Verkehrswende Wuppertal: Willkommen bei der neuesten Radabstellanlage

Das zweimonatige Warten auf Radabstellbügel an der Hofaue steht stellvertretend für die zähe Umsetzung der Verkehrswende in Wuppertal.

Eine weiße Parkmarkierung ohne die Radabstellbügel, die dort stehen sollten.

Bild: Wie – Sie sehen nichts? Nun, das Bild ist stellvertretend für die Geschwindigkeit, wie die Stadt Wuppertal die notwendige Verkehrswende vorantreibt. Nämlich so gut wie gar nicht.

Was ist bisher passiert? Am 25. Oktober ’23, also vor genau elf Monaten, winkte die BV Elberfeld mit VO/0888/23 die „Radabstellanlage“ in der Hofaue durch. [1] Mitte Juli ’24 wurde im betreffenden Bereich ein Halteverbot angeordnet, um eine weiße Linie auf die Straße zu pinseln. Auf ein paar Bügel warten wir auch über zwei Monate später immer noch. Dabei sind die komischen Bügel Teil der 25 Projekte des Oberbürgermeisters bis 2025 und damit „Top Priority“… oder nicht⁈

Und genauso geht es mit den Umweltprojekten weiter. Vom Umbau der Heckinghauser Straße hört man nichts mehr. Es mag Straßen mit höherer Priorität geben und auch günstiger gehen – selbst ein Popup-Radweg wäre ein Anfang gewesen.

Auf der Talachse wird im Bereich der historischen Engels-Allee ein Popup-Radweg zur Probe vehement abgelehnt. Stattdessen wird mit der Freigabe der Einbahnstraße Hünefeldstraße eine zusätzliche Gefahrenlage und damit Anreiz zum „Mamataxi“ geschaffen. Das Hardtufer soll Fahrradstraße werden – selbstverfreilich ändert sich mit der gleichzeitigen Freigabe für alle anderen Verkehrsarten überhaupt nichts – und damit auch nichts am zwanghaften Überholdrang der Kraftfahrer. So lockt man niemanden aufs Rad.

In drei Runden hat der Rat der Stadt seit 2008 Lärmschutzmaßnahmen durchgewunken – darunter hauptsächlich durch Anordnung von streckenbezogenen Tempolimits auf 30 km/h. Jetzt, wo die vierte Runde ansteht, sieht eine Mehrheit im Rat plötzlich Schwarz und torpediert die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen [2] mit einem Prüfauftrag, die Verwaltung soll mal gucken, wie man anstelle der Tempolimits lieber „Flüsterasphalt“ verbaut. Als ob das die Verwaltung nicht schon vorher geprüft hat.

„Flüsterasphalt“ hat dem schwarzen Teil des Rates im Traum zugeflüstert: „Verbaut mich! Verbaut mich!“ – Denn der Asphalt erzeugt keinen Lärm, höchstens die Fahrzeuge, die darüberfahren. Genauso irreführend ist die Bezeichnung Brüllbeton [3] oder Polterasphalt für Straßen mit vielen Schlaglöchern.

Mit Flüsterasphalt ist der OPA, Verzeihung: offenporige Asphalt, gemeint. Durch Lufteinschlüsse wird der Schall der Fahrzeuge absorbiert. „Durch die höheren Anforderungen an OPA der neuen Generation sind die Herstellungskosten etwa [b]dreimal[/b] so hoch wie bei herkömmlichem Asphalt bei gleichzeitig geringerer Haltbarkeit. Deshalb ist ein flächendeckender Einsatz bisher nicht geplant.“ (Zitat Wikipedia [4]). Die Haltbarkeit von OPA ist bei dreifachen Kosten auf die Hälfte des normalen Asphalts (12-15 Jahre) beschränkt. [5]

Im Abschlußbericht der zweiten Runde des Lärmaktionsplans [6] wird für die Neuasphaltierung der Heckinghauser Straße zwischen Am Clef und Bockmühle (inklusive Unterbau) auf 2,8 Millionen Euro geschätzt (Stand: 2013). Die schwarzsehende Mehrheit im Rat kann ja gerne die notwendigen [b]Mehr[/b]kosten in Höhe von 5,6 Millionen Euro aus der Portokasse zusteuern…

Hinweise und Verweise:

[1] Radabstellanlage Hofaue 49 , VO/0888/23
https://ris.wuppertal.de/vo0050.asp?__kvonr=30637

[2] Verordnungen zum Lärmschutz
Bundes-Immissionsschutzgesetz, §§ 47a bis 47f
Verordnung über die Lärmkartierung (34. BImSchV)
https://de.wikipedia.org/wiki/Bundes-Immissionsschutzgesetz#Gebietsbezogener_Immissionsschutz

[3] Brüllbeton: Das etwa 14 Kilometer lange Teilstück der A 20 zwischen Schönberg in Mecklenburg-Vorpommern wurde im Dezember 2004 freigegeben und von den Medien als „Brüllbeton“ tituliert, da sie aufgrund von erhöhten Reifen-Fahrbahn-Geräuschen zu vermehrtem Straßenverkehrslärm führte.
https://de.wikipedia.org/wiki/Bundesautobahn_20#Blasenbildung_in_Westmecklenburg_und_bei_L%C3%BCbeck

[4] Offenporiger Asphalt (OPA), Wikipedia,
https://de.wikipedia.org/wiki/Asphalt#Offenporiger_Asphalt

[5] Arbeitsgemeinschaft Autobahngeschichte, Zitat: „Heutiger – Geräusche mindernder – offenporiger Asphalt (OPA), hat hierbei eine Haltbarkeit von etwa 7 bis 8 Jahren, meist übliche Asphaltsorten halten etwa 12 bis 15 Jahre und bei Betondecken erhofft man eine Lebenserwartung von 30 bis 40 Jahren.“

Die letzten Fahrbahndecken der RAB

[6] VO/0668/13 Anlage 09 Kostenschaetzung
https://www.wuppertal.de/rathaus-buergerservice/umweltschutz/immission/102370100000304105.php

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Kommentare

  1. Norbert Beutel sagt:

    Werden diese Radbügel eigentlich mit Steuergeldern von der Stadt für Radfahrer oder mit Geldern der beiden Roller-Vermieter für jugendliche Spaßfahrer mit Migrationshintergrund gebaut?
    Oder werden diese Kosten zur Gewinn-Maximierung ausländische Unternehmen ebenfalls mit Steuergeldern finanziert?

    1. N. Bernhardt sagt:

      Die Bügel werden offensichtlich aus dem Förderprogramm Nahmobilität (sperrig: Infrastrukturförderung nach FöRi-Nah) mit 70-80% vom Land bezahlt. Trotzdem bleibt es Steuergeld.

      Ich käme nie auf die Idee, mein Rad frei stehenzulassen.

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