31.05.2025N. Bernhardt
VRR-Tarifreform: Hagen Hbf→Unterbarmen 7,40 €, →W-Hbf: 18,90 €
Bildschimfoto: Ticketpreise für die Relationen Hagen Hauptbahnhof→Wuppertal-Unterbarmen und Hagen Hauptbahnhof→Wuppertal Hauptbahnhof.
Die vom Verkehrsverbund Rhein-Ruhr Anfang des Jahres großartig verkündete „große Tarifreform“ ist offenbar halbgar und nicht ganz knusper aus dem Ofen gekommen:
- Die günstigen „Ortstarife“ A1 und A2 sind entfallen und in der teuersten A-Variante A3 aufgegangen. Damit zahlen Fahrgäste im Dörfchen und einem Bus/Zug alle zwei Stunden den gleichen Preis wie Städte mit dutzenden Linien.
- Der alte Tarif C für mittlere Entfernungen, dessen Reichweite nie so ganz knusper nachvollzogen werden konnte, ging im verbundweiten Tarif auf, der jetzt C heißt.
- Das Wabenwirrwarr mit Einteilung der Städte in Wuppertal Ost und West sollte entfallen. Oder nun doch nicht?
„Ab 1. März wird alles einfacher“, nämlich teurer
Insbesondere letzteres hätte erfreulich zur Folge, daß es tatsächlich einfacher wird: Eine Fahrt von Hagen Hbf in den Wuppertaler Osten war bisher Preisstufe B, in den Wuppertaler Westen hingegen Preisstufe C. Die Behandlung von Städten wie Wuppertal oder Düsseldorf als ein Tarifgebiet hätte bedeutet, von jedem Fleck in Wuppertal zu jedem Fleck in Hagen, Düsseldorf und Essen mit Preisstufe B zu kommen. Aber das ist dem VRR wohl zu einfach gewesen.
Foto Buswerbung: Mehr Übersicht heißt nicht: übersichtlich. Von Hagen kommend zahlt der Fahrgast für die 1,6 km mehr von W-Unterbarmen bis Hauptbahnhof einen Aufpreis von 12,50 €.
Und so bleibt der Tarifwirrwarr wie gehabt: Für die Fahrt von Hagen Hbf bis Wuppertal-Unterbarmen (entsprechend 24,8 km) sind 7,40 € fällig, für die Entfernung bis zum Hauptbahnhof (+1,6 km) 18,90 €. Gleichzeitig behaupten VRR und Wuppertaler Stadtwerke fröhlich, Preisstufe B gelte „für Fahrten bis zur Nachbarstadt“. Offenbar hat man dort noch nichts von der Stadt Wuppertal gehört, obwohl man den Stadt- sogar im Firmennamen führt.
Bildschirmkopie von https://www.wsw-online.de/einfach/ sowie Fahrplan mit Preisstufen nach Düsseldorf. Merke: Nur Barmen ist von Hagen aus bei VRR/WSW „Nachbarstadt“, umgekehrt ist nur Elberfeld Nachbarstadt von Düsseldorf. Denn von Barmen kostet’s nach Düsseldorf wieder 18,90 €.
Früher gab es zur Entschlüsselung dieses Wabenwirrwarrs noch Fahrplanbücher. Aber die hat man ja beim VRR und den WSW eingestampft, denn dann könnte jeder mal eben ohne PC oder Dummfon nachschauen, was die Fahrt wohin kostet. Heute muß es schon eine Website mit schönen stromfressenden, aber völlig irrelevanten Videos sein, die beim VRR auf der Startseite erscheinen.
Der Versuch, dort die Angaben aus der guten alten EFA (elektronische Fahrplanauskunft so ganz ohne Javascript und Cookies) zu überprüfen, schlägt leider zufällig fehl.
Bildschirmkopie: „Sorrie, samsing went wrong.“ Weichwarenproblem, kann man nix machen. Vielleicht funktioniert es, wenn Sie alle Türen, Fenster und Sicherheitslöcher weit offen auf Ihren Rechner lassen.
Also läuft Lieschen Müller zum nächsten WSW-Ticketautomaten an der Station Kluse. Dort steht anstelle der ehemals vorhandenen zwei Ticketautomaten nur noch ein Alibi-Automat, der zwar den Preis von 18,90 € nach Hagen bestätigt, aber zufällig kein Geld zum Bezahlen akzeptiert. Ist ja für die Betreiber viel bequemer, die Kunden zum digitalen Bezahlen oder gleich digitalen Ticket zu nötigen und dabei bequemerweise gleich das Risiko für die Ticketinfrastruktur los wird.
