Leihscooter Kieselstraße Ⅱ: VOI-lüggrün, äh, leuchtgrün geht’s weiter

Neue Abstellzonen als Dauererscheinung von „Auflagen und Bedingungen“


Foto: Im Gegensatz zu vergangener Woche an derselben Stelle, ist der Gehweg dank mindestens 19 VOI-Scooter plus einem von Lime diesmal komplett unpassierbar. Der Auto war so frei, um ein paar Scootern die entsprechende Nachricht mitzugeben.
Anbieter Dott, der sich mit seinen Leihscootern aus Wuppertal zurückgezogen hat, kritisiert die Stadt und das Chaos hierzukaffs: 3.000 Leihscooter hätten bestenfalls Millionenstädte wie Berlin, Hamburg oder München. Gerade in der Innenstadt gäbe es viel zu viele Leihscooter, inklusive der negativen Begleiterscheinungen.
Die Stadt kontert, Zitat: „es gebe genügend Regeln für Anbieter, zum Beispiel Sperrzonen, wo keine Roller abgestellt werden dürfen.“ Eher sind die einzigen Regeln: wir klatschen dreimal in die Hände und tanzen zweimal im Kreis. Denn:

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Fakt 1: Das Limit von 5 Scootern pro Standort ist faktisch nicht existent.

In den Sondernutzungsbedingungen heißt es: „Das Abstellen von E-Scootern und -Fahrrädern an öffentlichen Standorten ist bei Bereitstellungs- oder Umverteilungsmaßnahmen durch den Erlaubnisnehmer auf maximal fünf Fahrzeuge pro Standort zu begrenzen.“
Erste Einschränkung: Falls zufällig 20 Kunden die roten Scooter an der letzten Ecke Kieselstraße abstellen – 19 waren es am Freitagabend –, dann ist der Anbieter zu rein gar nix verpflichtet. Leider, leider müßte der Ordnungsdienst zufällig danebenstehen, wenn irgendwer im Auftrag VOI massenhaft Schrott verkehrsbehindernd auf dem Gehweg hinknallt (in der Anordnung so wie auf dem Foto), um zu beweisen, daß es eben eine „Bereitstellungs- oder Umverteilungsmaßnahmen durch den Erlaubnisnehmer“ war.
Zweite Einschränkung: So ganz nebensächlich wird in Klammern darauf hingewiesen, daß der Absatz auch nicht gilt „außerhalb ausgewiesener Flächen zum stationsgebundenen Abstellen von E-Scootern und -Fahrrädern, z.B. SharingStationen, Mobilstationen, etc.“ Kann man so interpretieren, daß wo irgendwo abstrakt irgendwelche Flächen – und sei es die Fußgängerzone – „ausgewiesen“ wurden, die Leihscooter in beliebiger Anzahl und Anordnung abgestellt werden dürfen.
Dritte Einschränkung: Die Stadt hat zig Abstellbereiche „ausgewiesen“ wie in den Fußgängerzonen Elberfelds und Barmens, wo praktischerweise die Sondernutzungserlaubnis gar nicht gilt und damit Narrenfreiheit herrscht: „Folgende Bereiche sind von der Genehmigung ausgeschlossen.“

  • Park-und Grünanlagen
  • Fußgängerzonen
  • Wald-, Natur-und Landschaftsschutzgebiete
  • Spielplätze
  • Friedhöfe
  • Brücken
  • Unbefestigte Wupperuferflächen
  • Verkehrsbegleitgrün (z. B: Mittelstreifen, Baumscheiben, Grünflächen im Straßenraum)

Fakt 2: keine Konsequenzen von der Stadt oder für die Verleiher

Seit Beginn des Leihscooterchaos’ vor jetzt zwei Jahren türmen sich die Beschwerden und Leserbriefe. Die politischen Gremien haben sich zig Mal und wiederkehrend mit dem Thema befaßt – aber außer Dott hat niemand irgendwelche nachhaltigen Konsequenzen aus dem Chaos gezogen.
Regelmäßig verstoßen die Verleiher gegen andere Bestimmungen der Sondernutzungserlaubnis wie Restbreite von 2,0 Metern auf Gehwegen, Abständen zu Haltestellen und so weiter – denn auf Vertragsstrafen hat die Stadt zufällig passenderweise gleich ganz verzichtet.
Die Stadt beschwichtigt zum Thema Identitätsnachweis durch den Verleiher, aber zum Thema Konsequenzen durch die andauernden Verstöße der Auflagen und Bedingungen für den ein oder anderen Verleiher oder gar Entzug der Sondernutzungserlaubnis hört man nur ein eisiges Schweigen.

Fakt 3: VOIs andauernder Schrott an der Kieselstraße zur Belle-Alliance-Straße

Beispiel gefällig?
Bereits vergangene Woche kommentiert die Rundschau das Abstellchaos und dokumentiert diesen mit Fotos vom 13. August aus der Kieselstraße, Ecke Belle-Alliance-Straße. Zehn Tage später ist der Spuk nicht etwa beseitigt, sondern es steht noch mehr Schrott verkehrsbehindernd auf dem völlig unpassierbaren Gehweg.
Abmahnung des Anbieters? Entfernung der Fahrzeuge auf Kosten des Anbieters? – Wo denken du hin? Man muß diese Anbieter in Wuppertal doch hätscheln und tätscheln. Denn verbieten darf die Stadt Scooter niemals nicht – das schreibt das, äh, nordrhein-westfälische Mobilitätsgesetz vor!!1!einself. Oder so.

Fakt 4: Die Verleiher wissen genau, wo welcher Scooter mit welchem Akku-Ladestand steht.

Sonst wäre kein optimaler Verleihvorgang möglich. Auch die Stadt kann sich diese Daten vertragsgemäß besorgen, wenn sie denn wollte, vgl. Kooperationsvereinbarung. So bräuchte man nicht auf die nicht vorhandenen personellen Kontrollressourcen beim Ordnungsamt verweisen, sondern könnte per Knopfdruck feststellen, wo ein überflüssiger Haufen Leihscooter herumsteht. Und falls sich daran nichts ändert, für entsprechende Konsequenzen für den Anbieter sorgen.
Das nachfolgende Gedicht ist all jenen Verkehrsteilnehmern gewidmet, die durch asozial abgestellte Leihscooter zu Schaden gekommen sind:

Dunkel war’s, die VOIs schienen helle
19 sind fünfe auf die Schnelle
Die Sondernutzungsbedingungen logen
bis sich die Trittbretter bogen.

„Diese Schrottscooter behindern nicht, nein nein!
Und niemand bricht sich dabei kein Bein!“,
denkt der Verstorbene, in Gedanken vertieft,
der über den Scootern auf dem Geisterrollator lief.

Jeder Blinde sieht doch den Schrott auf dem Trottoir!
Nur nicht der Verstorbene, der eben noch ganz bei uns war.
Den ersten Scooter hatte er noch ertastet, recht munter.
Mit dem zweiten flog er samt die Treppe hinunter.

Behinderte Leihscooter müssen sofort entfernt werden.
Also irgendwann, vielleicht, solang’ der Mensch auf Erden.
Hoch soll er leben, kreidebleich fahl.
Zu seiner Beerdigung in Wuppertal.

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