Dr. Heinz Wolff: Vom Bücherverbrenner zum Chefredakteur

Am 27. März dieses Jahres erschien in der Westdeutschen Zeitung ein Artikel von Manfred Görgens, der an die Bücherverbrennung vor 80 Jahren erinnerte.

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Görgens erinnerte auch an die damals bekannten und aus Wuppertal stammenden Schriftsteller Walter Bloem und Will Vesper, die die Bücherverbrennung unterstützt hatten.

Einen der wichtigsten Akteure der Bücherverbrennung erwähnte Görgens allerdings nicht: Dr. Heinz Wolff, den ehemaligen Lokalchef und stellvertretenden Chefredakteur der Westdeutschen Zeitung.

Der am 30.3.1910 in Elberfeld geborene Wolff war seit 1932 Führer der Göttinger Studentenschaft und leitete die Bücherverbrennung an der weltweit renommierten Universität in Göttingen. Am 5. Mai 1933 erschien ein von ihm verfasster Aufruf des „Kampfausschusses Göttinger Studenten“ in der Göttinger Zeitung: „Deutsche Volksgenossen! Der jüdische Geist, wie er sich in der Welthetze in seiner ganzen Hemmungslosigkeit offenbart und wie er bereits im deutschen Schrifttum seinen Niederschlag gefunden hat, muss ebenso wie der Liberalismus hemmungslos ausgemerzt werden.“

Als Führer der Göttinger Studentenschaft war er verantwortlich für den Boykott und die Vertreibung jüdischer Professoren. Der Antisemit Wolff schrieb im Juni 1935 diesbezüglich in einem Artikel in der Niedersächsischen Hochschulzeitung: „Wir sind noch mitten im Kampf gegen das Judentum und haben den Kampf rücksichtslos zu Ende zu führen. Noch ist das Judentum noch nicht endgültig überwunden. (…) Noch gibt es jüdische Lehrer an deutschen Hochschulen, bei denen leider deutsche Studenten hören. Hier muss der Kampf zu Ende geführt werden, um der Reinheit unserer Idee willen.“

Wolff machte eine steile Karriere im Dritten Reich und wurde1942 schließlich Gaupropagandaleiter in Salzburg. In Personalunion leitete er als Gaupropagandaleiter das dortige Reichspropagandaamt, das als unmittelbar nachgeordnete Behörde die Entscheidungen des „Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda“ auf Gauebene umsetzte. Darüber hinaus leitete er in seiner Eigenschaft als Landeskulturwart faktisch die regionale Aufsichtsbehörde der Reichskulturkammer und entschied somit darüber, wer im nationalsozialistischen Sinn überhaupt als Kulturschaffender tätig sein durfte

Nach knapp 15-monatiger Internierungshaft kam Wolff Ende 1946 nach Wuppertal, wo er sich zunächst als Bauhilfsarbeiter durchschlug. Der ehemalige Göttinger Nazi-Rektor schrieb ihm damals: „Sie sind jung, zäh, arbeitskräftig und Sie haben Wissen und Talent. Sie werden Ihren Weg gehen“. Er sollte Recht behalten. Zwar stieg Wolff nicht wieder zu nationalen Spitzenpositionen auf, doch in Wuppertal war er eine kommunale Größe. Von 1963 bis zu seiner Pensionierung 1975 leitete er die Lokalredaktion Wuppertal und war stellvertretender Chefredakteur des , „Generalanzeiger“ ,1971 umbenannt in „Westdeutsche Zeitung“ und seit 1971 der Westdeutschen Zeitung. Ebenso übte er zahlreiche ehrenamtliche Funktionen in Verbänden und Vereinen ein: Er war Vorsitzender des Vereins Bergische Presse, Vorstandsmitglied des Rheinländisch-Westfälischen Journalistenverbandes, stellvertretender Bundesvorsitzender des Deutschen Journalistenverbandes, Mitglied des Deutschen Presserates, Mitglied des städtischen Presse- und Werbeausschusses, im Vorstand des Wuppertaler Sportvereins, des Bürgervereins Elberfelder Südstadt und des Zoovereins, Gründungsmitglied, stellvertretender Vorsitzender und Ehrenmitglied der Gesellschaft der Freunde der Bergischen Universität, im Beirat des Bergischen Geschichtsvereins – Abt. Wuppertal und Präsident des Rotary Clubs Wuppertal sowie Herausgeber der Zeitschrift der deutschen und österreichischen Rotarier.

Im März 1976 holte ihn seine Vergangenheit wieder ein. Nachdem er zum Sprecher des Deutschen Presserates gewählt worden war und der SPIEGEL seine Vergangenheit als Gaupropagandaleiter in Salzburg thematisierte, trat er bereits nach drei Tagen von seinem Amt zurück. Er habe geglaubt, „dass seine frühere Tätigkeit, für die er ‚reibungslos entnazifiziert’ worden sei, durch seine Tätigkeit nach 1945 aufgewogen sei“.  Dass Wolff als ehemals führender Mitarbeiter des Goebbels-Ministeriums überhaupt auf die Idee kam, für den Vorsitz eines Gremiums zu kandidieren, das gegründet worden war, um über die ethischen Grundsätze der deutschen Presse zu wachen, zeigt, wie wenig er über seine Rolle und seine Aktivitäten im Nationalsozialismus reflektiert hatte.

Seiner Reputation in Wuppertal hat dies jedoch bis heute nicht geschadet. So bemerkte der  ehemalige Leiter des städtischen Presseamtes und Geschäftsführer der Junior-Uni, Prof. Dr.h.c. Ernst-Andreas Ziegler bei der Verabschiedung Michael Kroemers, dem Pressesprechers der Bergischen Universität Folgendes: „Wir hatten mit Dr. Heinz Wolff, dem einstigen Lokalchef und stellvertretenden Chefredakteur der WZ, einen gemeinsamen Lehrmeister.“ Zudem ist Wolff noch immer Ehrenmitglied der „Gesellschaft der Freunde der Bergischen Universität“. Ungeachtet der Verdienste, die Wolff sich um die Universität erworben hat, sollten sich der Vorstand und die Mitglieder darüber bewusst werden, welchen Schaden die Universität nehmen kann, wenn in ihrem Freundeskreis ein Mann als Ehrenmitglied geführt wird, der an der Zerstörung der deutschen Universitäten im Nationalsozialismus an führender Stelle beteiligt war.

Dieter Nelles

Quellenmaterial und Forschungsliteratur zu Dr. Heinz Wolff findet sich auf der Seite des Interdisziplinären Zentrum für Wissenschafts- und Technikforschung der Bergischen Universität Wuppertal – http://www.izwtalt.uni-wuppertal.de/de/Wolff – und der Ausstellung zur Bücherverbrennung in Göttingen „Und euch zum Trotz“  http://www.euchzumtrotz.de/front_content.php?idart=21

 

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