19.12.2025N. Bernhardt
Der Traum einer „Fahrradstadt“

Bild: Der Ludgerweg (noch als Tempo-30-Zone) und der in Anlage 2 der VO/0425/1 als „Nordbahntrasse“ deklarierte Feldweg als Fortsetzung (kleines Bild).
Wieder einmal soll nach „des Kaisers neue Kleider“ ein Schildertausch „Tempo-30-Zone“ gegen „Fahrradstraße“ mit ein wenig Fahrbahnkunst den Ludgerweg ganz toll und sicher machen. Wir schauen uns die zugehörige Drucksache [1] einmal genauer an:
Zitat: „Fahrradstraßen sind Verkehrsflächen, die grundsätzlich den Radfahrenden vorbehalten sind…“
– Oh, seit wann gibt es in Wuppertal Fahrradstraßen, die ausschließlich Radverkehr zulassen…? Die gibt es natürlich nicht.
Das steht da ja auch nicht, aber die Aussage „grundsätzlich den Radfahrenden vorbehalten“ suggeriert das natürlich. Wobei man mit:
„… bzw. auf denen Radfahrende Vorrang haben.“
ins Grübeln kommt. Das klingt wie ein Märchen mit zweierlei Bedeutung. Einerseits brauchen Radfahrer keine Vorfahrt, wenn dort niemand anderes fahren darf. Das ist nach StVO nämlich der Standardfall einer „Fahrradstraße“, denn dort steht zu Zeichen 244.1 in Anlage 2: „Anderer Fahrzeugverkehr als Radverkehr sowie Elektrokleinstfahrzeuge im Sinne der eKFV darf Fahrradstraßen nicht benutzen.“
Wuppertal macht davon natürlich eine 100-prozentige Ausnahme; in diesem Fall ist die Behauptung „auf denen Radfahrende Vorrang haben“ schlichtweg irreführend, weil ohne weitere verkehrsrechtliche Anordnungen zur Vorfahrt grundsätzlich „rechts vor links“ gilt. Beispiel: In dem „Fahrradstraßen“-Teil der Luise vom Brill bis hintern Laurentz muß neben den ganzen Fußgängern auf der Gasse auch sechs Mal „rechts vor links“ beachtet werden.
Zurück zur Eigenwerbung. Wir sind noch im Fahrradstraßenrausch, wo der Text anknüpft:
„Dies schafft Sicherheit und Komfort und trägt dazu bei, das Fahrrad als attraktive Alternative zum Pkw zu nutzen. Um den Radverkehr zu fördern ist eine gute Radverkehrsinfrastruktur essentiell. Hierzu können Fahrradstraßen einen wichtigen Beitrag leisten.“
Ah ja. Rein theoretisch ist eine Fahrradstraße dazu geeignet, „Sicherheit und Komfort“ zu schaffen. Grundsätzlich ist eine gute Radinfrastruktur – wie wäre es mit einer durchgängigen guten Verkehrsinfrastruktur für alle? – essentiell, um den Radverkehr zu fördern, und Fahrradstraßen können theoretisch dazu einen Beitrag leisten. Ob das auch im konkreten Fall (Ludgerweg) der Fall, müssen wir ja nicht (über-) bewerten. *abwink*
Auch im Ludgerweg wird natürlich einfach das Schild „Tempo-30-Zone“ gegen die „Fahrradstraße“ getauscht – ohne besondere Vorrangregelung oder gar den Komfort, ungestört von Autos und Fußgängern einfach Radfahren zu können. Die Verwaltung sagt ja selbst Für die Verkehrsteilnehmer ändert sich nichts. [1] Und überwachen kann man den ganzen (zusätzlich) angeordneten Klumpatsch ja auch nicht: „Nach Rücksprache mit der Polizei kann eine regelmäßige polizeiliche Kontrolle nicht erfolgen. Eine Überwachung des Anliegerverkehrs erfolgt in der Regel nicht.“
Andererseits kommen Radfahrer auch mit der bestehenden Tempo-30-Zone und Stellplatzsituation bestens klar. Ist die Anordnung einer Fahrradstraße dann eigentlich noch unter § 45 StVO zulässig, oder nur noch politisches Gehampel?
„Im Bereich der Straße Ludgerweg ist die Trasse unterbrochen und somit nicht bevorrechtigt geführt.“

Bild 2: Karte der „billig-billig-Unterbrechung“ zwischen Nordbahn- und Korkenziehertrasse, links mit Führung über den Westring (4,9 km), rechts über Fußgängerzone, Feldwege und „Fahrradstraße“ Ludgerweg (5,9 km).
Loriot: Ach…? Die Trasse ist nur am Ludgerweg „unterbrochen“?
Die Trasse ist über eine winzig kleine Strecke von 4,9 km (über Westring) bzw. 5,8 km (über den rutschigen Feldweg im Anschluß an den Ludgerweg) „unterbrochen“. Und erst recht nicht „bevorrechtigt“ geführt. Fangen wir mal am Homanndamm an:
– Die Trasse führt über ca. 600 Meter P+R- und vielbefahrenen Akzenta-Parkplatz. Die Zufahrt zu Akzenta ist auch die einzige Zufahrt zum gesamten P-R-Parkplatz.
– Anschließend führt die „Trasse“ Radfahrer ausnahmsweise über die Fußgängerzone „Am Stationsgarten“. E-Scooterfahrer müssen dort leider absteigen und schieben, denn das Zusatzzeichen „Radfahrer frei“ gilt dort nicht für sie.
– Nach etwa 1,2 km „gemeinsamen Geh- und Radweg“ landet wir auf der Yale-Allee, deren letzter Rest eher den Eindruck eines Abbruchgebietes/Feldwegs macht und für Radfahrer eine Zumutung ist.
– Nach Ludgerweg und einem glitschigen Feldweg müssen Radfahrer leider Autobahn 46 und Westwall, äh, Westring (L 357) als Hindernis über eine Bettelampel und Sonderradgehwege umfahren. Das hat die Eisenbahn früher bestimmt auch so gemacht, woll?
Oder ist es zu viel verlangt, wenn Radfahrer auf der sogenannten Trasse auch tatsächlich den Weg nutzen dürften, wie es die Eisenbahn gemacht hat? Das hieße nämlich „kreuzungsfrei“ und nicht nur Geschwafel über „Vorrang“:
– Brücke vom Homanndamm über die DEE-Trasse. Leichtbau ist günstig.
– Weiterführung zwischen Bahntrasse und P+R-Parkplatz bis Obgruiten und Nutzung der alten Verbindungsschleife zur Korkenzieherbahn. (Der Akzenta tauscht ein paar Quadratmeter Getränkelager und kriegt dafür einen Ersatz in gleicher Größe weiter westlicher.)
– Tunnel mit Führung unter der A 46 und L 357 mit direkter Durchfahrt nach Solingen Hbf-alt.
Diese Strecke wird dann als Zusatzprojekt zur BUGA mit ein paar Milliönchen als Blümchentrasse bis 2032 verwirklicht – was kann da schon schiefgehen? Schließlich haben wir ja sogar 71.000 Euro für eine sinnfreie „Fahrradstraße“ gespart und wir haben eine echte Verbesserung für den (Ausflugs-) Radverkehr hinbekommen!

Bild: Anständige Unterführung von L 357 und Autobahn 46 statt Rattenloch (oben): Zur Zeit gehört „die Trasse endet leider vorzeitig“ mit 5 km Holpern, Stolpern und Raten wo es weitergeht (untere Reihe) zu den täglichen Rätselspielen zwischen Nordbahn- und Korkenziehertrasse. Tip: Am besten Navi und Survivalpack mitnehmen.
Fußnoten
[1] Zitat Anlage 2 zu VO/0425/25/1-Neuf.: „Die Verwaltung möchte nochmals darauf hinweisen, dass sich für den Durchgangsverkehr der Anwohnenden/Besucher der Straßen im Anschluss an den Ludgerweg keine Veränderungen ergeben“
– aus:
https://ris.wuppertal.de/vo0050.asp?__kvonr=34860
Einrichtung einer Fahrradstraße in einem Teilabschnitt der Straße Ludgerweg
Im Anschluß an:
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