Salafisten im Bergischen

Editorial der Bergischen Blätter, Ausgabe 09.2012

Wir kennen sie alle: Meist ältere Menschen, die mit der Zeitschrift „Wachtturm“ auf der Straße stehen oder auch schon mal an der Haustür geklingelt haben, um uns ihre religiöse Sicht – die der Zeugen Jehovas – darzulegen. Bedroht fühlt sich dabei keiner.
Derzeit ziehen nun auch Moslems in die Innenstädte, um kostenlose Ausgaben des Korans zu verteilen. Eigentlich sollte das auch nicht weiter schlimm sein, denn einen Blick in den Koran zu werfen sollte grundsätzlich genauso wenig schaden, wie in der Bibel zu lesen.
Sollte. Denn die Hintergründe wiegen weit schwerer, da die Bücher nicht einfach nur von gläubigen Moslems verteilt werden, sondern in vielen Fällen der radikal-islamistische Salafismus dahinter steht.
Der ist im Bergischen Land und vor allem in Solingen seit gut einem Jahr in vieler Munde. Denn die Millatu-Ibrahim-Moschee in der Konrad-Adenauer-Straße hat sich als salafistisches Zentrum herausgestellt – und ihre Mitglieder kommen immer wieder in die Schlagzeilen. Das begann mit den beiden Solingern, die am Londoner-Flughafen festgenommen wurden und endet noch lange nicht bei einem Hassprediger, der in Österreich inhaftiert war und gerne auch mal in Solingen auftaucht. Dazwischen liegen verbale und tätliche Angriffe auf Journalisten, die mehr über die Moschee und ihre Mitglieder wissen wollten.
Doch was macht den Salafismus so gefährlich? Es ist vor allem die wortwörtliche Auslegung des Korans und die Absicht, die Scharia einführen zu wollen. Auch wenn das – zumindest in Deutschland – meilenweit entfernt ist, steht die Absicht alleine schon dafür, dass die Verfechter dessen den deutschen Rechtsstaat nicht anerkennen.
In Solingen hat sich ein breites Bündnis gegen radikale Strömungen zusammengeschlossen, dem auch viele Muslime und muslimische Einrichtungen angehören. Gemeinsames Ziel des Bündnisses, das von Oberbürgermeister Norbert Feith unterstützt wird, ist es, aufzuklären – und zwar nicht nur über die Salafisten, sondern auch über rechte Parteien wie Pro NRW, die auf den Zug aufspringen und die Bürger noch weiter verunsichern wollen. Wird dieser gemeinsame Kampf nicht im Wahlkampf zerrieben, könnte Solingen noch weiter an Profil in Sachen „Integrationsstadt“ gewinnen. Die ist seit dem Brandanschlag vor 19 Jahren erklärtes Ziel.

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