So viel Mannesmann war noch nie

Eine der ganz großen Industriepioniere in Deutschland, ein bedeutender Wirtschaftshistoriker, eine spannende Story: Horst A. Wessels Mannesmann-Chronik ist unser Buch der Woche.

Wie es sich für einen ausgewiesenen und im Bergischen Land wie im Ruhrpott versierten Geschichtswissenschaftler gehört, der auch noch – schön, das feststellen zu dürfen – „flott“ formulieren kann, basiert das großzügig bebilderte Werk auf umfangreichen Quellenstudien, an deren Ende das Archiv der „Urmutter aller Mannesmänner“ als wohl sortiert gelten darf.

Die Gründung von Mannesmann fällt noch in das 18. Jahrhundert, hochpräzise Maschinenelemente stehen heute, am Beginn des 21. Jahrhunderts, auf der Angebotsliste. Was für eine Tradition!

In dem Buch erhält der Leser erstmals verbrügte Informationen über das Entstehen der Firma (so der korrekte Name, wie er sich auch im Titel niedergeschlagen hat) A.MANNESMANN. Horst A. Wessel beschreibt es im Vorwort so: „Der geschichtliche Überblick … gibt gesicherte Auskunft über die Übersiedlung des ersten Mitglieds der Familie Mannesmann aus der preußischen Grafschaft Mark ins bergische Remscheid und über die rechtlich schwierige berufliche und gesellschaftliche Integration des ‚Hergeluopenen’“ (für Nichtbergische: des Hergelaufenen, also des Zuwanderers); „er bringt Klarheit in die Gründung des Unternehmens und nennt Jahr und Gründer sowie die Gründe für die auf den ersten Blick unverständliche Benennung.“

Wie ist das Werk aufgebaut? Dem Vorwort des Herausgebers und dem Grußwort der Geschäftsführung des Unternehmens folgen die Kernkapitel „Nur das beste Werkzeug ist und bleibt das billigste“, „Qualitätsfeilen brauchen vor allem Qualitätsstahl“ und „‚Klangreine Feilen?“ (Stabglocken) aus der Feder des Herausgebers. In einem eigenen Kapitel, das durch sehr hübsche Urkundenfaksimiles aus den Jahren 1869 und 1894 optisch aufgewertet wird, geht Wessel Remscheid und insbesondere seiner Feilenherstellung im Spiegel alter Reiseberichte des vorvorigen Jahrhunderts nach.

Schließlich untersucht er die Bedeutung des Unternehmens für die Anfänge der Mannesmann-Röhrenwerke. Beiträge von Karl Rudolf Gerhards und Horst Thönnes über das alte Bliedinghausen und von Max W. Schenck über die heutige Produktion runden den Band ab.

Im Anhang finden sich der Abbildungsnachweis, Informationen über Autoren und Mitarbeiter, den Förderverein MannesmannHaus und die in Remscheid ansässigen Unternehmen mit dem Namen Mannesmann, eine Stammtafel der Familie sowie ein geographisches und ein Sachregister sowie ein Register der Personen, Institutionen und Unternehmen. Erstaunlich, wie viel Mannesmann zwischen zwei Buchdeckel passt.

Der am 12.4.1943 in Bonn geborene Herausgeber leitete von 1983 bis 2008 das Mannesmann-Archiv, war Lehrbeauftragter der Universitäten Erlangen/Nürnberg und Bochum und ist seit seiner Habilitation 1995 zunächst als Privatdozent, dann als außerplanmäßiger Professor für Wirtschaftsgeschichte an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf tätig. Wessel leitete lange Jahre den Düsseldorfer Geschichtsverein, den Verein Alter Münstereifeler, die Gesellschaft für Unternehmensgeschichte, den VDE-Ausschuss „Geschichte der Elektrotechnik“ und den Förderverein MannesmannHaus, den er auch gegründet hat. Bei seinen Doktoranden galt und gilt er als unermüdlicher „Ermunterer“.

MATTHIAS DOHMEN

Horst A. Wessel (Hrsg.), Von der Feile zum hochpräzisen Maschinenelement. A.MANNESMANN, Remscheid-Bliedinghausen 1796-2014 (= Industriegeschichte Bergisches Land), Remscheid: Bergischer Verlag 2014, ISBN 978-3-943886-70-2, 152 S., Euro 29,95, www.bergischerverlag.de.

MAN_Unternehmensgeschichte2014-72

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