Unter deutscher Besatzung

Das Kriegsende am 8. Mai bedeutete auch ein Ende der deutschen Besatzung. Das betont Historikerin Tönsmeyer mit einer Lesung in der Johanneskirche.


Im Mai jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs zum 80. Mal. Was dies für die Menschen bedeutete, die unter der deutschen Besatzung gelitten haben, hat die Wuppertaler Historikerin Tatjana Tönsmeyer untersucht. Am 7. Mai liest sie in der Johanneskirche aus ihrem Buch.

Am 8. Mai 1945 schwiegen nach fast sechs Jahren endlich die Waffen: Der Zweite Weltkrieg, der am 1. September 1939 mit dem deutschen Überfall auf Polen begonnen hatte, war zu Ende. Allein in Europa hatte er rund 36 Millionen Menschenleben gekostet.

„In der Betrachtung dieser großen Zahl geht auch 80 Jahre nach Ende des Weltkrieges oftmals verloren, dass es in den ehemals deutsch besetzten Ländern mehr zivile als militärische Opfer gab“, sagt Tatjana Tönsmeyer, Professorin für Neueste und Neuere Geschichte an der Bergischen Universität Wuppertal. „Auch erlagen die Opfer nicht an erster Stelle den Kampfhandlungen, sondern der deutschen Okkupation.“

Die Relevanz des Gedenkens

Auf dem Höhepunkt der nationalsozialistischen Machtentfaltung in den Jahren 1941 und 1942 lebten und litten zwischen Lyon und Charkiw, Kirkenes und Heraklion rund 230 Millionen Menschen unter deutscher Herrschaft, so die Historikerin. Sie hat intensiv zur deutschen Besatzung in Europa geforscht und ein Buch dazu herausgegeben, aus dem sie am Vorabend des Jahrestages in der Wuppertaler Johanneskirche liest. Im Anschluss diskutiert sie gemeinsam mit Helge Lindh, SPD-Bundestagsabgeordneter und kulturpolitischer Sprecher, über die Relevanz und politische Dimension des Gedenkens in der heutigen Zeit.

Offener Abend

Unter deutscher Besatzung. Europa 1939 bis 1945
Lesung mit Tatjana Tönsmeyer
und Diskussion mit Helge Lindt
Mittwoch, 7. Mai, 19.30 Uhr
Johanneskirche, Altenberger Straße 25

Der Eintritt ist frei.

Was es bedeutete, unter deutscher Besatzungsherrschaft leben zu müssen, wie der Alltag von Millionen von Menschen mit Hunger, Wohnungszerstörungen und Verschleppungen zur Zwangsarbeit aussah und welche Strategien sie fanden, um mit den Zumutungen der Okkupation umzugehen, hat die Tatjana Tönsmeyer ausführlich in ihrem Buch beleuchtet.

„Angst und Unsicherheit, ständige Sorge und Anspannung prägten den Alltag“, erklärt die Historikerin. „Auch wer von den Verbrechen der Deutschen verschont blieb, wusste, was ihm drohte, und bangte um sich und die Seinen. Sich den Besatzern zu verweigern oder zu entziehen, war, wenn es überhaupt möglich war, lebensgefährlich.“

Zur Person:

Prof. Tatjana Tönsmeyer lehrt und forscht seit 2011 an der Bergischen Universität Wuppertal im Fach Neuere und Neueste Geschichte. Sie leitete über viele Jahre das internationale Forschungsprojekt „Societies under German Occupation“ und ist Mitglied verschiedener wissenschaftlicher Beiräte, darunter der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, des Hauses der Geschichte Bonn/Leipzig/Berlin und des Deutschen Historischen Instituts in Warschau. Sie war Sachverständige für den Kulturausschuss des Deutschen Bundestages in der Frage der Einrichtung eines NS-Dokumentationszentrums Zweiter Weltkrieg und Besatzungsverbrechen.

Text: Gemeinde/KK-sd
Foto: jmdietz

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