25.07.2025evangelisch wuppertal
Stütze in der Katastrophe
Ben Sulzbacher kümmert sich als neuer Notfallseelsorger des Kirchenkreises um all jene, die Angehörige durch schwere Unfälle oder plötzliche Todesfälle verloren haben.

Ben Sulzbacher ist da, wo Menschen ihn dringend brauchen: Nach schweren Unfällen oder plötzlichen Todesfällen kümmert sich der neue Notfallseelsorger der evangelischen Kirche in Wuppertal um diejenigen, die zurückbleiben.
Als Literaturwissenschaftler hätte er sein Leben mit Büchern verbringen können – in sicherem Abstand zu all den Katastrophen, die Menschen ereilen und ihnen das Leben schwer machen können. Doch Ben Sulzbacher entschied sich gegen die Wissenschaftskarriere an der Uni. „Ich möchte Menschen zur Seite stehen, die plötzlich mit dem Tod konfrontiert sind, mit ihnen aushalten, was schwer auszuhalten ist und sie stärken für den neuen Weg, den sie nun gehen müssen.“
Seit April ist der 29-jährige Notfallseelsorger in Wuppertal im Einsatz – mit einer halben Stelle koordiniert er hauptamtlich die ökumenische Notfallseelsorge in Wuppertal und ist auch selbst rund um die Uhr für Polizei und Feuerwehr erreichbar. Rund 20 Mitarbeitende – Theologen und Ehrenamtliche – hat die Notfallseelsorge. Meistens werden sie von der Leitstelle gerufen, um Angehörige nach plötzlichen Todesfällen oder Suiziden in deren Wohnung oder Haus zu betreuen. Das geschieht durchschnittlich zwei bis dreimal in der Woche.
Zeit, Ruhe und Verständnis
Mit seinen 29 Jahren ist Ben Sulzbacher der jüngste Koordinator in der Notfallseelsorge der evangelischen Kirche im Rheinland. „Die Kolleginnen und Kollegen ziehen mich manchmal damit auf“, erzählt er. „Aber für die Menschen, die ich betreue, spielt mein Alter keine Rolle.“ Viele seien dankbar, dass jemand für sie Zeit habe und sie mit all ihren Gefühlen und Fragen begleite und ernstnehme.
Letztlich geht es darum, die Menschen zu stabilisieren, damit sie handlungsfähig bleiben.
Denn genau das kommt nach einer Katastrophe, bei plötzlichen Todesfällen oder Suiziden oft zu kurz. Lauter Menschen erscheinen bei den Angehörigen, die alle etwas wollen: die Polizei, vielleicht ein Notarzt, die Kripo und ein Bestatter. In dem ganzen Trubel fühlen sich die Angehörigen überfordert, fassungslos.

Die Jacke der rheinischen Notfallseelsorge trägt Ben Sulzbacher nur bei Außeneinsätzen.
„Die Leute sind in einer Ohnmachtssituation, viele stehen unter Schock“, beobachtet Ben Sulzbacher. Er leiste „Erste Hilfe für die Seele“, erklärt er, indem er den Menschen zuhöre, mit ihnen schweige und sie ermutige, ihre Frage nach dem Warum, Schuld- und Schamgefühle zuzulassen. „Letztlich geht es darum, die Menschen zu stabilisieren, damit sie handlungsfähig bleiben.“
Herausfordernd: Kinder und Einsamkeit
Besonders herausfordernd ist für Ben Sulzbacher – wie für viele Notfallseelsorger – der Umgang mit Kindern, die er nach einem Unfall oder Suizid eines Elternteils betreut. Doch auch wenn Menschen niemanden im nahen Umfeld haben, der sich nach dem Tod eines Angehörigen um sie kümmern kann, berührt ihn das sehr. Denn die Frage, ob es Verwandte, Freunde oder Nachbarn gibt, die in der nächsten Zeit für die Menschen da sind, stellt er immer.
Ich glaube daran, dass wir als Menschen nicht ganz auf uns selbst gestellt sind, sondern eine Kraft da ist, die uns trägt.
„Einsamkeit und ihre Folgen kenne ich gut aus der Telefonseelsorge“, sagt Ben Sulzbacher. Schließlich hat er dort fünf Jahre lang ehrenamtlich gearbeitet. Und dabei erlebt, wie wichtig und wirksam Seelsorge in Krisen ist. „In den letzten Jahren ist deshalb der Entschluss gereift, mein Ehrenamt zum Beruf zu machen“, erzählt er.
„Seelsorge braucht Gottvertrauen“
Ben Sulzbacher ließ sich zum systemischen Berater ausbilden und wurde Ende 2024 mit einer halben Stelle Projektleiter des neuen Seelsorgezentrums ZeeBra der evangelischen Kirche in Lennep. Mitte 2025 kam die Notfallseelsorge hinzu. Krisen, Katastrophen und Tod gehören nun zu seinem Berufsalltag, aber auch ein starkes Gottvertrauen: „Ich glaube daran, dass wir als Menschen nicht ganz auf uns selbst gestellt sind, sondern eine Kraft da ist, die uns trägt.“
Wenn es gewünscht wird, spricht Ben Sulzbacher daher in der Seelsorge ein Gebet oder einen Segen. „Das bieten wir ganz unabhängig von einer Kirchenzugehörigkeit oder Weltanschauung an, und es wird von vielen Menschen gerne angenommen.“
Text und Fotos: Sabine Damaschke
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