30.04.2025evangelisch wuppertal
Der streitbare Pastor
Für sein Engagement gegen das NS-Regime wird der frühere Gemarker Pastor Harmannus Anton Obendiek am 8. Mai im Kulturzentrum Immanuel geehrt.
Als Pastor der Immanuelskirche positionierte sich Harmannus Anton Obendiek gegen das NS-Regime und beteiligte sich der an Barmer Theologischen Erklärung (1934). In der Immanuelskirche wird er dafür am 8. Mai geehrt. Historiker Heiko Schnickmann hat über den widerständigen Theologen geforscht.
Harmannus Obendiek war gebürtiger Ostfriese. Wieso kam er nach Wuppertal?
Heiko Schnickmann: Obendiek war lutherisch getauft worden und wuchs in einem lutherischen Umfeld auf, in das er aber nicht mehr passte, als er sich dem reformierten Bekenntnis anschloss. Als streitbarer Intellektueller hatte er schon früh Texte veröffentlicht und war so auch in Gemarke aufgefallen, wo man ihn schon in den 1920er Jahren fragte, ob er kommen wolle. Das passierte aber erst nach dem Tod seiner Mutter. Erst dann verließ er Ostfriesland, um in einer reformierten Gemeinde Pfarrer zu sein.
Was brachte ihn zu seiner kritischen Haltung gegenüber dem NS-Regime?
Schnickmann: Das hat mit seiner reformierten Grundhaltung zu tun. Er hatte nämlich nicht nur eine kritische Haltung gegenüber dem NS-Regime, sondern ganz generell gegen eine Vermischung von Staat und Kirche. Schon 1932 schrieb er an seinen Wichlinghauser Amtskollegen Karl Krampen, dass „schon die inoffizielle Verhandlung mit einer Partei oder ihren Vertretern der Kirche Fesseln“ anschlage. Daher war er auch kein Freund der Idee, die Kirchensteuer durch den Staat einziehen zu lassen.
Zwanzig Jahre war Obendiek Pastor der Immanuelskirche, die damals zur Gemarker Gemeinde gehörte, und Mitverfasser der Barmer Theologischen Erklärung. Wie hat er seine Gemeinde geprägt?
Schnickmann: Obendiek begriff das Pfarramt als das wichtigste Amt innerhalb der Kirche. Dabei war es nicht das Predigen, sondern die akute Seelsorge am Menschen, die ihn auszeichnete. In Berichten heißt es, dass er kein Publikumsmagnet war, wenn er predigte, sondern dass vor allem das Bildungsbürgertum seine Gottesdienste besuchte. Aber als Seelsorger im persönlichen Gespräch prägte er die Menschen durch eine gewisse Frömmigkeit und seinen Glauben. Beten war für ihn das wichtigste Instrument, um durch das Leben zu kommen.
Heiko Schnickmann hält am 8. und 9. Mai Vorträge über Obendiek in der Immanuelskirche (s. Infokasten).
Obendiek war engagiert im Kirchenkampf und das hat überlebt. Wie gefährlich war sein Engagement für ihn?
Schnickmann: Die Unterlagen der Gestapo zeigen klar, dass Obendiek unter Beobachtung stand. Seine Publikationen wurden geprüft und abgelehnt. Als Weggenosse von Karl Immer war ihm klar, was ihm hätte blühen können. Laut seiner eigenen Notiz im Entnazifizierungsbogen wurde er verhaftet – allerdings nicht sehr lange. Doch er wurde immer wieder vorgeladen und musste Fragen beantworten. Er entzog sich diesen Fragen dadurch, dass er stets behauptete, sich nicht an das ihm Vorgeworfene erinnern zu können.
Seit 1952 wirkte der Pfarrer, der promovierter Theologe war, auch als Professor und Rektor an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal. Welche Akzente hat er dort gesetzt?
Schnickmann: Obendiek war Professor für Praktische Theologie. Um diese Praxis auch als Professor behalten zu können, wollte er Gemeindepfarrer bleiben. Dieses Konstrukt sorgte bei Gemeinde, KiHo und Landeskirche für eigenes Kopfzerbrechen, bis eine Lösung gefunden wurde. Die Gemeinde Gemarke finanzierte weiterhin die Pfarrstelle, bekam aber die Hälfe der Kosten von der KiHo erstattet, die wiederum einen Zuschuss von 5000 DM von der Landeskirche erhielt. Lange hat das Konstrukt aber nicht gehalten und Obendiek musste die Pfarrstelle abgeben, deren Aufgaben er kaum noch wirklich erfüllen konnte – auch wenn er von vielen Aufgaben freigestellt worden war. Aber es zeigt eines: Der Professor hatte die Praxis klar vor Augen und hielt an seiner Idee fest, das Pfarramt zum wichtigsten Amt der Kirche zu machen. Und das hat er in seiner kurzen Zeit auch gelehrt.
Was wissen Sie über diesen herausragenden Theologen als Mensch? Wie war er als Ehemann und Vater?
Schnickmann: Obendiek war zwei Mal verheiratet. Seine erste Frau starb nach nur zehn Monaten Ehe und nur einen Monat nach der Geburt seines ersten Sohnes. So war Obendiek mit Ende 20 verwitwet. Er heiratete zwei Jahre später erneut und hatte mit seiner zweiten Frau drei weitere Kinder. Der älteste Sohn war durch eine Krankheit gezeichnet, er starb 1940, noch keine 17 Jahre alt. Ein solches Leben hinterlässt Spuren. Aber nach allem, was wir wissen, war Obendiek ein liebevoller Vater und Ehemann, der sich Zeit für seine Familie nahm. In den privaten Briefen, die in seinem Nachlass zu finden sind, sehen wir ihn als einen interessierten Mann, der mit seinem feinen Humor vieles besser verarbeiten konnte.
Das Interview führte Sabine Damaschke.
Vorträge über Harmannus Obendiek
Ehrung für den Gemarker Pastor Harmannus Obendiek
Donnerstag, 08.05., 20 Uhr,
Kulturzentrum Immanuel, Sternstraße 73
Mit Kurzvorträgen von Heiko Schnickmann und Prof. Martin Karrer sowie musikalischen Beiträgen der Kantorei Barmen-Gemarke und Kreiskantor Jens-Peter an der Orgel
Die Teilnahme ist kostenfrei. Um Anmeldung wird gebeten unter Ähnliche Beiträge:
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