Was steckt hinter dem geplanten Abriss der Schule auf der Hardt?

Stadtverwaltung, Kernbündnis und GMW wollen öffentliches Vermögen im Schnellverfahren zerstören.

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Die lokale Presse hat mehrfach berichtet, Leser mischten sich kritisch ein und nun ist es auch prominentes Wahlkampfthema: Die ehemalige pädagogische Hochschule auf der Hardt soll abgerissen werden.

Auf der Grundlage der Ratsvorlage VO/0474/20  plädierte der Rat der Stadt mehrheitlich für den Ankauf des Gebäudes mit anschließendem Abriss. Was steht in der Ratsvorlage? Sind die dort vorgetragenen Argumente schlüssig?

Vorgetragen wird ohne Begründung, dass wegen der notwendigen Gesamtsanierung des Ganztagsgymnasiums Johannes Rau und der Gesamtschule Else Lasker-Schüler der Komplex bzw. die Fläche der ehemaligen Justizvollzugsschule des Landes NRW auf der Hardt für die Schaffung eines Ersatzquartiers benötigt wird. Das ist nur teilweise richtig. Denn die Reparaturen an der Else Lasker-Schüler Gesamtschule hätten schon längst beginnen können. Fenster austauschen und Toilettenanlagen sanieren zu müssen ist kein Umzugsgrund. So etwas kann in den großen Ferien passieren. Hier wird auf eine ganze Schulgemeinde unsinniger Druck ausgeübt, die Schüler müssen unwürdige und gefährliche Bedingungen jahrelang ertragen, damit ein ganz anderes Vorhaben gerechtfertigt werden kann: Die Aufgabe des Schulstandortes auf der Hardt.

Der Abriss inklusive die Errichtung einer Containeranlage, in der die Schülerinnen und Schüler für mindestens sechs Jahre hausen sollen, wird in der Ratsvorlage im Wesentlichen mit einer Schadstoffbelastung der ehemaligen Pädagogischen Hochschule begründet. „Das Gebäude ist bedingt durch das Baujahr 1968 und die später stattgefundene Instandhaltung als potentiell asbestbelastet zu bewerten. Bei Beprobungen (im Rahmen der erforderlichen Arbeiten der Beseitigung der Unwetterschäden 2018) konnten Bereiche mit und ohne Asbestbefund in Putzflächen nachgewiesen werden. Jegliche Umbau- und Instandhaltungsarbeiten wären unter diesem Eindruck zu planen und umzusetzen, was die Arbeiten erheblich verlangsamt und die Kosten erheblich erhöht.“ Die „Herrichtung für 6 Jahre (mit Risiken)“ wird dann vom GMW ohne jede weitere Kalkulation mit Kosten zwischen 2,3 bis 15 Mio Euro geschätzt.

Das Gebäude stammt tatsächlich aus dem Jahr 1958, schon hier erweist sich, abgesehen von der ungeuerlichen Kostenschätzung, eine grandiose Schlampigkeit im Umgang mit Fakten durch das GMW, namentlich durch Herrn Lehn und Herrn Dr. Flunkert, die als Verantwortliche für die Ratsvorlage zeichnen und durch den Stadtdirektor Slawig, der das Dokument ebenfalls „genehmigte“.

Aber nun zu der „potentiellen“ Asbestbelastung. Richtig ist, dass in einem Viertel aller Gebäude in der Bundesrepublik Deutschland, die zwischen den Jahren 1960 und 1995 gebaut und renoviert wurden, asbesthaltige Putze, Kleber und Spachtelmassen benutzt wurden. Der Sachverhalt ist seit langem bekannt und wurde z.B. vom Verband deutscher Ingenieure (VDI) in entsprechenden technischen Hinweisen im Jahr 2015 umfassend dargelegt. Es folgten 2019 Handlungsempfehlungen des Arbeitskreises der Gebäude- und Immobilienwirtschaft des Städtetages NRW. Die Stadt Herne hat im März 2020 eine entsprechende Richtlinie, herunterzuladen unter www.herne.de › handlungsanleitung_asbest_in_psf, zum Umgang mit diesen Spachteln für Handwerker, die Sanierungsarbeiten ausführen, herausgegeben.  Allen diesen technischen Hinweisen ist eines gemeinsam: sie empfehlen nicht den Abriss des Gebäudes, sondern beschreiben geeignete Sicherheitsvorkehrungen für Sanierungsarbeiten. Solange am Putz keine Arbeiten ausgeführt werden, besteht auch keine Gesundheitsgefährdung, da die abesthaltigen Stoffe fest eingebunden sind.

Das Gebäudemanagement der Stadt Wuppertal zusammen mit dem Oberstadtdirektor Slawig ignoriert den Stand der technischen Auseinandersetzung mit der Problematik und behauptet vollkommen unbegründet einen Bedarf an Schadstoffsanierung, der dann so teuer sein solle, dass das Gebäude abgerissen werden müsste. Insofern ist die Ratsvorlage nicht nur nicht auf dem neuesten Stand, sondern sie verstößt gegen den allgemeinen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit des kommunalen Handelns.

Auch die weitere Auflistung der Baumängel in der Ratsvorlage begründet letzlich nicht den geplanten Abriss. Wasserleitungen, Abwasserleitungen sowie die Regenentwässerung müssen erneuert werden. Ja, haben die denn keinen Bagger beim GMW? Und kennen sie keine Klempner? Dann müssen der Fernwärmeanschluss repariert und die Heizungsanlage ausgetauscht werden. Und so geht es munter weiter. Letztlich geht es um Reparaturen, die die Bausubstanz nicht betreffen. Wer bitte reißt sein Haus ab, wenn die Fenster undicht sind?

Interessanterweise wird die positive energetische Situation des Gebäudes ganz verschwiegen. Auf dem Dach befindet sich eine Photovoltaikanlage, die größte, die das BLB in der Region betreibt. Dann der vorhandene Fernwärmeanschluss. Hier bietet sich die Möglicheit, mit einigen Investitionen ein Niedrigenergiegebäude zu betreiben – ohne Abriss und Neubau. Und interessanterweise verschweigt das gerade die Partei, die sich „grün“ nennt. Der OB-Kandidat für das Kernbündnis, ein „ausgewiesener Nachhaltigkeitsforscher“ schweigt auch dazu. Nicht sein Thema?

Und nicht zuletzt behauptet Herr Lehn vom GMW noch, die Zeit dränge und daher müssten Asbestsanierungs- und Abrissarbeiten nun ganz schnell ohne Ausschreibungen begonnen werden.  Das ist einfach rechtswidrig.

Es drängt sich schon der Verdacht auf, dass die Schule auf der Hardt aus ganz anderen Gründen abgerissen werden soll als den in der Ratsvorlage genannten. Schon im Jahr 2014 wollte die CDU an diesem Platz „hochwertige Wohnbebauung“ realisieren. Eine Neuauflage des Plans würde auf den Rücken aller beteiligten Schülerinnen und Schüler, Lehrer und Eltern, letztlich aller Bürger, die das neue Millionengrab des GMW finanzieren sollen, durchgeführt. Um diesen häßlichen Verdacht auszuräumen, sollten das GMW, die CDU und Grünen-Fraktionen sowie die Verwaltungsspitze der Stadt ganz schnell und transparent zum oben geschilderten Sachverhalt Stellung nehmen. Besser noch – den Ratsbeschluss rückgängig machen. Wegen erheblicher fachlicher Mängel in der Beschlussvorlage.

 

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