24.10.2025evangelisch wuppertal
Versöhnung statt Vorurteile
Nach Jahrzehnten als Schul- und Gemeindepfarrerin verabschiedet sich Bettina Dähnick in den Ruhestand. Ihr Weg führte sie von der DDR über Bochum nach Wuppertal - geprägt von Mut, Glauben und dem Wunsch, Menschen miteinander zu versöhnen.

Nach Jahrzehnten als Schul- und Gemeindepfarrerin verabschiedet sich Pfarrerin Bettina Dähnick in den Ruhestand. Ihr Weg führte sie von der DDR über Bochum nach Wuppertal – geprägt von Mut, Glauben und dem Wunsch, Menschen miteinander zu versöhnen.
In einem evangelischen Pfarrhaus groß werden, Kinder- und Jugendarbeit mitgestalten, Abitur machen, Theologie studieren und selbst Pfarrerin werden: Die Kurzversion von Bettina Dähnicks beruflicher Biografie klingt geradlinig und unkompliziert. Doch ihr Werdegang war alles andere als das. „Ich habe schon als junger Mensch erlebt, was es heißt, als Christ ausgegrenzt zu werden und widerständig zu sein“, erzählt die 66-jährige Theologin.
In Prenzlau in der Uckermark geboren und aufgewachsen, war sie als Tochter eines regimekritischen, evangelischen Pfarrers stets eine Außenseiterin. Schon in der Grundschule haben sich die Mitschüler:innen über ihren christlichen Glauben lustig gemacht. Als sie sich konfirmieren ließ statt an der sozialistischen Jugendweihe teilzunehmen, hatte das Konsequenzen: Der gerade Weg auf die Erweiterte Oberschule (EOS), die zu Abitur und Studium geführt hätte, wurde ihr trotz Bestnoten verwehrt.
Vom Sägewerk an die Uni
Stattdessen begann sie eine Ausbildung zur Facharbeiterin für Holztechnik im Sägewerk. Berufsbegleitend machte sie ihr Abitur und erhielt später dann doch noch einen Studienplatz in Halle/Saale für evangelische Theologie. „Ich wollte Theologie studieren, um mich noch intensiver mit einer anderen Wahrheit als der sozialistischen auseinandersetzen zu können“, sagt sie. „In einem freieren Denkumfeld als dies für Christen in der atheistischen DDR möglich war.“
Nach zwei Jahren brach sie ihr Studium ab, stellte einen Ausreiseantrag und musste viel Geduld und Ausdauer beweisen. Während sie 1,5 Jahre beim evangelischen Generalsuperintendenten in Eberswalde als Assistentin tätig war, erneuerte sie jeden Monat ihren Antrag bei der Behörde. „In dieser Zeit hatte ich nicht nur Gespräche mit dem Parteisekretär, sondern auch der Stasi“, berichtet die Theologin. „Meine Reisen ins sozialistische Ausland wurden gesperrt. Man versuchte, mich zu einer Mitarbeit zu gewinnen.“
Ausreise gestattet, Einreise verboten
Bettina Dähnick blieb standhaft. Schließlich wurde ihre Ausreise genehmigt. Doch als sie mit 21 Jahren zum Theologiestudium nach Bochum ging, hatte das einen anderen Preis: Sie durfte nicht mehr in die DDR einreisen. Drei Jahre lang stellte sie Anträge, weil sie ihre Familie besuchen wollte. Ihr Vater machte ebenfalls Druck. „Er ist mit einer Zahnbürste nach Ostberlin ins Polizeipräsidium gefahren, hat sich in die Behörde gesetzt und gesagt, dass er so lange dort bleibt, bis der Einreiseantrag genehmigt ist.“

Bettina Dähnick vor dem Pfarrhaus in Vohwinkel, in dem sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Armin Lange wohnt, der ebenfalls Gemeindepfarrer ist.
1984 durfte Bettina Dähnick dann zum ersten Mal wieder in ihre Heimat fahren. Fünf Jahre später fiel die Mauer, dann gab es die Deutsche Einheit. „Das war für mich ein echtes Wunder und für meine ganze Familie eine Gebetserhörung“, sagt sie. „Heute habe ich allerdings den Eindruck, dass sich Ost- und Westdeutschland wieder voneinander entfernen und Vorurteile gepflegt werden, die ich längst überwunden glaubte. Dabei wäre es so wichtig, endlich Verständnis für einander zu zeigen und Versöhnung zu leben.“
Eine „Pastorin im Ehrenamt“
Nach ihrem Vikariat in Mülheim a.d. Ruhr und einem Sonderdienst im Krankenhaus heiratete Bettina Dähnick 1992 ihren Ehemann Armin Lange und kam mit ihm und ihrem Sohn nach Wuppertal. Nach einigen Jahren als „Pastorin im Ehrenamt“ startete sie wieder beruflich als Schulpfarrerin. 17 Jahre blieb sie der Schule treu. „Ich habe in dieser Zeit alle Schultypen in Wuppertal kennengelernt und es geliebt, Kinder und Jugendliche in Religion zu unterrichten und als Schulseelsorgerin und Beratungslehrerin tätig sein zu können.“
Vor fünf Jahren, mitten in der Coronazeit, wagte sie noch mal einen Neustart: Sie wurde Gemeindepfarrerin in Vohwinkel, begann mit dem Konzept einer Familienkirche und Arbeit in den Gemeindekitas. Sie gestaltete mit viel Freude die Miriamgottesdienste und den Weltgebetstag der Frauen. „Mir war es immer wichtig, Frauen und ihre Sicht auf die Welt und in ihrem Glauben stark zu machen“, sagt sie.
Im Ruhestand möchte die Theologin sich erstmal ein Sabbatjahr gönnen und um ein Projekt kümmern, das ihr am Herzen liegt: Sie will die Erinnerungen ihres Vaters, der vor einigen Jahren gestorben ist, bearbeiten und veröffentlichen. „Ich wünsche mir, dass auch andere Menschen erfahren, was es bedeutete, evangelischer Pfarrer in der DDR gewesen zu sein“, sagt sie.
Verabschiedung von Pfarrerin Bettina Dähnick
Sonntag, 26. Oktober, 10 Uhr
Evangelsiche Kirche Gräfrather Straße
In einem Gottesdienst wird Pfarrerin Bettina Dähnick von der Gemeinde und KSV-Mitglied Frank Schulte in den Ruhestand verabschiedet.
Text und Fotos: Sabine Damaschke
Weiter mit:
Kommentare
Neuen Kommentar verfassen