Eiertanz um eine kommunale Verpackungssteuer nach Tübinger Vorbild

Statt einer klaren Ansage des Oberbürgermeisters: Rumgedruckse und Hinhaltetaktik.

Seit der Pflicht zum Vorhalten von Mehrwegverpackung bei Essen und Trinken zum Mitnehmen zum 1. Januar 23 bewegt mehr als ein Jahr danach die Akzeptanz auf Verbraucherseite noch auf inakzeptablen Niveau.

Einige Menschen dieser Stadt, die mal wieder mit vollem Namen und Adressen im Ratsinformationssystem auftauchen, haben hauptsächlich im Juni 23 eine Bürgeranregung nach § 24 Gemeindeordnung eingereicht und schlagen die Einführung einer Steuer auf Einwegbehälter und -besteck im gastronomischen Bereich vor.

Die Stadt Tübingen hatte bereits am 30. Januar 20 eine Verpackungssteuersatzung beschossen. Dort wird Einwegverpackung für Getränke und Lebensmittel mit 50 Cent und Besteck mit 20 Cent besteuert. Das Bundesverwaltungsgericht hat letztinstanzlich entschieden, dass es sich um eine zulässige örtliche Steuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG handelt (Urteil vom 24.05.2023 – BVerwG 9 CN 1.22) [2].

Eine zwischenzeitlich eingereichte Verfassungsbeschwerde der unterlegenen Partei hat nach hiesiger Meinung keine Aussicht auf Erfolg, da das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nachvollziehbar und rechtsfehlerfrei begründet ist [3]. Eine einstweilige Anordnung (§ 32 BVerfGG) hat das Bundesverfassungsgericht auch nicht erlassen, weshalb die Steuer auch bis zur verfassungsrechtlichen Entscheidung erhoben werden darf.

Ein Rechtsgutachten im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe vom November 23 kommt wie das Bundesverwaltungsgericht zu der Auffassung, dass eine Kommune zur Erhebung einer Einwegverpackungs-Steuer berechtigt ist [4].

In Wuppertal wird um die Verpackungssteuer mal wieder ein Eiertanz veranstaltet. Zwar stellt die Verwaltung in VO/0977/23 selbst fest, dass in Tübingen „der Müll im Innenstadtbereich weniger geworden“ und die Verpackungssteuer ein wirksames Instrument zur Abfallvermeidung ist [1].

Nun könnten sich Verwaltung samt Oberbürgermeister medienwirksam für die Einführung einer Verpackungssteuer aussprechen – falls das Bundesverfassungsgericht nicht anders entscheidet – und den Anregungen sinngemäß entsprechen.

Dem üblichen Trott folgend schlägt die Verwaltung in VO/0977/23 aber die Ablehnung der Anregungen vor, und es ist ebenso üblich, dass die Politik im Umweltausschuss in der Sitzung am 17. April den Vorschlag der Verwaltung durchwinkt – „nur“ 10 Monate nach Einreichung der Anregungen.

Verweise

[1] VO/0977/23
https://ris.wuppertal.de/vo0050.asp?__kvonr=30732

[2] Pressemitteilung Nr. 40/2023 vom 24.05.2023 mit Verweis zum Volltext des Urteils,
https://www.bverwg.de/de/pm/2023/40

[3] Verpackungssteuer – Verfassungsbeschwerde gegen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.05.2023
https://www.tuebingen.de/gemeinderat/vo0050.php?__kvonr=17654

[4] DUH: Städte können kommunale Verpackungssteuer bedenkenlos einführen: Rechtsgutachten der Deutschen Umwelthilfe belegt Vereinbarkeit mit nationalem Einwegkunststofffonds,
https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/staedte-koennen-kommunale-verpackungssteuer-bedenkenlos-einfuehren-rechtsgutachten-der-deutschen-umwel/

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Kommentare

  1. Norbert Beutel sagt:

    Vielleicht würde eine Verpackungssteuer (oder ein funktionierendes Pfandsystem) mithelfen, den Unrat auf den Straßen von Wuppertal zu dezimieren.
    Dabei dürfte auch die Frage erlaubt sein, welche Kulturbanausen glauben, auf der Straße essen und trinken zu müssen. Zusammen mit Hundehaufen, Spucke, Kaugummi und anderem Unrat – sowie jetzt auch noch e-Scooter – artet ein Gang durch die Stadt für einen autolosen Bürger zu einem regelmäßigen Hindernislauf aus.
    Ich kenne Städte, in denen du vom Boden essen könntest. Wuppertal gehört allerdings nicht dazu.

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