Wie aus Bürgern Feinde (gemacht) werden

Offener Brief an Obermeister Uwe Schneidewind, den Förderverein Bundesgartenschau Wuppertal 2031 e. V. und die für die BUGA stimmenden Fraktionen des Rates der Stadt Wuppertal

Zugegeben, die Überschrift ist etwas hart, im Kern ist sie leider zutreffend. Bereits im vergangenen Jahr hat sich eine Bürgerinitiative rund um die BUGA2031 gegründet. Ihr Name BUGA-SO-NICHT war Programm: Eine BUGA, wie sie in der vorliegenden Machbarkeitsstudie (die im Übrigen von einem einzigen freischaffenden Landschaftsarchitekten ausgearbeitet wurde!) vorgesehen ist, wollte und will man nicht mittragen.

Bürger haben nach §26 der Gemeindeordnung NRW das Recht, zu beantragen (Bürgerbegehren), dass sie anstelle des Stadtrates über eine Angelegenheit der Gemeinde selbst entscheiden. Das ist dann der sogenannte Bürgerentscheid.

Der Gesetzgeber bietet so der Zivilgesellschaft die Möglichkeit der direkten Demokratie, die Möglichkeit, dem Rat der Stadt die Sicht der Bürger aufzuzeigen.

Unterschriftenübergabe Rathaus BarmenUnterschriftenübergabe vor dem Rathaus Barmen von BUGA-SO-NICHT an Oberbürgermeister Uwe Schneidewind ©Rainer Szesny

Der Vorwurf vieler Fraktionen unseres Rates und auch des Fördervereins der BUGA2031 ist, dass es die Kritiker nur darauf ankommen lassen wollen, dass diese BUGA nicht stattfindet. Richtig ist, es ist nur eine Fragestellung beim Bürgerbegehren/-entscheid möglich, die mit JA oder NEIN beantwortet werden kann. Das ist vom Gesetzgeber gewollt und auch nicht verkehrt. Der Stadtrat seinerseits, stimmt eben auch ‚nur‘ DAFÜR oder DAGEGEN. Nach einem erfolgreichen Bürgerentscheid können die Karten neu gemischt werden. Eine BUGA kann es trotzdem geben!

Der darin anschließende Vorwurf: Die Kritiker machen keine Vorschläge zur Gestaltung und Umsetzung. Das haben sie sehr wohl gemacht. Und zwar aus den Reihen von BUGA-SO-NICHT, wie auch im Konzept BUGA+ von Greenpeace Wuppertal und der Bürgerinitiative Miteinander Füreinander Heckinghausen oder Vorschläge des Vereins  Neue Ufer und BUND Wuppertal. Auch von anderen Bürgern sind Vorschläge gemacht worden. ABER: Tatsächlich gibt es keine Vorschläge vom Stadtrat! Dieser beruft sich nur auf eine Machbarkeitsstudie. Die zeigt wie der Name es sagt, die Machbarkeit auf, nichts anderes.

Auch der Förderverein glänzt zur Zeit auf seiner Webseite nur mit Visionen und Mutmaßungen, die allesamt nicht durch Zahlen untermauert werden. Diese werden marketingtechnisch-clever als Chancen dargestellt, obwohl eben auch genau das Gegenteil dieser Chancen eintreten könnte. Darauf geht man aber nicht ein. Warum nicht? Es hört sich eben nicht sexy an, wenn man als Befürworter einer Sache sagt: „Es könnte auch sein, dass wir in Wuppertal in 9 Jahren 50.000 Klimaflüchtlinge aufgenommen haben, Energiekosten für Privathaushalte, aber auch die für die Verwaltung kaum noch zu tragen sind, eine personell fast nicht mehr vorhandene Stadtverwaltung haben, neue Luftreinhaltevorschriften den motorisierten Individualverkehr massiv einschränken, der ÖPNV aber immer noch rückläufig, weil nicht finanzierbar ist, Baukostensteigerungen von 300%, eine Schwebebahn die weniger schwebt als steht, etc., „die BUGA wollen wir aber trotzdem!“

Der Baum

Der Einklang zur zukünftigen ökologischen und ökonomischen Situation Wuppertals wird bis heute von allen Befürwortern nicht dargelegt. Wenn überhaupt nur ansatzweise und sehr abstrakt. Selbst das nicht unabhängige Gutachten „Stadtökonomische Effekte einer BUGA 2031 in Wuppertal“ der Uni Wuppertal (Bericht_BUGA-Wuppertal) wirft beim genauen lesen mehr Fragen auf, als dass es sie beantworten würde.

