Dohmens unregelmäßig erscheinende Lesefrüchte X

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 14.5.2023

Sie redet „schnell, sie lässt die Sätze manchmal immer weiter laufen. So passieren wieder Fehler. Als sie auf Englisch sagte, dass Deutschland einen Krieg gegen Russland führe, war die Aufregung groß“ (Helene Bubrowski/Matthias Wyysuwa, „Die Allesaußenministerin – Aus einem tiefen Tal kam Annalena Baerbock ins Auswärtige Amt. Jetzt will sie gestalten – und wieder nach oben“, S. 2).

Bruchstücke zu einem Porträt des „61 Jahre alten Geschäftsmanns“ aus Sankt Petersburg: Friedrich Schmidt/Konrad Schuller, „Arschgeige im Kreml – Der ‚Wagner‘-Chef Jewjgenij Prigoschin beschimpft die Generäle und sogar Putin. Hat er den Bogen überspannt?“, S. 5.

Katastrophen mit Ansage: „‚Es werden noch viel mehr Medikamente knapp‘ – Von Ratiopharm aus Ulm kommt der Fiebersaft, der monatelang ausverkauft war“, S. 19, „‚In der Finanzwelt wird es weitere Unfälle geben‘ – Der berühmte Investor El-Erian über den jüngsten Bankencrash, die Fehler der Geldpolitik und die übersehenen Stärken Europas“, S. 22, „Krasser als Trump – Der Unternehmer Vivek Ramaswamy will US-Präsident werden. Er schwärmt vom Kapitalismus und ätzt gegen alles, was ‚woke‘ ist“ („America First 2.0“), S. 24.

Einfach ein schöner Text über ein kleines Häuschen am Atlantik: Phänomenologie Katja Scholtz, Das Meeresrauschen, S. 43.

Anmerkungen von mir: Die Vision der individuell gemischten Arznei, übergangsweise Präparate für Frauen, Männer und Kinder. Der Hausarzt hat zu wenig Zeit für seine Patienten: „Gespräche werden nicht bezahlt.“ Das Programm BERN: „Behaviour, Exercise, Relaxation, Nutrition; auf Deutsch und ausformuliert: für gesundes und stressreduzierendes Verhalten, genügend Bewegung, regelmäßige innere Einkehr und Entspannung sowie gesunde Ernährung.“ „Im schlimmsten Fall wird der Mensch auf ‚Schulter‘ oder ‚Magen‘ reduziert und ist nicht mehr ein komplexes Wesen, an dem vieles noch gut funktioniert.“ Quelle: Tobias Esch, Professor in Witten-Herdecke. „Wenn es nach mir ginge, müsste es“ „neben dem Hausarzt einen ‚Haus-Therapeuten’ geben‘“, sagt der Therapeut Danny Awad, einen „Lebensstilförderer“. Leider taucht in dem Artikel das Wort Selbsthilfegruppe nicht auf: Andrea Freund, „Finde den Arzt in dir – Viel wird darüber diskutiert, wie man die Gesundheitsversorgung effizienter machen kann. Die Universität Witten/Herdecke verbindet seit Jahren die Behandlung von Krankheiten mit einem Kurs in Prävention. Das soll das System und die Hausärzte entlasten – und Patienten schneller fit machen. Eine Visite“, S. 15.

EU-Parlamentarier „wollen Macher generativer KI-Systeme wie ChatGPT verpflichten, ihre Werke als maschinell erstellt zu kennzeichnen“ (Piotr Heller, „Künstler in der KI-Falle – Wo Maschinen lernen, Bilder zu malen und Texte zu verfassen, stößt das Urheberrecht an seine Grenzen“, S. 53).

Nur Überschriften: „Die Insel der Texte – Auf Elephantine lebten einst Menschen verschiedener Herkunft – und hinterließen große Mengen an Schriftstücken, die über sie Auskunft geben“, S. 54/55. Und „Virtuelle Papyrologie – Forscher suchen nach Möglichkeiten, antike Schriftrollen zu lesen, ohne sie vorher zu öffnen“, S. 55. Autor jeweils Ulf von Rauchhaupt.

