Unterwegs im Ferienzirkus

Für eine Woche sind Clarissa, Ben und Nicole Zirkusartisten. Mit 44 Kindern üben sie im Wuppertaler Gemeindezentrum Nächstebreck Akrobatik, Fadenspiele und Jonglage.


In unserer Sommerreihe „Unterwegs für andere“ stellen wir Menschen aus unserem Kirchenkreis vor, die sich für diejenigen engagieren, die gerade keinen Urlaub machen können. Dazu gehören Clarissa, Ben und Nicole (v.l.). Sie gestalten den Ferienzirkus des Jugendreferates mit.

„Sag mal Nicole, wie ging noch mal der Hexenbesen?“ „Ich will den Eiffelturm üben, aber irgendwie klappt das nicht.“ Nicole Gerlach steht mit einigen Kindern auf der Spielwiese vor dem evangelischen Gemeindezentrum Nächstebreck in Wuppertal. Eigentlich ist die Pause zum Toben, Schaukeln und Spielen gedacht.

Doch die Kinder hat der Ehrgeiz gepackt. Sie wollen die Fadenspiele, die sie am Ende des Ferienzirkus vor Eltern und Nachbarn aufführen, möglichst professionell präsentieren. Die 18-jährige Schülerin hilft und übt auch selbst. „Das Herz finde ich noch schwierig“, meint sie und lacht, als ihre Fäden eher eine Eier- als Herzform annehmen.

Nicole engagiert sich schon zum zweiten Mal als Teamerin im Ferienzirkus, den das Jugendreferat des Wuppertaler Kirchenkreises in diesen Sommerferien mit zwei Kirchengemeinden und dem CVJM anbietet. Nicole ist eine von insgesamt 14 Ehrenamtlichen, die eine Woche lang 44 Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren betreuen. Der Ferienzirkus fand bereits in den Sommerferien 2019 und 2021 statt.

Üben macht hungrig

Clarissa hilft in der Küche.

Auch Clarissa Kluge ist wieder dabei. „Ich habe den Zirkus schon als kleines Kind geliebt“, erzählt sie, „und bin deshalb genauso begeistert wie die Kinder hier.“ Die 22-Jährige arbeitet in einer Werkstatt für Menschen mit Beeinträchtigung und hat für das Zirkusprojekt frei bekommen. Sie hilft diesmal in der Küche, denn zum Ferienzirkus gehört auch ein tägliches Frühstück und Mittagessen.

Für Ben Bormann ist es dagegen der erste Ferienzirkus, den er als Teamer betreut. „Eigentlich wäre ich schon längst in Neuseeland, wo ich in einem Kirchenprojekt mitarbeiten und anschließend ‚Work and Travel‘ machen möchte“, erzählt er. Doch das derzeitige Bahn- und Flugchaos hat dafür gesorgt, dass er sein Auslandsjahr nach dem Abitur nicht wie geplant antreten konnte. „Ich fliege jetzt erst im August und habe daher Zeit, hier noch etwas für und mit Kindern zu machen.“

Pyramiden: eine Vertrauenssache

Wie fühlt es sich an, oben zu stehen? Ben (rechts) probt mit anderen Teamern.

Auf dem Einführungstag konnte der 18-Jährige erproben, was zu ihm passt: Jonglieren, Akrobatik, Clownerie, Zaubern oder Seiltanz. „Das Jonglieren fand ich super, aber richtig schwierig“, sagt er. Das ganze Wochenende habe er noch geübt, sich dann aber entschieden, lieber die Akrobatikgruppe zu betreuen.

Dort komme es nicht nur auf Geschicklichkeit und Konzentration, sondern vor allem auf Vertrauen an, meint Ben. „Wenn wir menschliche Pyramiden bauen, muss ich mich darauf verlassen können, dass die anderen mich halten. Das ist echte Teamarbeit.“ Er hat es selbst ausprobiert. Jetzt unterstützt er die Kinder dabei, aufeinander zu klettern und sich gegenseitig zu halten.

Stolz auf jeden Lernschritt

Nicole (Mitte) zeigt Jeremy, Max, Jonas und Felix einige Fadenspiel-Figuren.

Ich bin echt beeindruckt, wie diszipliniert und begeistert alle bei der Sache sind“, ergänzt Nicole. In ihrer Kirchengemeinde engagiert sie sich vor allem für die Konfirmanden. „Teenies in der Pubertät zu begeistern ist viel schwieriger. Die kids hier sind total offen und zeigen mir immer stolz, was sie gerade üben und gelernt haben. Das macht einfach Spaß.“

Jeder hilft hier jedem, damit alle glänzen können

Ein bisschen Wettkampf, Rangelei und Streit, um Aufmerksamkeit zu bekommen, gibt es freilich auch. Aber die Konflikte seien schnell beigelegt, weil sich alle als Team verstünden und das Ziel hätten, am Ende der Woche eine gute Aufführung zu präsentieren. „Jeder hilft hier jedem, damit alle mit ihren jeweiligen Fähigkeiten glänzen können“, erklärt Nicole.

Wertschätzung statt Konkurrenz

Arme hoch für den Ferienzirkus: KInder und Teamer sind begeistert.

Jugendreferatsleiterin Bettina Hermes bezeichnet das als „Atmosphäre der Wertschätzung statt Konkurrenz“. Sie ist ausgebildete Zirkuspädagogin und überzeugt davon, dass der Ferienzirkus sehr gut zur evangelischen Kinder- und Jugendarbeit passt. „Vor Gott sind alle Menschen gleich und mit ihren Fähigkeiten und Eigenarten geliebt. Das erfahren die Kinder beim Einüben der Zirkusnummern, beim gemeinsamen Essen, Singen und Hören von biblischen Geschichten.“

Und zwar, so betont Bettina Hermes weiter, egal, in welchen Familien sie aufwachsen würden, wie viele Freunde sie hätten und ob sie gut in der Schule seien oder nicht. „Manche Eltern rechnen schon bei der Anmeldung damit, dass ihre Kinder den Ferienzirkus nicht durchhalten. Das war bisher noch nie der Fall.“

Text und Fotos: Sabine Damaschke

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