Wie Innenstädte zu lebhaften Orten nachhaltigen Konsums werden können
„Die Innenstädte veröden“ heißt es immer wieder – der Aufschrei ist laut, die Sorge groß. Aber: Kommunen haben vielfältige Möglichkeiten effektiv dagegenzuhalten, um den Verödungs-Trend zu stoppen oder umzukehren. Zu Gast in der neuen Podcastfolge von Zukunftswissen.fm ist Isabella Weichselbraun, Stadt- und Regionalentwicklerin sowie Partnerin beim StadtLABOR in Graz, einem Innovationslabor für nachhaltige und kooperative Stadtentwicklung. Ihrer Beobachtung nach führt verstärkte Berichterstattung über vermeintlich sterbende Innenstädte zu einer größeren Aufmerksamkeit in der Bevölkerung, was den Trend stellenweise verstärken kann. Als sichtbarstes Symptom der Verödung von Innenstädten würden leerstehende Verkaufsflächen wahrgenommen, aber: „Leerstand hat es immer schon gegeben und es braucht auch einen gewissen Leerstand, damit Wettbewerb möglich ist,“ so Weichselbraun im Podcast.
Vom Wuppertal Institut ist Michaela Roelfes zu Gast, Senior Researcherin im Forschungsbereich Stadtwandel. Sie beschäftigt sich im Rahmen des Projekts „Stadtzentren als Orte nachhaltigen Konsums gestalten“, kurz SONa, derzeit damit, wie lebendige Stadtzentren entstehen: Die Nutzung von Leerstand sei hierbei ein zentraler Aspekt, so die Wissenschaftlerin. In drei Pilotversuchen hat sie mit ihren Kolleg*innen unterschiedliche Nutzungsformen untersucht. Sie berichtet auch vom SONa-Projektstart: „Die Utopie, die wir immer im Kopf hatten, bevor wir in die Pilotierung gegangen sind, war die Idee des leerstehenden Warenhauses, das genauso mit Produkten bestückt wird, wie man das von früher kennt – nur dass alle Produkte geliehen, getauscht oder gemietet werden können.“ Und obwohl schon vor der Pilotierung klar war, dass nicht gleich ganze Kaufhäuser umgestaltet werden, sondern die Piloten in einem kleineren Rahmen stattfinden: Die Vision stand fest – und wurde teilweise in drei Pilotversuchen in Duisburg, Schwentinental und Würzburg Realität.
Im Gespräch verdeutlichen Weichselbraun und Roelfes die Herausforderungen bei der Nutzung von Leerstand: Zunächst sei es eine große Schwierigkeit, die Besitzer*innen der ungenutzten Immobilien zu kontaktieren – unklare Besitzverhältnisse, schwere Erreichbarkeit und fehlendes Interesse erwiesen sich immer wieder als große Hürden. Auch die Finanzierung sei herausfordernd: Gerade sehr große, notwendige Investitionen am Anfang erschwerten vielen lokalen Neu-Unternehmer*innen den weiteren Weg sehr.
Trotzdem betonen beide auch die Chancen neuer Nutzungsformen. Vor allem die Vernetzung der beteiligten Akteur*innen sei einer der wichtigsten Effekte, die sie sowohl in der Praxis als auch in der wissenschaftlichen Begleitung immer wieder beobachtet hätten: Diese neuen Netzwerke ermöglichten einerseits Innovationen und Entwicklung vor Ort, würden andererseits aber auch das lokale Zusammenleben stärken.
Handlungsleitfaden „Zukunft Innenstadt: Nachhaltige Angebote als Schlüssel zur Revitalisierung“
Einen Teil der Ergebnisse des SONa-Projekts hat das Projektteam im Handlungsleitfaden „Zukunft Innenstadt: Nachhaltige Angebote als Schlüssel zur Revitalisierung“ zusammengefasst. Zentraler Ansatz des Leitfadens ist die Verbindung von nachhaltigem Konsum mit innovativen Nutzungskonzepten, etwa Pop-up-Stores, Tausch- und Reparaturangeboten oder gemeinschaftlich genutzten Räumen, die Leerstände füllen, neue Besuchergruppen anziehen und die Innenstädte aufwerten, ökologisch wie ökonomisch. Der Leitfaden steht über den untenstehenden Link kostenfrei zum Download bereit.
Die neue Podcast-Episode ist Teil des Projekts „SONa – Stadtzentren als Orte nachhaltigen Konsums gestalten“. Es ist ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt, das Forschende am Wuppertal Institut gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen adelphi für das Umweltbundesamt umsetzen.
Diese Folge und alle vergangenen sind kostenfrei auf Spotify, Apple Podcasts und Podcast.de sowie über die Website des Wuppertal Instituts zu hören.
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