Foto: Der verbliebene Automat an der Station Kluse verkauft zwar angeblich Tickets, nimmt aber zufällig kein Geld an. – Auch eine Möglichkeit der Zwangsdigitalisierung per „wäre doch zu schön, wenn hier was funktionieren täten würde!“
Siehe auch:
Weiter mit:
Prinzipiell kommt man mit Preisstufe B immer ins übernächste Tarifgebiet. Werden die beiden Wuppertaler Tarifgebiete vereinigt, wäre Düsseldorf auch von Barmen aus mit Preisstufe B erreichbar. Ansonsten müssten die WSW ihr ganzes System ändern.
Dafür, dass der ÖPNV zu großen Teilen sowieso steuerfinanziert ist, finde ich die Kilometerrechnerei für jeden einzelnen Fahrgast bei der Preisfindung unnötig genau. Der VRR könnte einfach Zeitkarten anbieten:
15 min: 2 €
30 min: 4 €
1 h: 6 €
2 h: 8 €
4 h: 10 €
Ticket-Verlängerung: 2 €
Pappstreifen mit QR-Code und Ablaufzeitpunkt gibts beim Fahrer oder am Bahnsteig.
Das versteht jeder und geht ohne App und kleinkarierte Tarifgebietsstruktur.
Von Wuppertal die Städte Düsseldorf, Essen und Hagen nur noch mit Wucherstufe C zugänglich zu machen, ist natürlich auch eine Möglichkeit, Gelegenheitskunden zu vermeintlich preislich günstigen Datenreichtums-Apps (wie den „Schnüffel-Navigator“ – vgl. Berichte im Kuketz-Blog) zu nötigen.
Dabei sieht man an Meldungen wie aktuell „Hacker greifen Kundendaten bei Adidas, Victoria’s Secret und Cartier ab“, daß Anbieter nicht in der Lage sind oder sein wollen, ihre Kundendaten vor dem Datenreichtum zu schützen. Nach Prinzip Datensparsamkeit arbeiten sowieso kaum noch jemand.
https://www.n-tv.de/panorama/Hacker-greifen-Kundendaten-bei-Adidas-Victoria-s-Secret-und-Cartier-ab-article25810969.html
Wuppertal war schon immer zwei geteilt. Zwei Waben, zwei Preise für den gleichen Zielort.
Wer aus Osten dem nach Düsseldorf fuhr, fuhr mit dem Auto nach Unterbarmen.
Nach der Reform lohnt ses sich zwei Tickets zu kaufen. Eins von Oberbarmen nach Vohwinkel, dann von Vohwinkel nach Düsseldorf.
Aber keine Angst, nicht mehr lange. Nach Angaben des VRR wird Wuppertal wieder vereint.
Nach der Logik des VRR werden dann Hagen, Düsseldorf, Essen Preisstufe C. Preisstufe B gibt es dann nur noch für Haan und Schwelm😁.
Wuppertal besteht aus den Tarifgebieten 65 und 66, die wieder in Waben aufgeteilt sind. Die Waben sind vermutlich der Grund, weshalb die Preisstufengrenze zwischen B und C auf dem Weg nach Hagen Hbf zwischen Schauspielhaus und Landgericht liegt und auf dem Weg nach Düsseldorf Hbf zwischen Loher Str. und Polizeipräsidium.
Wer einen Wabenplan sehen möchte, muss wohl eine Anfrage ans Stadtarchiv stellen. Im Netz habe ich keinen gefunden. Übermäßig informierte Fahrgäste sind bei WSW und Bahn gleich unbeliebt.
Als Wuppertaler verstehe ich als nächste Nachbarstadt die nächste Großstadt und nicht irgendein Vorort oder verlorenes Nest. Wir leben hier seit fast 100 Jahren in der Stadt Wuppertal und nicht mehr „im Wuppertal“, wo man mit Preisstufe B nur von Elberfeld nach Düsseldorf kommt und nur von Barmen nach Hagen. Die historische Einteilung in Wuppertal Ost (66) und Wuppertal West (65) ist daher Unsinn und die Angleichung für die Preisstufe B ähnlich der Preisstufe A (ganz Wuppertal ist eine Preisstufe) längst überfällig.
Der VRR verspricht nur Fahrten zur Nachbarstadt nicht zur nächsten Großstadt.
Weder Hagen noch Düsseldorf sind Nachbarstädte von Wuppertal. Insofern ist die VRR-Behauptung nicht falsch.
Das Deutschlandticket ist halt so stark subventioniert, dass jeder Verbund-Tarif dagegen absurd wirkt. Das entsprechende Monatsticket im VRR (Ticket 2000 Abo) kostet 221,90 €.
Wenn es für 58 € im Monat egal ist, ob man von Unterbarmen nach Barmen oder nach Berlin fährt, weiß ich aber auch nicht, warum sich der VRR immer noch in kleinkarierten Tarifgebieten verliert. Dauerkunden hat er an das Deutschlandticket verloren. Gelegenheitheitskunden schreckt er mit hohen Preisen und komplizierter Tarifstruktur ab. Letzteres ist vermeidbar.