„Schnellstmöglich“: 60er-Jahre-Museumsautobahn für die Parkstraße?

Der Wink des Oberverwaltungsgerichts, die Ausbaupläne Parkstraße/L419 für nichtig zu erklären, sollte für eine bedarfs- und lösungsorientierte Planung verwendet werden.

Symbolbild (ausnahmsweise)

Das Oberverwaltungsgericht in Münster hat vergangene Woche verlauten lassen, daß das Planfeststellungsverfahren der Parkstraße/L419 voraussichtlich nichtig ist.

(1) Annahme: Autobahn ist alternativlos – der Stöpsel Blombachtalbrücke macht keinen Sinn

Stellen wir uns mal ganz dumm und sagen: »Die Autobahn Parkstraße ist alternativlos.« – Warum zum Teufel endet die Ausbaustrecke vor der Blombachtalbrücke, an deren anderem Ende eine Ampel steht und wieder den Verkehr aufhält? Der Ausbau der Parkstraße ohne das entsprechend leistungsfähige Autobahndreieck zur BAB 1 macht keinen Sinn. Der Autor war kürzlich mit dem Rad am Parkstraßenstau genauso schnell bei der Autobahnauffahrt Ronsdorf wie ein im Stau stehender Bus.

(2) Schwarzmaler fordern „schnellstmöglichen Ausbau“

Einige Parteien fordern reflexartig den „schnellstmöglichen Ausbau“ der Parkstraße [1], obwohl sie dazu zwischen 2004 und 2015 mit Ratsmehrheit und OB im Amt genug Zeit dazu hatten. Sonst bleibe Ronsdorf weiterhin ein Schleichweg zwischen Autobahnen, heißt es. Das ist das bekannte „Aspirin gegen Kopfschmerzen“-Rezept: Wenn eine Pille nicht reicht, dann nimm halt zwei oder drei. Wenn Verkehr staut, hilft nur noch mehr Straße und Verkehr.

(3) Bessere und schnellere Verkehrsanbindung induziert mehr Individualverkehr

Der Autor hat die Eröffnung des Burgholztunnels live und in direkter Nachbarschaft miterlebt: Die Einmündung Hahnerberger-/Theishahner Straße kann seitdem den Verkehr kaum noch bewältigen. Teilweise gibt bzw. gab es zum Berufsverkehr Rückstaus bis in den Tunnel. Genauso hat der Verkehr auf der Hahnerberger-/Hauptstraße zugenommen, während früher vielleicht der ein oder andere über Kohlfurth oder mit Bus und Bahn gefahren ist.

Denn es ist wissenschaftlich belegt, daß Pendler lieber das Auto nehmen, wenn sie damit zeitlich und staulos zur Arbeit kommen. Warum fünfmal umsteigen und im Regen auf den Bus oder die Bahn warten? Notfahrplan-WSW und „Wieder. Weltspitze. Werden.“-Bahn tun ja mit Taktverlängerung, Unpünktlichkeit und Zugausfällen alles, um den öffentlichen Nahverkehr unattraktiv zu machen – inklusive der unsachlichen Weigerung, E-Scooter in Bussen und Schwebebahn zu transportieren.

Ja, es ist traurig, aber statistisch nimmt nicht einmal jeder fünfte Pendler Bus und Bahnen.

(4) Mehr Straße = mehr Naturzerstörung

Die Wissenschaft steht erst ganz am Anfang zu erforschen, wie die einzelnen Spezies der Tier- und Pflanzenwelt miteinander verbunden sind. Was passiert, wenn eine Spezies ausstirbt? Welche Auswirkungen hat das auf welche andere Arten?

Die EU-Richtlinien geben dieses Gebilde eher willkürlich wider. Warum also erst Natur – unnötig – kaputtmachen, die vielleicht Jahrtausende zum Istzustand gebraucht hat? Nur um die Ausgleichsmaßnahmen feiern zu können?

Es ist zum Beispiel sinnfrei, Teiche für eine geschützte Froschart zum Laichen auf der einen Seite der Autobahn anzulegen, wenn das Regelaufenthaltsgebiet auf der anderen Seite liegt, die Autobahn aber ein unüberwindbares Hindernis für die Tiere darstellt. Dies ist jetzt kein konkretes Beispiel für die Parkstraße. Es kommt aber häufiger vor, daß die natürlichen Wanderwege bestimmter Tierarten durch eine Baumaßnahme zerschnitten werden und dies nicht oder ungenügend in den „Ausgleichsmaßnahmen“ Berücksichtigung findet.

(5) Technische Ausreizung des Zweispurbetriebes

Bevor man Ronsdorf und Scharpenacken durch eine hohe Betonwand-Autobahn endgültig von einander trennt, sollte man sich Gedanken machen, wie man den Durchfluß erhöhen kann, also die Anzahl der Fahrzeuge pro Stunde. Verkehrsforscher simulieren beispielsweise auf einer Straße mit Fahrzeugen, die mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten unterwegs sind. Bringt zum Beispiel eine Verkehrsbeeinflussungsanlage mit wechselnden Höchstgeschwindigkeiten etwas?

Ampelschaltungen lassen sich optimieren, indem man diese nach Verkehrsaufkommen schaltet. Zu oft liegt der Verkehr brach, weil Verkehrsteilnehmern Grün geschaltet wird, die gar nicht vorhanden sind oder den Kreuzungsbereich längst verlassen haben (kürzere Räumphasen). Aber bitte nicht mit strunzdummen „KI-Ampeln“ wie in Essenbach (Bayern). [2]

Verkehre aus den Seitenstraßen können per Einfädelungsstreifen im Reißverschlußverfahren einfahren. Damit läßt sich eine Ampelphase sparen.

Nicht zuletzt könnten auch manche Autofahrer bei Grün direkt losfahren anstatt mit dem Handy zu spielen oder den Gang erst dann einzulegen, wenn der Vordermann längst weg ist.

Fazit

Jedenfalls wären dann die Pläne zur Museumsautobahn aus den 1960er-Jahren mit den Pillenrezept „mehr bringt mehr“ nicht nur voraussichtlich nichtig, sondern ebenso überflüssig. ■

Hinweise und Verweise:

[1] https://www.njuuz.de/home/politik/l-419-schnellstmoeglich-ausbauen/

[2] https://www.heise.de/-9810365

Anmelden

Kommentare

  1. N. Bernhardt sagt:

    Falls das OVG an der Feststellung festhält, haben Straßen.NRW bzw. die Bezirksregierung Scheiße gebaut. Die Sache wird ja nicht dadurch rechtmäßig, indem man einfach sagt: „Verzichte auf die Klage.“

    Die erste CDU-Regierung in NRW hat nämlich für eine wesentliche Änderung im Bau- und Planfeststellungsrecht gesorgt: eine Klage hat keine aufschiebende Wirkung mehr. Oft wird erst in der Hauptverhandlung klar, ob eine Planung rechtswidrig ist. Und wenn bis dahin schon die halbe Autobahn steht, auch wenn die Enteignung, die Waldrodung oder die „Niederlegung“ ganzer Straßen dafür rechtswidrig waren – dann darf eben doch weitergebaut werden.

    Daß in im Fall Parkstraße vermutlich die ganze Planung hinfällig ist, weil schlicht die falsche Behörde geplant hat, haben alleine die Behörden selbst zu verantworten.

    Und falls die Blombachtalbrücke baufällig ist, kommen die Laster eben durch den Burgholztunnel. Von Köln sind das knapp 7 km mehr (im Gegensatz zu 81 km Umweg von Lüdenscheid bis Frankfurt über die A3).

    1. Susanne Zweig sagt:

      So wie ich das verstehe, geht es um die Frage, ob Straßen.NRW das …
      a) im Auftrag des Landes planen muss, weil die L 419 eine Landesstraße ist, oder …
      b) im Auftrag des Bundes planen muss, weil die L 419 mal eine Bundesstraße werden soll.
      Wenn es um eine Bundesautobahn ginge, dürfte Straßen.NRW gar nicht planen sondern nur die Autobahn GmbH. So will es die Grundgesetzänderung vom 20.07.2017. Wobei das Planfeststellungsverfahren schon am 27.04.2017 beantragt wurde. Vor dem 20.07.2017 durfte Straßen.NRW nach Art. 90 (2) GG auch noch an der A 46 herumschrauben.
      Nicht mal die Klageseite hat ernsthaft mit dieser Wendung gerechnet, an der möglicherweise 80 Milliönchen Planungskosten hängen. Daher finde ich den Satz „… dann haben die Behörden Scheiße gebaut“ ziemlich leicht gesagt.

      1. N. Bernhardt sagt:

        Teil 1 des Planverfahrens hat die Bezirksregierung gemacht, Teil 2 (Anbindung an die A1) die Bundesbehörde. Durch die durchgehende Verbindung zwischen A46 und A1 ist offenkundig eine Hochstufung zur Bundesstraße seit anno dazumal vorgesehen gewesen und damit der Bund für die gesamte Planung.

  2. Susanne Zweig sagt:

    Zunächst gibt es nur eine Einschätzung des OVG Münster, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht rechtmäßig ist. Darauf kann die Bezirksregierung Düsseldorf noch eingehen. Das Urteil fällt wohl am 9. Oktober.
    Seit den 60er Jahren wird an dem Abschnitt zwischen Lichtscheid und Blombachtal herumgeplant. 2017 hat Straßen.NRW das jüngste Planfeststellungsverfahren für den 1. Bauabschnitt beantragt. Sieben Jahre hat es bis zum Beschluss gedauert. Seit mindestens 30 Jahren wird an dem Radweg nur noch das Nötigste gemacht.
    Aber es ist halt leichter, ein Straßenbauprojekt zu verhindern, als eines zu realisieren, weil immer viele Leute betroffen sind (und das sind erheblich mehr, als Ronsdorf Einwohner hat). Und manchmal sind es gerade die Projektverhinderer, die später beklagen, dass die Planung schon zu alt ist.
    Wenn das Urteil so ausfällt, wie angedeutet, dürfte über Jahrzehnte gar nichts mehr passieren. Straßen.NRW hat 100 Projekte gleichzeitig laufen und wird nicht am 9. Oktober 60 Jahre Planung in die Tonne kloppen und am 10. Oktober fröhlich mit einer „bedarfs- und lösungsorientierten Planung“ um die Ecke kommen. Und es wird auch nicht schneller gehen, wenn tausend Leute von der Seitenlinie pragmatische Vorschläge machen.
    „Gar nichts“ bedeutet, dass die Blombachtalbrücke irgendwann für den Schwerlastverkehr gesperrt wird, dann für den 2-streifigen Verkehr, dann für jeden Verkehr und dann wird man froh sein, die Brücke noch ein paar Jahrzehnte davon abhalten zu können, auf die A 1 zu fallen.
    In dem Fall kann unsere Nachfolge-Generation mit ihrem Hund wieder völlig ungestört von Ronsdorf auf den Scharpennacken wandern.

Neuen Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert