der Stadthallen-GmbH eine Rechnung geschickt hat, hat man dort vergessen, daß bei Mutti mit dem Rechtsamt ein eigener Apparat an Juristen zur Verfügung steht, und beauftragt stattdessen eine externe Kanzlei für einen Schrieb an Lehmann inklusiver vierstelliger Kostennote. Im „Wurstcase“ (schlimmsten Fall) zahlt die Stadt Wuppertal aus dem Steuersäckel, woll?
Im Rahmen der juristischen Spitzfindigkeiten will die Mandantschaft der extern beauftragten Kanzlei, die Vertragspartei mit Lehmann ist bzw. war, plötzlich festgestellt haben, daß man ja gar nichts über Herrn Lehmann weiß. Irgendwer außerhalb des Stadthallenkreise(l)s hat dann wohl mal recherchiert und festgestellt, daß Lehmann auch etwas zum Thema Zoo sagt, und die Stadthallen-GmbH informiert.
Was über oder gegen Zoos zu sagen ist natürlich empörend!!1!elf, so daß gleich das städtische Presseamt (nicht: Pressestelle der Stadthallen-GmbH) sich zur Pressemeldung [3] genötigt sieht und damit klarstellt, wer bei wem im Aufsichtsrat sitzt bzw. verbandelt ist.
Den Aufhebungsvertrag, den man Lehmann unterschieben will, ist nur ein i-Tüpfelchen im juristischen Kleinkrieg. Damit würde Lehmann auf sämtliche Forderungen gegenüber der Stadthallen-GmbH verzichten.
Wenn die Damen und Herren bei der Stadthalle grundsätzliches Lob oder Kritik am Zoosystem nicht ausstehen können, gehört dieses Thema von Anfang an in den Vertrag mit Lehmann. Ansonsten ist es schlicht ein frecher, „schäbbischer“ Maulkorb. Die Verantwortlichen juckt das offenbar nicht mal, da kann man ruhig von „Irritationen“ faseln.
Fußnoten, Quellen, Verweise
[1] „Zukunftsfestival in Wuppertal“, Wuppertal-total vom 15.05.2025, Zitat:
„Ursprünglich war ein Expertenvortrag des Meeresbiologen und Umweltschützers Robert Marc Lehmann vorgesehen, der jedoch aus terminlichen Gründen entfällt.“
https://wuppertal-total.de/stadtleben/zukunftsfestival-in-wuppertal-ranga-yogeshwar-spricht-ueber-gesellschaftlichen-wandel/
[2] R.M. Lehmann: „Man versucht mich LIVE zu ZENSIEREN – Mein Statement“,
→ https://www.youtube.com/watch?v=W5vRsH0NN_E
[3] Pressemitteilung der Stadt Wuppertal vom 20.05.2025: „Irritation um Gestaltung des Zukunftsfestivals von Stadthalle und Junior Uni“,
https://www.wuppertal.de/presse/meldungen/meldungen-2025/mai/zukunftsfestival-reaktion.php
Weiter mit:
… und nach der Demo verschwindet er bei PRIMARK im Parkhaus.
Mit der Antizoodemo in Wtal reduziert Lehmann sein Themengebiet auf die menschliche Tierhaltung. Das ist jedenfalls das, was bei vielen Wuppertalern im Kopf bleiben wird.
Seine Mission Erde ist doch wesentlich breiter aufgestellt.
Ein Beispiel ist der Vortrag von Paul Nicklen, der eindrucksvoll und unterhaltsam erzählt, daß wir mit dem Verlust des Polareises ein ganzes Ökosystem verlieren.
→ https://www.youtube.com/watch?v=Ra-lxoAUP5c
Offenkundig wollte da jemand auf Seiten des Auftraggebers Lehmann das Maul zu Thema Zoo verbieten, weshalb Lehmann den Vertrag „aus wichtigem Grund“ gekündigt hat. Daß da etwas zum Thema Zoo „besprochen“ wurde, wird in der formalen Pressemitteilung aus dem Presseamt der Stadt Wuppertal gar nicht bestritten, sondern nur etwas schwülstig formuliert. Die Presseinfo ist in meinen Augen nur eine Formalität, um in der Sache oberflächlich den eigenen Kopf zu wahren.
Rechtlich macht es durchaus einen Unterschied, ob ich jemandem ins Wort falle und ihm verbiete, über ein bestimmtes Thema zu sprechen. Oder ob ich ihn freundlich frage, ob das Thema bei einem Vortrag zum Thema Zukunft passend sei, wie es das Presseamt formuliert. Das eine ist ein explizites Verbot, das letztere eine freie Entscheidung des Redners.
Die Geschütze, die die Stadthallen-GmbH hinter den Kulissen fährt – Beauftragung einer externen Rechtsanwaltkanzlei mit der „Bitte“ an Lehmann, die nötigen Auslagen in Höhe von 1.375,88 Euro als Ersatz für Lehmanns vorgeblich vertragswidriges Verhalten* zu „spenden“ – sind so gar nicht deeskalierend, wie es die Pressemitteilung vermuten läßt. Finden Sie nicht auch?
Oder ist es Prinzip bei städtischen Töchtern, Forderungen juristischer Gegner mit Gegenforderungen zu bewerfen, damit am Ende vielleicht eine „schwarze Null“ dabei herauskommt? So als ganz normale Formalität, genauso wie ein „Gesprächsangebot“ in der offiziellen Pressenachricht?
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* lt. Rundschau vom 24.05.25
Was hinter den Kulissen passiert, ist nochmal eine andere Hausnummer. Wenn Herr Lehmann auf seiner Plattform „Fck Zoo“-T-Shirts verkauft, und in seinem Video nicht wissen will, was der Anwalt mit „unflätiger“ Wortwahl meint, ist das ja auch nicht ganz ehrlich.
Wenn die Stadthalle Herrn Lehmann im Nachhinein etwas untersagen möchte, ist das – von außen betrachtet – eine einseitige Vertragsänderung. Da könnte Herr Lehmann einfach „Nö“ sagen. (In der Situation vielleicht nicht, aber womöglich nach etwas Bedenkzeit.) Dann hätte die Stadthalle kündigen müssen…
Jetzt waren weder Sie noch ich bei dem Gespräch oder kennen die Verträge. Einzige Informationsquelle ist das 20-minütige Video vom Profi-Youtuber [2], worin er kindgerecht auch rechtlichen Unsinn über Meinungsfreiheit verbreitet. Stadthalle oder Presseamt haben kein „Gegenvideo“ aufgefahren. So ist jeder prima informiert.
Die einen bemühen sich um Deeskalation, die anderen um Empörung. Je nach Geschäftsmodell.