Schon bei den ersten Werkssiedlungen im 18. Jahrhundert und später ging es „nicht nur darum, dass die Menschen ein Dach über den Kopf hatten, gleichzeitig wollte man die Arbeiter abhängig halten und sie kontrollieren“. „Die Vorstellung war: Wenn die Leute ein eigenes Häuschen haben, sind sie solider, sparen mehr, anstatt dass die Männer dauernd ins Wirtshaus gehen. Sie politisieren nicht, sind weniger anfällig für radikale Ideen.“ „Die Hoffnung war, wer Eigentum hat, wird bürgerlicher.“ An der Bundestagsdebatte um das 2. Wohnungsbaugesetz von 1956 (eigene Anmerkung: KPD-Verbots-Jahr) „erkennt man schnell, dass der Grundbesitz als Bollwerk gegen den Kommunismus angesehen wurde“. Haus contra Wohnung: Für „die großen Wohnungsbauprogramme in den Zwanziger- und Dreißigerjahren steht die Sozialdemokratie. Und die DDR, das Konkurrenzsystem, setzte ebenfalls auf Wohnungsbau“. „Das passte auch zum traditionellen Familienbild der Adenauer-Regierung: Der Mann ist das Familienoberhaupt und der Ernährer, die Frau führt den Haushalt, schafft ein gemütliches Heim und umsorgt die Kinder. Im Krieg hatten die Frauen viel an Autonomie gewonnen. Es galt also, dies auszubremsen und patriarchalische Gesellschaftsmuster wieder aufzubauen.“ Die „Sehnsucht nach dem frei stehenden Haus mit Garten“ hat damit zu tun, „dass Deutschland lange einen stark bäuerlichen Charakter hatte“. Doch „die beste Form“ zu wohnen? „Als Architektin sehe ich das anders. Mit Blick auf die Klimakrise sollte möglichst wenig Fläche zugebaut und der leere Altbestand umgenutzt werden.“ Die Perspektive: Wohnungen bitte nicht als „reine“ Kapitalanlage. „Wohnungsbau soll den Menschen dienen, und Architekturschaffende haben durchaus die nötige Phantasie, mit den Nutzern attraktive neue Wohnformen zu entwickeln. Denn dort, wo sie mitreden, sehen die Ergebnisse ganz anders aus.“ Aber ist das auf breiter Fläche im Kapitalismus zu schaffen, frage ich mich: Birgit Ochs, „Das Häuschen im Grünen – Ein Einfamilienhaus ist mehr als nur privater Wohnwunsch. Dahinter steckte in der Geschichte der Bundesrepublik auch ein politisches Programm, sagt die Architekturprofessorin Alexandra Staub“, S. 32. Brigitte fällt auf, dass das – mich an Gauguin erinnernde – Bild („Foto Bridgeman“) eine Idylle aus England abbildet: Mutter, die Erbsen pult, der Vater schneidet die Hecke, Töchterchen gießt Blumen, Sohnemann fegt. „Solche Fenster haben wir nie gehabt.“ Blick in den Garten mit Hund.

Da fällt es den FAS-Autoren Patrick Bernau und Stephen-John Swierczyna wie Schuppen aus den Haaren: „Zocken uns die Firmen ab? – Die Preise steigen. Das liegt nicht mehr bloß am teuren Gas. Auch die Unternehmen machen mehr Gewinn“, S. 29.

Highlight: Der Artikel zum Wohneigentum

Personen:
Konrad Adenauer
Danny Awad
Annalena Baerbock
Patrick Bernau
Helene Bubrowski
Mohamed A. El-Erian
Tobias Esch
Anrea Freund
Paul Gauguin
Piotr Heller
Birgit Ochs
Jewjgenij Prigoschin
Wladimir Putin
Vivek Ramaswamy
Ulf von Rauchhaupt
Friedrich Schmidt
Katja Scholtz
Konrad Schuller
Alexandra Staub
Stephen-John Swierczyna
Donald Trump
Matthias Wyysuwa

 

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