WSV 2.0 – Ohne Insolvenz keine Rettung

Gibt es noch Hoffnung für den WSV? Im Prinzip ja, aber der Weg zu einer gesicherten Zukunft führt über Insolvenz, Zwangsabstieg und Neuaufbau. Davon ist die Gruppe namhafter Wuppertaler überzeugt, die sich unter dem Namen „Initiative WSV 2.0“ zusammengefunden hat.

2.0 – das verheißt einen radikalen Neuanfang. Und damit stehen die Initiatoren um Jürgen Harmke, im Hauptberuf Pressesprecher der Sparkasse, und Jörg Wolff, Geschäftsführer der Information Consulting Group GmbH ICG, für einen Kurs, der der vom derzeitigen Vorstand vorgegebenen Linie vollständig widerspricht. Und so war es auch nur konsequent, dass Vereinspräsident Klaus Mathies („Ich kann das Wort Neuanfang nicht leiden“) und sein Vize Tobias Gebert zur Auftakt-Pressekonferenz der „Initiative WSV 2.0“ gar nicht erst eingeladen wurden, von Ex-Präsident Friedhelm Runge ganz zu schweigen.

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Die Mitglieder der „Initiative WSV 2.0“.

Auch zu anderen Gruppen, die sich derzeit um die Rettung des WSV bemühen, hält die neue Initiative bewusst Abstand. Denn der Ansatz, den sie verfolgt, ist so weitgehend, dass er zu keinem anderen Konzept kompatibel erscheint. Er führt über Insolvenz und Zwangsabstieg zu einem mühevollen Wiederaufbau.

Der Grund für den Gang zum Amtsgericht ist die zerrüttete Finanzlage des Vereins. Die aktuellen Verbindlichkeiten des WSV schätzt die Initiativgruppe auf rund vier bis fünf Millionen Euro. Auch wenn wider Erwarten ein neuer Großsponsor auftauchen sollte, würde das den Schuldenberg nur unerheblich reduzieren. Jürgen Harmke: „Aus unserer Sicht rettet das den Verein nicht. Es kann nur darum gehen, die Stunde Null sehr schnell herbeizuführen. Wir müssen in die Lage versetzt werden, frei von Altlasten neue Perspektiven für diesen Verein nicht nur aufzeigen sondern auch leben zu können. Aus unserer Überzeugung geht das nur über das Thema Insolvenz.“

Jürgen Harmke (l.) und Jörg Wolff sehen den WSV auf der „Intensivstation“

Jürgen Harmke ist bewusst, dass dieser Weg schmerzhaft sein wird und dass Arbeitsplätze wegfallen. Allerdings, so Betriebswirt Jörg Wolff, handelt es sich bei den meisten der rund siebzig Vereinsmitarbeiter um geringfügig Beschäftigte. Auch die sportlichen Folgen einer Insolvenz tun weh, denn sie hätte den Zwangsabstieg in die Oberliga zur Folge.

Die langfristigen Ziele der neuen Gruppe sind ehrgeizig und wurden von Harmke in einem plakativen Satz zusammengefasst: „Wir wollen den WSV wieder in der Sportschau sehen.“ Eine Stadt wie Wuppertal müsse einen „TV-relevanten Fußballverein“ haben. Den Weg dahin will die Initiative mit drei Kernkompetenzen wuppen, die dem Verein nach Einschätzung Harmkes derzeit fehlen: Professionalität, Seriosität, Perspektive.

Der Grundstein für den Neustart soll die von Vereinsmitgliedern erzwungene außerordentliche Mitgliederversammlung legen. Die könne ab dem 18. Mai stattfinden. Ein neuer Verwaltungsrat könne dann aus seiner Mitte einen neuen Vorstand wählen. Die nächste Deadline ist der 30. Juni, denn bis zu diesem Zeitpunkt muss die Insolvenz beantragt werden. Eine Verzögerung der aus Sicht der Initiative WSV 2.0 unvermeidlichen Insolvenz über dieses Datum hinaus hätte den Zwangsabstieg erst in der übernächsten Saison zur Folge. Die Konsequenz wäre eine weitere Verschleppung des Neuanfangs. Jörg Wolff ist sich übrigens  sicher, dass die Fans dem Verein auch in der Oberliga die Treue halten werden: „Wir erwarten nicht, dass es zu Zuschauerabwanderungen kommt.“

Der Finanzplan für die Zeit nach der Insolvenz konnte von Jörg Wolff und seinen Mitstreitern nur grob umrissen werden, da ein Einblick in die Bücher des WSV nicht möglich gewesen sei. Aufgrund von Schätzungen und vergleichbaren Etats anderer Vereine geht die Initiative davon aus, dass das Budget bei jährlich nur noch 814.000 Euro liegen wird. Drastische Einsparungen wird es im Managementbereich geben. Der entsprechende Budgetposten wird von derzeit rund 350.000 auf nur noch 72.000 Euro reduziert. Für die 1. Mannschaft werden rund 280.000 Euro zur Verfügung stehen. Der Jugendbereich soll von den Kürzungen möglichst wenig betroffen sein, hier sind knapp 120.000 Euro eingeplant.

Den Ausgaben steht etwas mehr als eine halbe Million Euro an Ausgaben gegenüber. Insgesamt besteht derzeit also noch eine Deckungslücke von 280.000 Euro, die nach der Mitgliederversammlung durch weitere Sponsoren geschlossen werden soll.

Unter dem Dach der „Initiative WSV 2.0“ haben sich eine ganze Reihe bekannter Wuppertaler Persönlichkeiten zusammengefunden. Mehrere davon sind schon in der Vergangenheit für den Verein tätig gewesen oder waren in der Fanszene aktiv. Neben Jürgen Harmke und Jörg Wolff stehen für Verwaltungsrat bzw. Vorstand zur Verfügung: Thorsten Dohrs, Alexander Eichner, Dr. Uwe Flunkert, Verena Imhof, Stefan Kirschsieper, Uli Krauss, Arndt Krüger, Thomas Lenz, Detlef Lindhorst, Christian Maly, Barbara Neusel-Munkenbeck., Thomas Richter, Dirk Sachsenröder, Stefan Schey, Lothar Stücker, Jens Thelen und Achim Weber.

Wie es mit der Initiative weitergeht, wird man künftig unter www.initiative-wsv.de verfolgen können.

Ex-Präsident Friedhelm Runge hält erwartungsgemäß nichts von der Idee, den Verein aus der Oberliga heraus wieder nach oben zu führen. Freiwillig solle man nie eine Liga zurückgehen, sagte er dem Portal Reviersport.de. Die neue Initiative bezeichnete er als „große Kirmesgesellschaft“.

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Fotos: Georg Sander

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