Künftig bundesweites Leihscooterparken nach Wuppertaler Vorbild

Bundesrat verhaspelt sich bei der Suche nach einer Ausnahme für Leihscooter auf Gehwegen

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 19. Dezember 2025 den Bürgern Deutschlands ein schönes Osterei unter der Weihnachtsbaum gelegt. Konkret geht es im TOP 74 der Sitzung um die Änderungern straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften in bezug auf E-Scooter.

Darunter fällt auch eine spezielle Parkregelungen für Fahrräder und E-Scooter auf Gehwegen in der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO). Jahrzehnte war das Abstellen von Fahrrädern auch ohne konkrete Regelung Gewohnheitsrecht. Eingeführt wird nun der vom Bundesrat beschlossene neue Absatz zu § 12 StVO:

¹Fahrräder und Elektrokleinstfahrzeuge dürfen auf Gehwegen und in Fußgängerzonen geparkt werden, wenn dadurch Andere nicht gefährdet oder behindert werden können. ²Das gewerbliche Anbieten von Fahrrädern und Elektrokleinstfahrzeugen auf öffentlichen Straßen zum Zweck der stationsunabhängigen Vermietung ist kein Parken im Sinne dieser Verordnung. ³Satz 2 gilt nicht für das kundenseitige Abstellen von Fahrrädern oder Elektrokleinstfahrzeugen nach Beendigung eines Einzelmietvertrages.

Der Bundesrat hat mit dem angefügten 3. Satz ein in der Praxis nicht festzustellendes Unterscheidungskriterium festgelegt. Denn einem E-Scooter sieht man nicht an, ob er durch einen Anbieter oder einen Kunden „nach Beendigung eines Einzelmietvertrages“ auf dem Gehweg geparkt wurde. Insbesondere wenn ein Kunde einen weiteren E-Scooter zu einer Gruppe bereits dort geparkter Fahrzeuge desselben Anbieters stellt, wird das Problem eminent: Konkret welcher dieser Leihscooter parkt denn jetzt legal nach Satz 3, oder „nicht im Sinne der StVO“ nach Satz 2?

Ordnungshüter könnten nur dann einen Verstoß gegen Satz 2 feststellen, wenn sie einen gewerblichen Anbieter auf frischer Tat ertappen. – Wie soll das funktionieren? In der aktuellen Praxis werden die Kommunen bei dem vorherrschenden Abstellchaos nicht einmal ihrer jetzigen Aufgabe halbwegs gerecht.

Nicht nur aufgrund der vom Verkehrsausschuß des Bundesrates übernommene Formulierung dürfte die vorgenannte Regel verfassungswidrig sein. Der Innenausschuß hatte weitere Bedenken angemeldet.

Die StVO regelt den gesetzlich garantierten Gemeingebrauch der öffentlichen Straßen, Plätzen und Wegen und schränkt diesen bestenfalls in verkehrlich/sachlich begründeten Fällen ein. Es spielt also keine Rolle, warum wer mit welchem Verkehrsmittel am öffentlichen Verkehr teilnimmt oder wem das Fahrzeug gehört. Der Versuch, salopp formuliert rote und grüne E-Scooter vom Gehwegparken auszuschließen, konkret: von den Eigentumsverhältnissen abhängig zu machen, ist in der StVO systemwidrig.

Was wir nun haben, ist ein verschlimmbessertes Gehweg-Parkverbot für gewerblich vermietete E-Scooter, das aber nicht gelten soll, wenn eine andere Person (Mieter) dasselbe Fahrzeug an derselben Stelle parkt. Ein Chapeau an den Bundesrat für diesen Knieschuß. Imgrunde also ein „Parken nach Wuppertaler Vorbild“.

Die Intention der Bundesregierung war ursprünglich wohl eine andere: Nämlich auf die Tatsache hinzuweisen, daß das massenhafte Abstellen von gewerblich vermieteten E-Scootern nicht mehr unter den Gemeingebrauch fällt, sprich: dafür eine Sondernutzungserlaubnis notwendig wird. Für einen „Hinweis“ ist aber die Nennung der Rechtsgrundlage unabdingbar, weil sonst insbesondere Lieschen Müller nicht klar wird, ob es sich bei Satz 2 lediglich um einen Hinweis auf ein bestehendes Parkverbot handelt, oder ob Satz 2 ein eigenständiges Parkverbot anordnen soll.

Die vom Bundesrat beschlossenen Änderungen müssen für ihre Wirksamkeit durch das Bundesverkehrsministerium im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Wann und ob das aufgrund der hier angemeldeten Bedenken geschieht, ist noch offen.

Frohe Weihnachten mit dem Osterei!

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