 

Warum wird also von den Kritikern etwas gefordert, was der Stadtrat und der Förderverein selbst nicht erbracht haben?

 

Der Förderverein Bundesgartenschau Wuppertal 2031 e.V. sammelt letztlich nur Ideen, hier als Themenspeicher angegeben. Ebenso wie der Rat bietet man Beteiligung an, sammelt aber lediglich Daten. Eine aktive Bürgerbeteiligung bietet man nicht! Ob auch nur eine dieser Ideen zur Umsetzung gebracht wird, wird nicht gewährleistet. Der Förderverein erzählt etwas von „Chancen säen“, ohne dem Bürger die Gewinne für unsere Stadt objektiv und somit messbar darzustellen. Das ist oberflächlich und wenig transparent, nichts als Lobbyismus! Bürgerbeteiligung heißt Mitbestimmung und Mitwirkung!

Dazu kommen die klaren Bekenntnisse einiger Fraktionen zu genau der Hängebrücke (siehe Ratssitzung vom 16.03.2022), die weitreichend negative ökologische und ökonomische Folgen haben dürfte. Diese Fraktionen wollen genau diese als eine Hauptattraktion und nicht, dass irgendwelche Bürger dazwischen reden.

Die Chronologie der BUGA-Planung zeigt sehr deutlich auf, dass man den Bürger lieber nicht wirklich beteiligen möchte. Erste Gespräche im Beirat für Bürgerbeteiligung gab es im Jahr 2018 (VO/1107/18): „Der Beirat für Bürgerbeteiligung regt an, dass im ersten Halbjahr 2019 ein Bürgerbeteiligungsverfahren zur BUGA mit unterschiedlichen Formaten durchgeführt wird.“ Nichts passierte! Die Bürger werden nicht informiert, obwohl das der Zeitpunkt gewesen wäre, den man als frühzeitig hätte anerkennen können.

4 Jahre vergehen! Protokoll vom Beirat für Bürgerbeteiligung (15.02.2022): Frau Kotissek vom „Team Bürgerbeteiligung“ erklärt darin unter Punkt 4, „dass das Thema BUGA noch ganz am Anfang stehe und nicht feststeht, wann und woran genau die Bürgerbeteiligung durchgeführt werden kann. Aber der Beirat SOLL JETZT SCHON eingebunden werden.“

 

4 Jahre und das dem Oberbürgermeister direkt unterstellte TEAM BÜRGERBETEILIGUNG sagt , dass das Thema BUGA noch ganz am Anfang steht!!!

 

An dieser Stelle muss dem Beirat und seinen Mitgliedern hochgradige Lethargie vorgeworfen werden, denn zu diesem Zeitpunkt müssten engagierte Mitglieder des Beirates aufschreien und laut protestieren. Machen sie aber nicht, die Geschäfte laufen ungeprüft und ohne Konsequenzen weiter. Dazu muss man wissen, dass in diesem Beirat von 29 Mitgliedern nur 6 Bürger sitzen. Den Rest der Mitglieder stellen die Fraktionen des Stadtrates und Gruppen/Institutionen.

Auch sonst hört man von den meisten Politikern unseres Rates nur Lippenbekenntnisse; mit dem Resultat, dass diese BUGA – sollte der Ratsentscheid durchkommen – keine BUGA für uns Bürger wird, sondern für Lobbyisten und Ratsmitglieder.

Eine „BUGA von Bürgern für Bürger“ könnte erst geplant werden, wenn wir dem Bürgerentscheid entsprechen, also am 29.05.2022 mit JA abstimmen! Dann kann der Rat durch Transparenz und echte Bürgerbeteiligung einen weiteren Bürgerentscheid einleiten, der neue Wege offenlegt: Eine BUGA die ganz Wuppertal durchzieht und alle Wuppertaler profitieren lässt.

Bis dahin sollte jeder Bürger dieser Stadt folgende Fragen an die Befürworter dieser BUGA stellen:

