20.05.2025evangelisch wuppertal
Wandern mit Gott
Pilgern - das bedeutet Gott in der Natur zu erleben und eine Reise zu sich selbst zu machen, wie Klinikseelsorgerin Sabine Noack erklärt.
Pilgern – das bedeutet Gott in der Natur zu erleben und eine Reise zu sich selbst zu machen. Klinikseelsorgerin Sabine Noack lädt am 24. Mai zu einem Pilgertag nach Wuppertal-Ronsdorf ein.
Ob nach Lourdes, Fatima, Santiago oder Kevelaer: Jährlich pilgern etwa 40 Millionen Christen. Was fasziniert so am Pilgern?
Sabine Noack: In allen Religionen spielt das Pilgern eine besondere Rolle als eine Art Beziehungsreise zu Gott, aber auch zu sich selbst. Menschen sind zu allen Zeiten gepilgert, aber einen richtigen Schub gab es in Deutschland nach dem Erscheinen des Beststeller „Ich bin dann mal weg“ von Moderator und Comedian Hape Kerkeling im Jahr 2006. Auch ich habe das Buch damals gelesen und war angerührt und beeindruckt von den Erfahrungen beim Unterwegssein in der Natur und den Begegnungen der Pilgernden untereinander. Seit vielen Jahren erlebe ich, wie ich auf meinen Wegen die Natur als Schöpfung Gottes wahrnehme und besser erkenne, was meine Seele gerade braucht.
Welche Erfahrungen machen Sie beim Pilgern?
Sabine Noack: Ich selbst bin noch nie längere Zeit unterwegs gewesen, wünsche mir aber, dass sich dazu bald eine Gelegenheit ergibt. Doch schon einen Tag aufmerksam durch die Natur zu wandern und in der Stille wahrzunehmen, wie es mir eigentlich geht, kann etwas verändern. Ich merke zum Beispiel an der Art, wie ich gehe, was mein Leben gerade bestimmt: Manchmal bin ich richtig schnell unterwegs, voller Energie. Dann wieder ist nur langsames Gehen möglich, versunken und erschöpft setze ich Schritt vor Schritt. So ist zu spüren, wie das Gehen widerspiegelt, was mich gerade vorwärts treibt oder bremst. Und manches, was ich am Wegrand oder im Wolkenspiel am Himmel entdecke, kann zum Zeichen für das Geleit Gottes auf meinem Weg werden.
Gehen ist eine ganzheitliche Bewegungskur für Leib und Seele.
„Gehen ist des Menschen beste Medizin“ hat ja schon Hippokrates, der berühmte Arzt der Antike, gesagt. Es ist wirklich eine ganzheitliche Bewegungskur für Leib und Seele. Ich bin Klinikseelsorgerin in Essen und erlebe auch dort immer wieder, wie sehr das Gehen zum Heilungsprozess beitragen kann.
Das Pilgern hat für Sie also eine heilsame Wirkung?
Sabine Noack: Ja, das denke ich schon. Es geht beim Pilgern nicht nur darum, Abstand von den Herausforderungen des Alltags zu bekommen, sondern ein Stück Gelassenheit zu gewinnen. Im Sinne von: bei sich selbst ankommen und Freiraum für neue Perspektiven gewinnen.
Pilgern ist wieder sehr modern geworden.
Es geht für mich auch darum, Gott näher zu kommen, mich ihm anzuvertrauen und damit die heilsame Kraft des Glaubens zu erleben. Wenn ich mit einem Bibelvers unterwegs bin, hat das noch eine andere Qualität, ein Impuls, ein Wort von außen kann meinen Horizont weiten. Daran möchte ich auf dem Pilgertag in Ronsdorf die teilhaben lassen, die mitkommen.
Wie wollen Sie den Pilgerweg gestalten?
Sabine Noack: Zunächst ist mir wichtig, dass jede und jeder auf bestimmten Wegabschnitten im eigenen Tempo geht, den eigenen Rhythmus findet und wir dann aber an bestimmten Stellen zusammenkommen und dort auf einander warten. Wir werden teilweise im Schweigen gehen und auch einen kurzen Austausch über einen Bibelvers oder einen spirituellen Text haben. Die geistlichen Impulse passen zu dem, was wir in der Natur vorfinden.
Der Blick weitet sich für Gottes großartige Schöpfung.
An einem plätschernden Bach geht es um Gott als die „Quelle des Lebens“. Bäume, die uns den Weg versperren, regen zum Nachdenken darüber an, welche Hürden unser Leben bestimmen und wie wir weitergehen können. Aus dem Tal in die Höhe zu kommen, kann auch eine besondere spirituelle Erfahrung sein. Da weitet sich der Blick für Gottes großartige Schöpfung und seine Zuneigung zu uns Menschen, aber auch dafür, dass es möglich ist, aus unserem manchmal begrenzten und ängstlichen Denken herauszufinden.
Das Pilgern war unter Protestanten lange Zeit verpönt, weil Luther davon wenig hielt. Gibt es für Sie auch eine kritische Seite?
Sabine Noack: Luther hat das Pilgern als „Narrenwerk“ bezeichnet, weil es im Spätmittelalter ähnlich wie der Ablasshandel missbraucht wurde. Manche Pilger ließen sich von reichen Leuten bezahlen und pilgerten im Namen ihres Auftraggebers eine bestimmte Strecke, mit der er sich dann brüsten konnte.
Es geht um befreiende Erfahrungen in Hinwendung zu sich selbst und zu Gott.
Kritisch sehe ich das Pilgern dann, wenn es mit unserem heutigen Freizeitstress verbunden ist. Wer nur pilgert, um sich und anderen zu beweisen, dass er den langen Jakobsweg schafft, hat den Sinn des Pilgerns nicht verstanden. Es geht dabei nie um Zwang, sondern darum befreiende Erfahrungen in der Hinwendung zu sich selbst und zu Gott zu machen, die in die Tiefe führen können.
Was wünschen Sie sich vom Pilgertag, zu dem Sie am 24. Mai einladen?
Sabine Noack: Es wäre schön, wenn diejenigen, die mitpilgern, gute und bereichernde Erfahrungen erleben. Ich wünsche mir, dass sie sich öffnen für Begegnungen auf dem Weg und hören und entdecken, was berühren und stärken kann auch in der Gemeinschaft mit den anderen. Daraus kann ein Bewusstsein der Verantwortung erwachsen, indem ich mehr danach frage, was mir, aber auch den Menschen um mich herum und in dieser Welt gut tut. Als Klinikseelsorgerin erlebe ich eine große Sehnsucht nach Religiosität und ihrer heilenden Kraft. Beim Pilgern können wir davon viel erfahren.
Das Gespräch führte Sabine Damaschke.
Pilgertag der reformierten Gemeinde Ronsdorf
mit Sabine Noack
Samstag, 24.05, 11 Uhr
Gemeindehaus, Kurfürstenstraße 13
Der Pilgerweg führt durch das Gelpetal und dauert etwa vier Stunden. Anschließend gibt es ein gemeinsames Essen im Gemeindehaus bis etwa 16.30 Uhr.
Es sind noch Plätze frei. Anmeldung bei Sabine Noack unter Telefon 0202 572080 oder Mail Ähnliche Beiträge:
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