Rappelkistchen und Quietschgerüstchen

Eine Schwebebahngeschichte in sechs Absätzen.

(Ⅰ) Als GTW72 Wagen 4 am 12. April 99 vor der Station Robert-Daum-Platz in die Wupper und damit seine mehr als 50 Insassen ins Unglück stürzte, faßte der Vorsitzende Richter Keiluweit bei der Urteilsverkündung das von der Aufsichtsbehörde abgesegnete „Sicherheitskonzept“ der Stadtwerke mit „das Papier nicht wert, auf dem es steht“ zusammen. Eigentlich sollten sich drei Instanzen gegenseitig kontrollieren, stattdessen traf man sich nach den Arbeiten gemeinsam in der Baubude zur Unterschrift. Dies und daß das „Konzept“ bis zum Unfall nicht kontrolliert wurde, sagt einiges darüber aus, wie die Stadtwerke (WSW) als Betreiber bis in die Gegenwart mit Störfällen umgehen.

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(Ⅱ) Einführungsprobleme gab es weiß Gott auch bei der Baureihe GTW 72. Es gab aber – im Gegensatz zu den aktuellen GTW 14 (vermarktet als GTW15) – dabei keine konstruktionsbedingten Unfälle. GTW 1415 verbiegt sich 2019 in Vohwinkel beim Auffahren im Schrittempo auf einen Sicherungskeil das Drehgestell, am 19. Mai 17 semmelt ein Drehgestell von GTW 1510 vor der Station Westende gegen das Gerüst und reißt einen 10 kg schweren Bremszylinder ab, und die WSW bezeichnen das liebkosend als „Gerüstberührung“.

(Ⅲ) Bereits bei den ersten Testfahrten der GTW 14 berichtet die Presse von „Bremsplatten“ – Flachstellen im Radprofil, die bei jeder Radumdrehung einen lauten Schlag von sich geben. Seit mindestens Anfang 2019 gesellen sich Kerben im Radprofil dazu, die „plötzlich“ zu Gerüstschäden insbesondere im Bereich der Dilatation führen bis hin zum Schienenbruch am 27. April 20. Nicht zu vergessen der 350 Meter lange Stromschienenabriß am 18. November 18, der im Gegensatz zum Abriß 2013 [b]nicht[/b] durch eine falsche Montage des Stromabnehmers verursacht wurde.

(Ⅳ) Aus der Eisenbahntechnik ist lange bekannt, daß Schlagschäden, wenn sie nicht umgehend behoben werden, weitere Folgeschäden an Schienen und rollendem Material nach sich ziehen und deshalb zu einer sofortigen Stillegung betroffener Wagen führt. Zu lang angesetzte Wartungsintervalle führten 1997 zu diversen Radreifenbrüchen bei Trams (z.B TW 6067) der üstra, die die Deutsche Bahn noch vor Eschede warnte (ICE 884 1998). Nach dem Radreifenbruch des Laufradsatzes BA 390 im Gotthard-Basistunnel 2023 hat Transwaggon umgehend alle Radsätze dieses Typs ausgetauscht.

(Ⅴ) Nur in Wuppertal fährt die Schwebebahn 2024 auch aktuell mit den „Rappelkisten“ wochenlang weiter – obwohl beim GTW 14 bereits nach 20.000 Kilometer die Radreifen erneuert werden müssen – im Gegensatz zu 150.000 bei der Vorgängerserie GTW 72 (vgl. Youtube-Video mit der Maus-Sendung). Was ist mit der Liste von 200 großen und kleinen Mängeln pro Wagen? Wie viele GTW14 wurden bei Talbot in Aachen generalüberholt?

(Ⅵ) Das laute Gerappel und die Mängel führen nicht nur zu einer unzumutbaren Geräuschkulisse. Probleme mit vorher gar nicht vorhandener Technik führen insbesondere für Fahrgäste der Rappelkisten zu vielen Ausfällen und Verzögerungen im Betriebsablauf – also „Dinge, die die Welt nicht braucht“. Sei es ein „Funkproblem“ der Zugsicherung, häufigere Türprobleme als bei den 40 Jahre alten GTW 72, ausgefallene Bildschirme im Führerstand (Wupperfeld), fehlerhafte oder störrige Software, Alarmsysteme die der Fahrer zurücksetzt und die im Fahrerhaus fröhlich weiterbimmeln (Ohligsmühle), abgebrannte Netzwerkverbindungen, ein Gerüst das nach 123 Jahren beim Wackeln lästige Quietschgeräusche von sich gibt, fehlende Fahrgastinformationen im Netz und seit 2021 an der Kluse, et zeter-zeter-a pp.

Da ist die Bindungsfrist aus dem GVFG-Förderprogramm 1996/7 quasi abgelaufen – und wir haben 2024 statt des versprochenen Zweiminutentaktes Rappelkisten, Quietschgerüstchen und einen Würfel-Untakt. Aber heute – dank Streik – göttliche Ruhe.

Für die akustische Untermalung dieser Geschichte zufällig gefunden:
http://schwebebahn.bplaced.net

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Kommentare

  1. N. Bernhardt sagt:

    Am Samstag (02.03.) für Sie im Einsatz: Rappelkisten GTW1409, 1426 und 1427 samt ihrer akustischen Einlagen.

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