Die Kirche des „Lehmpfarrers“

Eine Kanzel mit Posaunenengel und ein Pfarrer, der später Kurorte gründete: Die Reformierte Kirche Cronenberg ist unsere Kirche des Monats März.

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Eine kunstvoll geschnitzte Kanzel mit Posaunenengel, eine selbstbewusste Gemeinde und ein Pfarrer, der später Kurorte gründete: Die Reformierte Kirche Cronenberg ist unsere Kirche des Monats März.

Mit ihrem markanten Zwiebelturm gilt sie als ein Prachtstück der Baukunst des Spätbarocks im Bergischen Land. Doch ihre Entstehung begann mit einem Unglück. Ausgerechnet kurz vor Ostern 1766, dem höchsten Fest der Christenheit, stürzte ein Teil des Gewölbes der ersten Cronenberger Reformierten Kirche zusammen. „Der Pfarrer konnte die Kanzel nicht mehr betreten, ein Gottesdienst zu Ostern war nicht möglich und musste im Freien auf dem Kirchhof stattfinden“, berichtet die Archivarin des evangelischen Kirchenkreises Wuppertal, Anke Westermann.

Die Kirche der reformierten Gemeinde Ronsdorf galt schon längere Zeit als baufällig. Deshalb hatten Gemeindeglieder bereits zehn Jahre vor der Katastrophe darum gebeten, ein neues Gotteshaus zu bauen. Dafür hatten sie sogar Geld zurückgelegt und erklärten sich „willfährig“, jeder nach seinem Vermögen und gutem Willen dazu beizutragen, wie Anke Westermann weiß. Schließlich gehörte die Cronenberger Gemeinde zu den größten reformierten Gemeinden des Bergischen Landes. Und war selbstbewusst genug, auf eine repräsentative Kirche zu pochen.

Die Reichstaler reichten nicht

Dank verschiedener Kollekten konnte die Grundsteinlegung der neuen Kirche bereits am 28. Juli 1766 stattfinden und die ersten Baumaßnahmen unter dem damaligen Pfarrer Johann Heinrich Dilthey beginnen. Als er zwei Jahre später starb, fehlte allerdings wieder Geld für den weiteren Bau. „Insgesamt mussten 16.000 Reichstaler aufgebracht werden“, erzählt Anke Westermann. „Das war für die damalige Zeit enorm viel, so dass das gesamte Vorhaben stockte.“

Innenraum der Kirche mit der heutigen Orgel

Fünf weitere Jahre vergingen, bis die neue Reformierte Kirche der Cronenberger Gemeinde am 15. Mai 1771 mit einem ersten Gottesdienst endlich eingeweiht werden konnte. Sechs Jahre später, 1776, war dann auch der markante Zwiebelturm fertig.

Bergische Predigtkirche

Die Kirche gehöre zum Typ der Bergischen Predigtkirche nach dem Vorbild der Alten reformierten Kirche in Elberfeld, erklärt die Archivarin. Altar, Kanzel und Orgel wurden übereinander angelegt. Kunstvolles Schnitzwerk ziert die Kanzel und deren Schalldeckel, von dem aus ein großer „Posaunenengel“ mit aufgeschlagener Bibel in die Gemeinde schaut.

„Eine Orgel wurde wegen der generellen Zurückhaltung Reformierter gegenüber der Kirchenmusik erst sehr spät eingebaut“, berichtet Anke Westermann. Erst 1853 erhielt die Kirche eine aus der bekannten Schwelmer Klavierfabrik Ibach gefertigte Orgel. Damit sei die „Bergische Trinität“ beendet worden, so die Archivarin.

Die Karriere des „Lehmpfarrers“

Doch nicht nur für ihren schönen Bau ist die Reformierte Kirche weit über die Grenzen des Wuppertals hinaus bekannt. In ihr tat von 1887 bis 1894 auch ein Pfarrer Dienst, der schon früh für die Einheit von Körper, Seele und Geist eintrat: Erdmann Leopold Stephanus Emanuel Felke. „Der Theologe wurde als Lehmpfarrer berühmt, weil er sich für Naturheilverfahren einsetzte“, sagt Anke Westermann.

Pfarrer Emanuel Felke in seinem Sprechzimmer in Repelen (Foto: Wikipedia)

So habe der Pfarrer, der sich schon während seines Studiums der Theologie für medizinische Fragen interessierte, während einer Diphterie-Epidemie in Cronenberg die Kranken mit homöopathischen Mitteln behandelt. 1894 ging der „Lehmpfarrer“, der auf die heilende Wirkung von Lehm und Lehmschlammbädern setzte, nach Repelen und gründete die erste Kurstätte. Bis 1914 entstanden weitere Felke-Kurorte in ganz Deutschland.

In diesem Jahr erlebte auch die Reformierte Kirche noch mal eine „Kur“, wie Anke Westermann berichtet. Das Kircheninnere und die Orgel wurden umfassend renoviert. Ihr Gehäuse steht heute unter Denkmalschutz. „Es lohnt sich, die Orgel in der Reformierten Kirche am Rand der Cronenberger Altstadt zu besichtigen“, meint die Archivarin. „Sie ist ein schönes Kleinod der Wuppertaler Kirchenmusik.“

Text: Anke Westermann/Sabine Damaschke
Fotos: Timo Platte

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