Tacheles PM: Polizei verbietet Erwerbslosenprotest vor dem Jobcenter Wuppertal

Erwerbslosenverein klagt nun für das Recht auf Versammlungsfreiheit

Polizei verbietet Erwerbslosenprotest vor dem Jobcenter Wuppertal

Für den 1. September hat der Erwerbslosenverein Tacheles eine Protestkundgebung vor dem Jobcenter in der Schwarzbachstraße in Oberbarmen angemeldet. Die Polizei hat daraufhin die Kundgebung der Erwerbslosen vor dem Jobcenter mit einer Verbotsverfügung belegt. Mit dem Hinweis, dass das Jobcenter sich auf einem privaten, von der Stadt Wuppertal angemieteten Grundstück befinde und der Grundstückseigentümer sowie der Leiter des Jobcenters eine solche Versammlung nicht wünschten, wurde das Verbot begründet. Tacheles hält die Verfügung, die den Protest auf den eineinhalb Meter breiten Gehsteig vor dem Gelände verbannt,  für eine rechtswidrige Einschränkung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit und hat Eilklage vor dem Verwaltungsgericht eingelegt.

Mit der Protestveranstaltung wollen Erwerbslose und Mitglieder des Vereins Tacheles auf gravierende Missstände in den Wuppertaler Jobcentern aufmerksam machen. In der Geschäftsstelle 7 in Oberbarmen waren die Zustände vor dem Umzug in die neue Liegenschaft in der Schwarzbach 105 untragbar geworden.

Der Protest richtet sich gegen die Rechtlosstellung von Leistungsberechtigten im Wuppertaler Jobcenter, die langen Bearbeitungszeiten, die mangelhafte Bescheidung, den rüden Umgangston, den Verlust von Unterlagen und die zu niedrigen Mietobergrenzen in Wuppertal. Außerdem will der Verein gegen die unter dem Titel „Rechtsvereinfachungsgesetz“ geplanten Gesetzesverschärfungen mobil machen. Viele dieser Änderungen, die zum 1. April 2015 wirksam werden sollen, werden die Rechte von Arbeitslosengeld-II-Beziehenden empfindlich einschränken.

Die nun erlassene Verbotsverfügung wird damit begründet, dass das Jobcenter sich in einem von der Stadt angemieteten privaten Objekt befinde und dass auf Privatbesitz das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG nicht gelte. Die Polizei habe den Grundstückseigentümer, die Städtische Vermietungsgesellschaft, und den Leiter des Jobcenters befragt, die sich gegen die Versammlung ausgesprochen hätten. Hierzu entgegnet Harald Thomé vom Verein Tacheles: „Hoheitliche Einrichtungen wie Jobcenter, die öffentlich zugänglich sein müssen, bleiben öffentliche Räume, auch wenn die Behörde sich in private Immobilien eingemietet hat. Und im öffentlichen Raum gilt selbstverständlich das Versammlungsecht.“ Bei einem vergleichbaren Fall hatte das Bundesverfassungsgericht im Februar 2011 eine Demonstration auf dem Gelände eines Flughafens genehmigt.

Der Verein Tacheles hat gegen die Polizeiverfügung am Dienstagabend Eilklage beim Verwaltungsgericht Düsseldorf eingelegt und rechnet bis Donnerstag mit einer Entscheidung. Er misst dem Fall eine grundsätzliche Bedeutung bei, da mit der Verlagerung öffentlicher Einrichtungen in Privatimmobilien dort jeglicher Protest unterbunden werden könnte. „Weil auf diese Weise ein Grundrecht ausgehebelt wird, sind wir zuversichtlich, dass das Verbot kassiert wird“, erläutert Thomé. „Sollte die Entscheidung jedoch negativ ausfallen, sind wir bereit, durch die Instanzen zu klagen. Das Recht  vor dem Jobcenter zu protestieren, wollen wir uns nicht nehmen lassen“, betont Thomé.

Tacheles hält jedenfalls am Aufruf zum Protest am 1. September vor dem Jobcenter in der Schwarzbach 105 fest. „Wir werden dort von 8:00 bis 12:00 Uhr mit Beratung, Ämterbegleitung einem Infostand und Redebeiträgen für unsere Grundrechte eintreten – auch für die Versammlungsfreiheit“, so Thomé.

Für Rückfragen steht Harald Thomé über Handy: 0176 – 563 527 28 zur Verfügung.

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