CDU-Krise: Kampf um die Deutungshoheit

Während nach offizieller Lesart der CDU-Fraktion Meinungsverschiedenheiten um die Geschäftsordnung der Grund für die Abspaltung von acht Fraktionsmitgliedern waren, sehen diese den Führungsstil von Fraktionschef Simon als Ursache. Lesen Sie hier die Erklärung der "Abtrünnigen" im Wortlaut.

Für die CDU ist der Fall klar:

Nach einer Fraktionssitzung, in der ausführlich diskutiert wurde, ist die vorgelegte   Neufassung der Geschäftsordnung intensiv beraten und angenommen worden.  In persönlichen Erklärungen haben daraufhin acht Mitglieder der Fraktion zum Bedauern der anderen Mitglieder erklärt, dass sie diese Geschäftsordnung nicht als Grundlage für eine weitere Zusammenarbeit sehen können.

Im Gespräch mit njuuz weist Karl-Friedrich Kühme, bis gestern Fraktionsvize, diese Interpretation zurück. Ausschlaggebend für den Austritt von acht Stadträten aus der CDU-Fraktion sei der Führungsstil des Vorsitzenden Bernhard Simon (s. Erklärung unten).

Die acht Abtrünnigen haben bereits eine eigene Fraktion gegründet, die sich „Christlich Demokratische Bürger“ nennt. Kühme betont, dass man sich nicht dauerhaft von der CDU abgrenzen wolle. Allerdings sei nicht ausgeschlossen, dass sich jetzt weitere Mitglieder der CDU-Fraktion der neuen Gruppierung anschließen, um ihrerseits ein Zeichen gegen den von Kühme als „selbstherrlich“ bezeichneten Führungsstil Simons zu setzen.

Fraktionsvorsitzender Bernhard SimonFraktionsvorsitzender Bernhard Simon

Erklärung der ehemaligen CDU-Fraktionsmitglieder:

CDU-Fraktion gespalten

Während der heutigen Sondersitzung der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Wuppertal erklärten die folgenden Mitglieder (fünf von neun Personen) des Fraktionsvorstandes mit sofortiger Wirkung ihren Austritt aus der Fraktion.

1. Bürgermeisterin Silvia Kaut

2. stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dorothea Glauner

3. stellvertretender Fraktionsvorsitzender Karl-Friedrich Kühme

4. Schatzmeister der Fraktion Dirk Jaschinsky

5. Beisitzerin im Fraktionsvorstand Gisela Schlüter

Diesem Schritt schlossen sich die Stadtverordneten Thoms Schulz, Jan Phillip Kühme und Eckhard Klesser an.

Begründung:

Seit einigen Monaten wird die Arbeit im Fraktionsvorstand und der Fraktion von Themen belastet, die den Umgang des Vorsitzenden mit den städtischen Zuschüssen für die Arbeit der Fraktion und die – in der Geschäftsordnung grundsätzlich festgelegten – Regelungen dazu sowie zur Einstellung und Bezahlung des Personals betreffen.

Eine derartige Vorgehensweise und einsame Entscheidungen zu Fragen, die die Geschäftsordnung der Fraktion und dem Fraktionsvorstand zuordnen, lehnen wir grundsätzlich ab.

Der selbstherrliche Umgang des Vorsitzenden mit allgemein üblichen und festgelegten Abläufen nimmt dem Fraktionsvorstand – und damit der Fraktion – faktisch jede Mitwirkungs- und Einflussmöglichkeit. Dies ist nach unserem demokratischen Verständnis nicht hinnehmbar. Hinzu kommt, dass in zumindest zwei Treffen auf Einladung des Vorsitzenden in der Geschäftsstelle der Fraktion (am 07.05.2011 und 11.05.2011) mit ausgewählten Mitgliedern die Funktionen neu „vergeben“ wurden. Ein weiteres Treffen dieses Kreises fand am 16.05.2011 statt.

Ein solcher Vorgang ist einmalig und nimmt der Fraktion die konkrete Mitwirkungsmöglichkeit durch eine Wahl zum vorgesehenen Termin.

Die nun aus der Fraktion ausgetretenen Mitglieder erklären, dass sie die politischen Positionen der CDU ausdrücklich weiterhin teilen und verfolgen werden. Dies gilt ebenso für Oberbürgermeister Jung, der auch künftig unsere Unterstützung haben wird.

„Wir als Mehrheit der stimmberechtigten Mitglieder des Fraktionsvorstandes wenden uns gegen die zunehmende katastrophale Eigenmächtigkeit des Vorsitzenden, die von ihm und einigen willigen Helfern auf Kosten des Ansehens der Fraktion hemmungslos ausgelebt wird. Der Appell des Oberbürgermeisters, die Regelungen der Geschäftsordnung auch im Alltag zu leben und somit die Geschlossenheit der Fraktion zu bewahren, wurde nicht angenommen. Der Austritt aus der Fraktion ist in dieser Situation der letztmögliche Schritt, zu dessen Umsetzung wir uns nun entschlossen haben.“

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Foto: CDU Wuppertal

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