Der alte König in seinem Exil

Das Theaterstück "Der alte König in seinem Exil" will der Demenz den Schrecken nehmen. In der Jubiläumswoche der Diakonie wurde es aufgeführt.

Das Theaterstück „Der alte König in seinem Exil“ will der Demenz den Schrecken nehmen. In der Jubiläumswoche der Diakonie wurde es in der CityKirche aufgeführt.

Tropfen für Tropfen sickern das Leben und die Persönlichkeit aus dem Vater heraus. Seine Welt wird immer kleiner, selbst das eigene Zuhause erkennt er immer weniger, „Der Alte König in seinem Exil“. Hoffnung auf Heilung, auf ein Zurück aus der Welt des Vergessens gibt es nicht, aber es gibt ein trotz aller Tragik ein liebevolles Miteinander, das der alte, demente Vater mit seinem Sohn teilt.

Von diesem Miteinander erzählt der Wuppertaler Schauspieler Dieter Marenz im Ein-Mann-Theaterstück „Der alte König in seinem Exil“ in der Elberfelder CityKirche aus der Sicht des Sohnes. Das eindrückliche Theaterstück nach dem gleichnamigen, autobiografischen Roman des österreichischen Schriftstellers Arno Geiger bildete den Abschluss eines Thementages der Diakonischen Altenhilfe Wuppertal zu Pflege, Demenz, Hospiz und Ausbildung. Er fand am 15. August im Rahmen der Festwoche zum 100-jährigen Jubiläum der Diakonie Wuppertal statt.

Demenz aus der Tabuzone holen

Das Theaterstück möchte das Thema Demenz aus der Tabuzone holen – und zwar auf eine kreative, unterhaltsame, aber auch ernsthafte Weise. 15 Jahre lang begleiten Arno Geiger und seine Geschwister den Vater August, der kurz nach seiner Pensionierung an Alzheimer erkrankt war, durch die unaufhaltsam fortschreitende Krankheit. Die Erzählung beginnt „mit dem erstaunlichen Erfinden von Ausreden“ des Vaters, um das Vergessen zu kaschieren und endet mit seinem Einzug ins Altenheim und dem Entrümpeln des Elternhauses.

Die CityKirche bot den passenden Raum für das Theaterstück.

„Mit Demenz verbinden wir den Verlust von Würde und ein Sterben vor dem eigentlichen Tod“, sagt Katharina Ruth, Leiterin des Hospizdienstes „Die Pusteblume“ der Diakonischen Altenhilfe Wuppertal. „Das Theaterstück nimmt uns etwas von dieser Angst, denn es zeigt, dass ein Leben mit Demenz bei allem Schweren auch mit Leichtigkeit, Humor und Zuversicht einhergehen kann.“

Der schwere Weg der Akzeptanz

Und zwar dann, wenn Angehörige die Krankheit akzeptieren, was aber, so zeigt das Theaterstück, meist ein Prozess ist, ein „jahrelanges Katz- und Maus-Spiel“, in dem Vater und Angehörige die Mäuse sind und die Krankheit die Katze ist. Die Welt des Vaters zu verstehen bleibt schwierig, aber es kann trotzdem Nähe und eine neue Gemeinschaft entstehen.

Dieter Marenz führt es eindrucksvoll mit einem Dialog voller Witz vor, in dem der frühere Charme und das Selbstbewusstsein des alten Herrn immer wieder durchblitzen und der Neukreationen von Sprichwörtern oder stehenden Begriffen hervorbringt, die schmunzeln lassen. „Da ist mein Hut, aber wo bitte ist mein Gehirn?“ – „Na, unter dem Hut.“ – „Das wäre aber ein Wunder!“ oder „Ich glaube dir – aber unter Vorbehalt“.

Hospizdienstleiterin Katharina Ruth informierte auf dem Thementag auch über palliative Begleitung bei Demenz.

Die Dialoge spiegeln wider, was Mitarbeitende in der Altenhilfe und auch Angehörige häufig erleben, sagt Katharina Ruth. „An Demenz erkrankte Menschen finden zu einem Wesenskern zurück, der jahrelang versteckt war. Sie können plötzlich humorvoller oder emotionaler sein und eine Nähe zulassen, die vorher nicht möglich war.“

Mit Demenz umgehen lernen

Andere Verhaltensweisen, die Angehörigen und Pflegenden fremd, unsinnig oder aggressiv erscheinen, haben nach Erfahrung der Hospiz- und ehemaligen Altenheimleiterin meist einen einfachen Grund: Menschen mit Demenz geht es nicht gut, aber das können sie nicht mehr mit Worten ausdrücken. Kenntnis und Fingerspitzengefühl seien nötig, um zu helfen.

Obwohl in Deutschland inzwischen rund 1,8 Millionen Menschen an Demenz erkrankt sind und sich ihre Zahl bis 2050 vermutlich auf 2,4 bis 2,8 Millionen erhöhen wird, gebe es zu wenig Wissen über die Erkrankung und zu viel Unsicherheit im Umgang mit ihr, betont Katharina Ruth. „Es ist dringend nötig, dass wir alle uns mehr mit ihr beschäftigen – auch wenn es um palliative Begleitung geht, denn es ist eine Erkrankung, die zum Tod führt“, sagt sie.

Den Abend mit dem „Alten König in seinem Exil“ wie den gesamten Thementag nutzte die Diakonische Altenhilfe daher, um über Beratungs- und Pflegeangebote vor Ort zu informieren.

Diakonische Altenhilfe Wuppertal

Die Diakonische Altenhilfe steht nach eigenen Angaben für ein würdevolles Leben im Alter. Als größter Altenhilfeträger in Wuppertal mit 1000 Mitarbeitenden bietet die Diakonie ihren rund 1600 Kunden ihre Dienste an. Dabei ist die Altenhilfe in den Stadtteilen Elberfeld, Barmen, Langerfeld und Cronenberg mit Einrichtungen und der mobilen Pflege vertreten und deckt mit der Diakonie Akademie und dem Hospizdienst ganz Wuppertal ab.

Text und Fotos: Sabine Damaschke

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