  • Gibt es einen fixen Kostendeckel? Wenn nein, warum nicht?
  • Sind die Kostensteigerungen, aber auch die in den kommenden Jahren fehlenden Fachkräfte und Fachfirmen einkalkuliert? Wie kann man dieses Fehlen ausgleichen?
  • Wie wird der Baumaterialmangel in den nächsten ausgeglichen?
  • Welcher CO2-Ausstoß ist für die BUGA2031 (nach der aktuellen Machbarkeitsstudie) einkalkuliert (samt Planung und Baumaßnahmen)?
  • Wo ist die Zusicherung (nicht Einladung!) an die Bürger zur Mitentscheidung der Planung und Mitwirkung?
  • Wie können die Bürger jenseits des problematischen Konstrukts des Beirats für Bürgerbeteiligung (dieser besteht nur zu einem sehr kleinen Teil aus Bürgern!) mitgestalten und mitbestimmen?
  • Wer trägt die Verantwortung, wenn die Besuchereinnahmen nicht wie geschätzt erreicht werden? Was sind die Konsequenzen?
  • Wie werden die Chancen für die Stadt, die Begleitumsätze in Touristik, Wirtschaft etc. getrackt? Wie läuft also das Controlling ab?
  • Wie sieht die geschätzte Gewinn- und Verlustrechnung zur Zeit aus?
  • Werden alle Bereiche der BUGA zu 100% barrierefrei sein?
  • Sind Hunde auf dem gesamten Gelände der BUGA gestattet?
  • Warum wurde keine BUGA für das Bergische Städtedreieck forciert?
  • Wird den Unterlagen zur Briefwahl des Bürgerentscheides auch die Ansicht und Stellungnahme der Initiatoren von BUGA-SO-NICHT beigelegt (§4 – Verordnung über die Durchführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden) oder nur eine Werbebroschüre des Stadtrates/Fördervereins?

Diese Fragen werden an unseren Oberbürgermeister, den Förderverein und an die Fraktionen des Stadtrates (welche der BUGA vorbehaltlos zugestimmt haben) weitergeleitet.

Rathaus BarmenRathaus Wuppertal Barmen ©Rainer Szesny

Wer eine BUGA mit echter Bürgerbeteiligung will, der muss am 29. Mai für JA stimmen und so dem Bürgerentscheid entsprechen!

Der Sachstand zur Zeit ist leider, dass einige Fraktionen und eine Lobbyvereinigung Werbung für eine Bundesgartenschau machen, ohne absehen zu können, was diese für Wuppertal tatsächlich bedeutet (siehe hierzu auch den FunFact am Ende dieses Artikels). Selbstverständliche Fragen, welche längst in der Öffentlichkeit hätten beantwortet werden müssen, schweben im Raum. Von den Werbetreibenden wird somit verlangt, dass die Bürger sich die nötigen Informationen selbst einholen, anstatt sie proaktiv und niederschwellig der Zivilgesellschaft zur Verfügung zu stellen. Nicht nur online, denn auch das ist für viele Menschen in Wuppertal eine echte Barriere! Geht man von einer gewissen Professionalität der Akteure aus, stellt man leider fest, dass diese Fragen gar nicht beantworten werden können und wenn, dann nur wenig präzise.

Die Bürger dieser Stadt wollen Mitbestimmung und fordern diese ein. Kritiker als Randgruppe darzustellen und zu diskreditieren ist in einem demokratischen Prozess nicht hinnehmbar.

 

Rainer Szesny

Kleiner FunFact zum Schluss: Wir lieben BUGA!!

Anmelden

Kommentare

  1. Erst wenn es eine seriöse Planung gibt, könnte man guten Mutes einer BUGA zustimmen. Das ist aber derzeit nicht der Fall und deshalb muss der Ratsbeschluss zurück genommen werden.

  2. Susanne Zweig sagt:

    Die Fragestellung lautet: „Soll sich die Stadt Wuppertal entgegen dem Ratsbeschluss vom 16.11.2021 nicht für die Bundesgartenschau 2031 bewerben?“

    Wie kann es trotzdem eine BUGA geben, wenn die Bürger entscheiden sollten, dass die Stadt sich nicht dafür bewerben soll?

    1. Rainer Szesny sagt:

      Das ist einfach: Die Bürger entscheiden sich aus welchem Grund auch immer, gegen den Ratsbeschluss zu stimmen, welcher auf der Machbarkeitsstudie beruht. Ergo: BUGA wie vom Rat beschlossen vom Tisch!

      Wenn es der Stadt aber tatsächlich ernst meint, kann sie unmittelbar danach die Bürger so richtig ins Boot holen (dieses mal von Anfang an!) und erarbeitet zusammen mit den Bürgern ein verbindliches Konzept. Die Bürger so: „HeyHoo!“

      Und nun kann die Stadt ihrerseits einen Bürgerentscheid einleiten, der eine BUGA mit Bürgerbeteiligung, -mitwirkung und -entscheidung vorsieht. Kommt dieser durch, steht der BUGA wesentlich weniger entgegen als zum jetzigen Zeitpunkt.

      Bitte schauen Sie sich dazu gerne einmal §26 Abs. 8 unserer Gemeindeordnung an.

Neuen Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert