Aus der „Kraft der Not“ gebaut

Sie wurde in nur acht Monaten errichtet: Die Elberfelder Johanneskirche entstand aus der "Kraft der Not". Sie ist unsere Kirche des Monats März.


Sie wurde in nur acht Monaten gebaut: Die Elberfelder Johanneskirche entstand aus der „Kraft der Not“. Sie ist unsere Kirche des Monats März.

Sie sollte eine Oase in der Trümmerwüste der Nachkriegszeit sein, ein Ort der Gemeinschaft, in dem die Menschen Hoffnung und Heilung, Aufbruch und Segen finden konnten. Die Erwartungen an die neue Johanneskirche der Lutherischen Gemeinde Elberfeld-Süd waren hoch, als sie am Ostersonntag 1949 eingeweiht wurde. Alle anderen Kirchengebäude der Gemeinde waren im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt worden, darunter die Christuskirche in der Elberfelder Südstadt.

In der Johanneskirche am von der Heydt-Park konnte nun endlich sicher und festlich Gottesdienst gefeiert werden. Und das nach nur acht Monaten Bauzeit. Für das ehrgeizige Projekt wurden viele freiwillige Helfer und Studenten der Kirchlichen Hochschule Wuppertal eingespannt. Sie verrichteten die Arbeiten am Fundament, Bauhandwerker führten die Maurerarbeiten aus. Es war der erste Kirchenneubau Wuppertals nach dem Zweiten Weltkrieg, eine sogenannte „Notkirche“ der besonderen Art.

Architektur der Ehrlichkeit

Denn den Entwurf hatte der erfahrene Architekt und Ideengeber des Weimarer Bauhauses Otto Bartning (1883 bis 1959) geliefert. Dabei kombinierte er seriell vorgefertigte Bauteile mit dem Trümmermaterial, das es vor Ort gab. Die so gebauten Kirchen – 43 waren es in ganz Deutschland – verstand der Architekt dabei keineswegs als eine Not- oder Übergangslösung, sondern als „neue und gültige Gestalt aus der Kraft der Not“. Für Bartning war der auf elementare Materialien wie Holz, Stein und Stahl beschränkte Bau eine „Architektur mit bedingungsloser Ehrlichkeit“, die ein „Bekenntnis zu der aus der Armut erwachsenden geistigen Freiheit“ ablegte.

Die Elberfelder Gemeinde entschied sich für eine bestimmte Kirchenvariante aus Bartnings Programm mit polygonalem Chor, die an traditionelle Bauformen gotischer Kirchen erinnert. Die tragende Konstruktion der Johanneskirche besteht aus Dreigelenkbindern aus Schwarzwälder Holz, die sie zusammen mit dem umlaufenden Fensterband die Notkirchen so unverwechselbar machen, wie Magdalena Majewski erklärt.

Mauern ohne tragende Funktion

Sie hat sich intensiv mit der Geschichte der Kirche beschäftigt und ist fasziniert von der „hochwertigen und dennoch funktionellen Bauweise“. So hätten die Mauern, die aus Trümmermaterial bestehen, keinerlei tragende Funktion, sagt Magdalena Majewski. „Man könnte sie entfernen, und die Kirche würde nicht zusammenstürzen.“

Blickfang: Die bunten Glasmalereien und die Orgel kamen erst später in die Johanneskirche.

Wie alle Gebäude aus Otto Bartnings Architekturprogramm war auch die Johanneskirche auf klare Formen und wenige Materialien beschränkt. Das Raumangebot sollte bestmöglich genutzt werden. „Denn auch Gemeinderäume waren zu der Zeit rar“, weiß Magdalena Majewski. Daher habe man unter der damaligen Empore einen Gemeinderaum mit Toilette und Teeküche eingerichtet, der durch Klappläden zum Gottesdienstraum geöffnet werden konnte.

Die farbige Antikverglasung der Fenster dagegen war nicht geplant. Sie bestand ursprünglich nur aus farblosem Ornamentglas. Die Glasmalereien mit Motiven des Johannesevangeliums und der Apokalypse wurden erst 1963 eingesetzt.

Erst die Kirche, dann die Orgel

Auch eine Orgel existierte zunächst nicht. Doch vier Jahre nach Einweihung der Kirche entschied sich die Gemeinde, ihre erste Orgel aus der Werkstatt Emil Hammers einbauen zu lassen. Im November 1971 löste eine neue Orgel aus der Werkstatt von Werner Bosch das störungsanfällige Vorgängerinstrument ab.

Trotz aller Veränderungen sei die Johanneskirche als Bartning’sche Notkirche auch heute noch gut zu erkennen, sagt Magdalena Majewski. Die Johanneskirche steht seit 2004 nicht nur unter Denkmalschutz, sondern habe es auch verdient, als Weltkulturerbe der UNESCO anerkannt zu werden, meint Magdalena Majewski, denn: „Diese Kirche ist alles andere als ein aus der Not entstandenes Provisorium.“

Kirchenmusikkalender

In 2024 erscheinen als Ergänzung zum Kalender „Evangelische Klangräume in Wuppertal“ Texte zu den jeweiligen Kirchen des Monats auf der Webseite des Referates Kirche, Kultur und Musik. Der Kalender kostet 15 Euro. Er kann unter

Anmelden

Kommentare

Neuen Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert