Gedenkfeier für Nikolai Rudakow, Peter Orlow und Wladimir Igumenko

In Erinnerung an die vor 75 Jahren von der Wuppertaler Gestapo in Wülfrath-Rützkausen erhängten Wuppertaler Zwangsarbeiter. Nichts und Niemand ist vergessen!

Gedenkfeier für Nikolai Rudakow, Peter Orlow und Wladimir Igumenko

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Zum ersten Mal seit 75 Jahren wurde an die Erhängung von drei Wuppertaler Zwangsarbeitern in Wülfrath-Rützkausen erinnert. Nach Auskunft eines glaubwürdigen Anwohners befindet sich der historische Ort der Hinrichtungen zwischen Wülfrath und Velbert (siehe Plan) in einem Wäldchen, das Bauer Ditzhaus gehörte. Von Velbert auf der Mettmannerstr. kommend führt nach dem Autohaus Winzen links ein Feldweg in das kleine Eichen-Wäldchen. Das Wäldchen ist jetzt im Besitz von Rheinkalk bzw Lhoist.

Der Wald von Bauer Ditzhaus war von der Wuppertaler Gestapo nach Aussage eines Kriminalbeamten für Hinrichtungen freigegeben. Damit war das Wäldchen in Rützkausen neben dem Burgholz in Wuppertal die zweite Hinrichtungstätte der Wuppertaler Gestapo. Die Gesamtzahl der Opfer ist nicht bekannt.
Warum die Wuppertaler Gestapo für die Tötung von Wuppertaler Zwangsarbeitern eine so abgelegene Stelle in Rützkausen wählte, ist uns noch unerklärlich.

Für das Gedenkjahr 2020 – 75 Jahre Befreiung vom Nationalsozialismus – regt unser Geschichtsverein die Aufstellung einer Gedenktafel an dem historischen Ort der Hinrichtungen an. Wir werden rechtzeitig Kontakt mit Lhoist aufnehmen und versuchen, auch die Städte Wülfrath und Velbert und die hiesigen politischen Verbände für das Erinnerungsprojekt zu interessieren.

Am 11. Mai 1944 erhängte die Wuppertaler Gestapo im sog. Fudikars Wald bzw. im Wald des Bauern Ditzhaus in Wülfrath-Rützkausen im Abstand von jeweils 20 Minuten drei Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion. Der Wald von Bauer Ditzhaus war für solche Hinrichtungen von der Wuppertaler Gestapo freigeben worden. Später nutzte die Wuppertaler Gestapo auch das Waldgebiet Burgholz als Hinrichtungsstätte.

Alle drei sowjetischen Zwangsarbeiter waren aus dem Jugendlager in der Schule Kleestraße in Wuppertal-Heckinghausen:


– Nikolai Rudakow, 28.8.1925, aus dem russischen Woronesch

– Peter Orlow, 10.7.1927, aus dem ukrainischen Kamenez-Podolsk

– Wladimir Igumenko,  4.4.1926, aus dem ukrainischen Charkow


Warum die drei jungen Zwangsarbeiter von der Gestapo erhängt wurden, ist nicht bekannt. Die Kriminalpolizei vermutete nach dem Krieg – allerdings ohne belastbare Beweise – , dass sie wegen Plünderung nach einem Bombenangriff mit dem Tod bestraft wurden. Sicher ist hingegen, dass Wuppertaler Zwangsarbeiter mit LKWs extra nach Wülfrath gefahren wurden und den Erhängungen aus Abschreckungsgründen beiwohnen mussten.


Der damalige Jagd- und Forstaufseher von Bauer Ditzhaus, Hugo Bruckmann berichtete: „Es war nun am Nachmittag, als einige Lastautos in den Wald kamen, wo schon eine große Menschenmenge versammelt war. Auf diesen Autos befanden sich fast durchweg ausländische Arbeitskräfte, die bei der Hinrichtung als Zuschauer fungierten. (…) Der ganze Wald wurde nun bei der Hinrichtung von Polizei-Beamten abgesperrt. (…)  Nachdem eine große Menschenmenge versammelt war, (…) kam ein Lastwagen und brachte drei Russen, die an den bereits aufgebauten Galgen treten mussten. Nun wurde den Russen in drei Sprachen das Urteil verlesen. Nach dem Urteil mussten sich die Verurteilten auf einen Tisch stellen und wurden dann so erhängt, indem sie den Kopf in die Schlinge legen mussten und der Tisch oder das Gestell weggezogen wurde. Die Leichen wurden dann in eine Art Särge, welche mehr Kisten waren, getan und mit dem Lastkraftwagen abtransportiert.“ (Aussage Hugo Bruckmann vom 8.2.1949) 

Die Leichen der Erhängten wurde nach Hagen gebracht und am 13. Mai 1944 im dortigen Krematorium eingeäschert. Die Urnen bestattete man am 16. Mai 1944 auf dem kommunalen Friedhof in Hagen- Delstern im Sammelgrab 556.


Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei der Erhängung um eine sogenannte Sonderbehandlung der Wuppertaler Gestapo. Das NS-Regime hatte die Gestapo befugt, sog. Ostarbeiter, also ZwangsarbeiterInnen aus der Sowjetunion und polnische ZwangsarbeiterInnen nach Genehmigung des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA)  ohne Gerichtsverfahren zu exekutieren. Aus den im Stadtarchiv Wülfrath vorliegenden Sterbeurkunden ergibt sich, dass der Leiter der Wuppertaler Gestapo Josef Hufenstuhl die Todes-Beurkundungen beantragt hat. Als Todesursache war jeweils „plötzlicher Herzstillstand“ angegeben. 

Darüber hinaus wissen wir sicher von einer weiteren Hinrichtung im Wald von Bauer Ditzhaus. Ein polnischer Zwangsarbeiter, der in Langenberg eingesetzt war, wurde wegen angeblicher versuchter Vergewaltigung erhängt, weil er einer jungen Frau einen Milcheimer über den Kopf gestülpt haben soll.


Die ermittelnde Kriminalpolizei behauptete nach 1945 – wiederum ohne Belege – , dass die drei Zwangsarbeiter von einem ordentlichen Gericht zum Tode verurteilt worden seien und die Erhängungen daher rechtmäßig seien. Mittäter wurden daher nicht ermittelt. Der Verantwortliche für die Gestapo-Verbrechen in Wuppertal und Umgebung und daher auch für die Erhängungen im Wald von Bauer Ditzhaus, war Josef Hufenstuhl. Hufenstuhl, Jahrgang 1880, war Mitglied der SPD und arbeitete bereits vor 1933 als Kriminalkommissar in der politischen Abteilung der Kripo. Hufenstuhl war kontinuierlich bis Kriegsende in der Wuppertaler Gestapo-Außendienststelle tätig. Ab 1940 fungierte er als Dienststellenleiter und trug für die Zeit ab 1940 die volle Verantwortung für die Verbrechen der Wuppertaler Gestapo. Diese klare Zuordnung bewog Hufenstuhl möglicherweise zu seiner Entscheidung, sich kurz nach dem Einmarsch der Amerikaner selbst zu töten. Unklar ist, ob die Ermordung des Bauern Ditzhaus durch Zwangsarbeiter kurz nach der Befreiung mit den öffentlichen Hinrichtungen in seinem Wald zu tun hat.
 

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