Sorgen um „Made in Germany“

"Made in China 2025" soll der Auftakt zu Chinas globalen Marktführerschaft bei Zukunftstechnologien sein. Aber in Deutschland - also auch in Wuppertal - droht Deindustrialisierung wegen Innovationsschwäche. Darum geht es in dem bisher unveröffentlichten Leserbreif an die WZ.

Leserbief zu „Industrie in NRW verliert jeder Monat 2100 Jobs“ vom 08.12.2025 und „Wadephul sorgt sich um deutsche Innovation“ vom 10.12.2025

Welche Sorgen sollten wir uns um die Innovation bei uns machen?

Wie es scheint, spricht unser Außenminister bei allen kritischen Auslandsbesuchen eine für unsere Bundedesregierung unangenehme Wahrheit aus. Auf die CDU-Schelte nach seinem Syrienbesuch könnte jetzt eine weitere nach seien Chinabesuch kommen. Seine Aussage „Wenn es um Zukunftstechnologien geht, ist China Vorreiter, und … unser stärkster Konkurrent“ weist auf tiefere Gründe für eine bedrohliche Lage unserer Wirtschaft hin. Einen Rückstand gegenüber China bei Seltenen Erden, batteriegetriebenen E-Fahrzeuge und autonomem Fahren. Diese Rückstände könnten sich auch auf dem deutschen Arbeitsmarkt bemerkbar machen.
Laut der Überschrift eines WZ Artikels verliert NRW pro Monat 2.100 Arbeitsplätzte. Also im Jahr dann 25.200 und in fünf Jahren 126.000 Jobs, wenn sich nichts ändert. Vielleicht ist das nicht schlimm, weil ohnehin zu erwarten ist, dass die Anzahl der Einwohner im arbeitsfähigen Alter sinkt. die für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Von Ende 2023 bis Ende 2024 nahm die Anzahl der Einwohner mit einem Alter von 45 bis 65 Jahren um rund 66.000 ab, in der Altersgruppe vom 19 bis unter 45 Jahren um rund 11.000 zu. Das sieht erst einmal nicht bedrohlich aus.
Das ändert sich beim Lesen dieses Artikels, in dem von Deindustrialisierung die Rede ist. In der Chemischen Industria haben die Unternehmen nur noch eine Auslastung von 70 Prozent, 2.100 Jobs pro Monat gehen pro Monat allein in der Metall- und Chemieindustrie verloren, Und die Ankündigung, dass bei Thyssenkrupp von den 26.00 Arbeitsplätzen möglicherweise nicht nur 11 wegfallen, sondern 1.200 mehr, wirkt nun doch bedrohlich. Und dazu kommen noch 3.900 Stellen beim Autobauer Ford. Hier lässt die Autokrise grüßen.
Merkwürdigerweise ist beim schwedischen Autobauer Volvo von Krise keine Rede. Er ist auch gegen die Aufweichung des Verbrenneraus in der EU. Er gehört allerdings zu knapp 80 % einem chinesischen Unternehmen. Das macht wohl den wesentlichen Unterschied. China hatte keine etablierte Autoindustrie mit Verbrennermotoren. So konnte es eine Autoindustrie aufbauen die den aktuellen Nachhaltigkeitsanforderungen genügt. Und der frühe, konsequente Einstieg begünstigte den Bau von E-Autos. Wie es scheint hat die deutsche Autoindustrie versucht, das Nachhaltigkeitsproblem auszusitzen, und dabei nicht einmal davor zurückgeschreckt, Behörden zu täuschen und Kunden zu betrügen. Am Ende wurde das sehr teuer.
Aber selbst, wenn das Verbrenneraus in der EU hinausgezögert wird, ist die deutsche Autoindustrie nicht sicher aus dem Schneider. Auch beim Hybridantrieb könnte sie abgehängt werden. Der japanische Autobauer Mazda bietet nämlich einen „seriellen Hybrid“ an: Die Vorderachse wird von einem Elektromotor angetrieben, und der nicht der Batterie entnommene Strom wird von einem Wankelmotor erzeugt. Dieser liefert im Gegensatz zum Hubkolbenmotor direkt die Drehbewegung, die für Stromerzeugung erforderlich ist, und für das Fahrverhalten ist der Elektromotor zuständig. Das könnte ein wesentlicher Fortschritt sein.
Möglicherweise ereilt die deutschen Autofirmen ein Schicksal, das zuvor schon viele erfolgreiche innovative Firmen ereilt hat: Weil sie sich nicht rechtzeitig auf eine völlig neue Technologie umstiegen, sind sie ganz vom Markt verschwunden – wie die Mixdorf Computer AG. Vielleicht sind Versuche vergebens, die deutsche Autoindustrie durch weitere finanzielle Unterstützung zu retten. Deshalb könnte es ratsam sein, dass der Bund sich genau überlegt, ob er „schlechtem“ Geld noch weiteres hinterherwerfen will.
Keine Probleme scheint hingegen BMV zu haben. Dort folgt an der Spitze ein bisheriger Produktionsleitern einem ehemaligen Produktionsleiter nach. Vermutlich kommt es für den nachhaltigen Erfolg eines technischen Unternehmens auch drauf an. dass der Chef etwas von der Produktion versteht. BMW baut in Deutschland Verbrenner und Hybride, aber seine reinen E-Mobil in einem neuen Werk in Ungarn. Politisch ist das riskant, aber BMW schätzt wohl die Chancen als größer ein als die Risiken. Diese breite Palette angebotener Antriebe vermindert die Gefahren für die Weiterexistenz von BMW in der aktuellen Umbruchsituation. Deutschland bleibt als Standort der Forschung und Entwicklung im Automobilbereich erhalten, und vermutlich fällt auch etwas für die Zulieferfirmen ab.
Was Wadephul beeindruckt hat, war nicht chinesische Propaganda, sondern das, was er bei seinem Besuch in der der Industriemetropole Guangzhou auf den Straßen erlebt hat. dazu gehören auch autonom navigierende E-Fahrzeuge im Straßenverkehr. In Wuppertal gibt es zwar auch einen Studiengang „Automotive“ für Wirtschaftsingenieure und die Entwicklung künstlicher Intelligenz für autonomes Fahren bei den Elektrotechnikern, aber die Teilnahme von KI-gesteuerten Autos am Straßenverkehr ist bei uns noch Zukunftsmusik. Wenn autonome Fahrzeuge bei uns zugelassen werden, können chinesische Unternehmen mit erprobten Modellen den Markt erobern.
Nach Wadephuls Meinung schafft es Deutschland nicht, immer, aus Spitzenforschung praktische Lösungen zu entwickeln. Nach der bei uns herrschenden Wirtschaftsideologie ist das auch nicht die Aufgabe von Spitzenmanagern, sondern nur die Vergrößerung des Vermögens der Investoren. Das ist offensichtlich eine für unsere Gesellschaft schädliche Priorität. Wenn nicht ein Ruck durch die Firmenleitungen aller Kapitalgesellschaften geht, durch den Innovationen verhindernde „Denkverbote“ abgeschafft werden, ist wohl angesichts des unbeantworteten Innovationsdrucks ein Abstieg der deutschen Industrie in die dritte Wirtschaftsliga unvermeidlich.

Rüdiger Blaschke, Wuppertal, Am Uellenberg

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