Der „Große Sprung“ ist tot, es lebe das Hüpfen über Trittsteine!

Die ARD titelt: „Ford vollzieht Kehrtwende bei E-Autos.“ Im Text steht aber, dass Ford die Produktion von E-Autos nicht ein-, sondern umstellt: von groß auf klein. Es könnte eine klug sein, wenn bei schweren Fahrzeugen auf Hybrid-Antrieb gewechselt wird.

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Der reine E-Antrieb von Autos ist eine disruptive Innovation.
Eine Lehrbuchweisheit besagt, dass sich solche Innovationen von Niedrigpreissektor her durchsetzen. Aber Elon Musk ist einen anderen Weg gegangen: über einen E-Sportwagen. Der E-Motor bringt „mit links“, was aus Hubkolben-Verbrennungsmotoren erst mit viel Entwicklungsaufwand herausgekitzelt werden muss: eine hohe Beschleunigung, auch aus dem Stand, und eine hohe Endgeschwindigkeit. Einen solchen E-Flitzer für Sonntagsausflüge kann man bei Technikaffinen gut loswerden, für die der Preis nur eine geringe Rolle spielt, und die daheim problemlos eine Ladevorrichtung installieren können. In anderen Bereichen sind aber andere Kriterien . wie der Preis oder die Reichweite einer Batterieladung, – relevant, und das ist aktuell ein Problem.
In dem genannten ARD-Artikel steht: „Höhere Renditen- die verspricht sich Ford künftig vor allem von Elektroautos bei kleineren erschwinglichen Modellen.“ Ford hat also „verstanden“, was bei disruptiven Innovation als erfolgversprechender Weg der Einführung zu betrachten ist. Ein neues Kultfahrzeug, z.B. eine „E-Ente für Alternative“, ist von Ford zwar nicht zu erwarten, aber vielleicht ist bei Ford auch in der mittleren Gewichtsklasse „der Groschen gefallen“. Pickups ähneln schon eher Lastwagen als Sportwagen, und für schwere Fahrzeuge gelten andere Auswahlkriterien als für Sportwagen.
Da empfiehlt es sich, einen anderen Ausgangspunkt zu nehmen – am besten einen, wo Hybrid-Antrieb „ein alter Hut“ ist. Diese Geschichte beginnt bei einer dampfelektrischen Lokomotive aus dem Jahre 1892 mit der reißerischen Bezeichnung „Elektrische Rakete“. Eine Dampfmaschinen an Bord lieferte den Strom für einen Elektromotor, der die Räder der Lokomotive antreibt.
Wie alle Erfindungen, die ihrer Zeit weit voraus sind, scheiterte dieses Projekt. Und an der schlechten Steuerbarkeit scheiterten zunächst alle folgenden Anläufe.. In dieser Hinsicht haben sich große Fortschritte ergeben, bis zu den britischen Intercity-Zügen, über die bei Wikipedia steht: „In den Intercity-Zügen der britischen Baureihe 220 sind Dieselgeneratoren und Fahrmotoren über den ganzen Zug verteilt.[7] Jeder Wagen besitzt einen 560 kW leistenden Dieselmotor, der mittels eines Generators den Strom für einen elektrischen Fahrmotor liefert. Letzterer treibt jeweils einen der vier Radsätze des Wagens an.“ Dazwischen liegt mehr als ein Jahrhundert inkrementeller Innovationen wie die des benzinelektrischen und des dieselelektrische Antriebs.
Dieselelektrische Antriebe gab und gibt es aber nicht nur im Schienenverkehr, sondern z-B. auch bei U-Booten und schweren Lastwagen. Weil nicht abzusehen ist, ob und wann es Batterien gibt, die für rein Elektrischen Fernlastverkehr geeignet sind, ist es ein sichereres Vorgehen, von den Erfahrungen in diesem Hybridbereich auszugehen, um eine erfolgversprechende Übergangstechnologie zu entwickeln, wobei auch die Erfahrungen beim Schienenverkehr berücksichtigt werden..
Wie es scheint, ist es aber für etablierte Unternehmen dann aber ein Problem, dass nicht nur ein einzelnes Bauteil verbessert werden muss. Vielmehr müssten größere Teile des Fahrzeugs in Zusammenarbeit mehrerer stark spezialisierter F&E-Teams erforderlich. Das sind solche Teams oft nicht gewöhnt. Nach der Meinung des Autors des Buchs „The Innovator’s Dilemma“ können Unternehmen, die neu in einen Markt eintreten, mit einer solchen Situation besser umgehen. In dieser Hinsicht könnten aufstrebende neue Industrieländer, wie China, und Schwellenländer gegenüber den etablierten Industrieländern einen Vorteil haben.
China ist inzwischen auf dem Weg zur wirtschaftlichen Weltführerschaft, obwohl der Anfang, Maos „Großer Sprung“, gescheitert ist. Jetzt hat Ford in den USA den „ganz großen Sprung“ vom Verbrennungsmotor zum reinen E-Antrieb bei Autos als gescheitert erklärt und aufgegeben. Aber zukunftsweisende Hüpfer will Ford doch machen. Dass Ford weiterhin Autos mit Hybrid bauen will, ist nicht das Wesentliche, sondern die Art des Hybridantriebs: dass die Räder von einem E-Motor angetrieben werden sollen – der Verbrennungsmotor elektrische Energie liefern und nicht die Räder direkt antreiben soll.
In gewissem Sinne ähneln solche Hybride auch den Solinger O-Bussen: Bei ihnen werden, wie üblich, die Räder durch einen Elektromotor angetrieben, und beim Bremsen wird die Bewegungsenergie in elektrische Energie umgewandelt. Die hierbei gewonnene elektrische Energie kann später wieder verwendet werden.
Auch hier konnte eine Flucht aus der Denkschublade, die den Blick für neue Möglichkeiten versperrt, auf technologisches Neuland führen. Als O-Bus-Stadt hat Solingen nämlich in NRW ein Alleinstellungsmerkmal. Und von den drei verbliebenen deutschen O-Bus-Städten – außer Solingen noch Eberswalde (in Brandenburg) und Esslingen (bei Stuttgart) – hat Solingen vermutlich das größte -Bus-Netz. Und wenn noch nicht: Bis zum Jahr 2030 sollen dort alle Dieselbusse durch O-Busse ersetzt werden. Siehe

Solingen: Zwei neue Linien mit Batterie-Oberleitungs-Bussen und der offizielle Projektabschluss


Ermöglicht wird das durch eine Innovation: den Batterie-Oberleitungsbus (BOB), der während der Fahrt unter der Oberleitung seine Batterie aufladen kann. