03.09.2025evangelisch wuppertal
Wenn Glaube in Bewegung kommt
Im MUT-Gottesdienst der Gemeinde Elberfeld-Nord rückt der Tanz ins Zentrum. Pfarrer Jonathan Hong erklärt, was die Bibel zum Tanzen sagt und dass Tänzer Paulo Santos es als Gebet versteht.

Im MUT-Gottesdienst der Gemeinde Elberfeld-Nord rückt der Tanz ins Zentrum. Pfarrer Jonathan Hong spricht darüber, warum wir in Deutschland so zögerlich damit sind, was die Bibel zum Tanzen sagt und wie Tänzer Paulo Santos Bewegung als Gebet versteht.
In afrikanischen Gottesdiensten wird viel zu Musik getanzt. In Deutschland tun wir uns damit eher schwer. Warum das so ist?
Jonathan Hong: Ja, das stimmt wir sind sehr geprägt von einer „sitzenden“ Kultur: viel denken, zuhören, rational verarbeiten. Unser Körper spielt in Glaubensdingen eine eher untergeordnete Rolle. Deswegen fällt es vielen schwer, sich im kirchlichen Kontext frei zu bewegen. Es ist aber weniger eine Frage der Theologie, sondern mehr der Kultur und der Gewohnheit. Es kann richtig erfrischend sein, auch im Gottesdienst mal etwas Schwung reinzulassen.
Tanz gilt allgemein als Ausdruck von Freude, aber er kann auch mehr sein. Welche Rolle spielt der Tanz in der Bibel?
Jonathan Hong: Da denke ich an Miriam, die nach dem Durchzug durch das rote Meer mit den Frauen tanzt und Gott preist. Oder an König David, der sich über den Einzug der Bundeslade in seine Stadt so freut, dass er ausgelassen tanzt – und zwar so sehr, dass seine eigene Frau beginnt, auf ihn herabzusehen.
Tanz ist in der Bibel nie nur „Party“, sondern Ausdruck von Dankbarkeit, Hingabe und von Freiheit.
Aber er sagt: „Ich will vor dem HERRN tanzen und ich will noch geringer werden als jetzt.“ Er macht sich frei von dem, was Menschen über ihn denken und handelt aus dem Herzen heraus.
MUT-Gottesdienst – Freudentanz
Sonntag, 7. September, 10 Uhr
Friedhofskirche, Hochstraße 15
Zu Gast ist der Tanzchoreograph Paulo Santos und die Worship-Band der Ev. Kirchengemeinde Heckinghausen. Nach dem Gottesdienst sind alle zum gemeinsamen Essen im Gemeindesaal eingeladen.
Tanz ist in der Bibel nie nur „Party“, sondern Ausdruck von Dankbarkeit, Hingabe und von Freiheit. Eine besondere Ausdrucksform, die über Worte hinausgeht. In Psalm 149 gibt es sogar eine explizite Aufforderung zum gemeinsamen Tanzen: „Sie sollen loben seinen Namen im Reigentanz“. Für mich bedeutet das: Der Mensch ist nicht nur Kopf, sondern auch Herz, Körper und Geist. Und wenn wir tanzen, darf all das in Gottes Lob hinein.
Den Gottesdienst gestaltet der Tänzer und Choreograph Paulo Santos mit. Was bringt er als Besonderheit ein?
Jonathan Hong: Paulo ist ein ganz toller Mensch. Ich habe ihn mal bei einer Veranstaltung kennengelernt und war sofort begeistert. Geboren in Brasilien, hat er Tanz von klein auf als Teil seiner Kultur erlebt. Gleichzeitig hat er eine Ausbildung in verschiedenen Tanzrichtungen in Europa durchlaufen, unter anderem an der Stage School in Hamburg und der Folkwang Universität in Essen.

Der Tänzer und Choreograf Paulo Santos wirkt im Gottesdienst mit.
Sein Stil reicht vom Afrikanisch-Brasilianischen Tanz über Modern Jazz bis Contemporary. Was ihn besonders macht, ist die Verbindung von hoher Professionalität mit einer tiefen Spiritualität. Tanz versteht er als Gebet. Das finde ich spannend für den Gottesdienst und wir werden auch etwas über seine Geschichte erfahren.
Der Gottesdienst steht unter dem Titel MUT. Was hat Tanz mit Mut zu tun?
Jonathan Hong: Tanzen bedeutet, sich zu zeigen. Den Körper einzusetzen, nicht alles zu kontrollieren, sondern loszulassen und sich verletzlich zu machen. Es braucht Mut, die eigene Unsicherheit zu überwinden und in der Bewegung etwas von seinem Inneren nach außen sichtbar zu machen. Gleichzeitig ist Tanz ein Bild für Freiheit: Ich darf sein, wie ich bin. Ich muss nicht erst alles verstehen, bevor ich mich bewegen darf. Ich darf Spaß daran haben.
Wenn man sich zusammen bewegt, verändert das. Wo sollte das besser gehen als in der Pina-Bausch-Stadt Wuppertal?
Und wenn man sich zusammen bewegt, verändert das auch die Atmosphäre, die Wahrnehmung des Raumes und der anderen. Wo sollte das besser gehen als in der Pina-Bausch-Stadt Wuppertal?
Was soll die Gemeinde von diesem Gottesdienst mitnehmen? Sollen alle tanzen?
Jonathan Hong: Es geht nicht darum, dass am Ende alle eine Choreografie können oder dass sich jeder rhythmisch perfekt bewegt. Es geht darum, dass wir neu entdecken: Wir dürfen in unserer Kommunikation mit Gott auch unseren Körper einsetzen. Wer mag, darf tanzen. Wer lieber still wird, kann das auch. Aber ich wünsche mir, dass jeder spürt: Es gibt mehr Freiheit im Glauben, als wir oft ahnen. Vielleicht geht der eine oder die andere mit dem Mut nach Hause, ein Stück dieser Freiheit in den Alltag hineinzutragen. Aber ja, es wird natürlich auch die ein oder andere Anregung zum Mittanzen von Paolo geben. Einfach vorbeikommen und sich überraschen lassen.
Das Gespräch führte Sabine Damaschke.
Fotos: KK Archiv, Kulturserver NRW
Weiter mit:
Kommentare
Neuen Kommentar verfassen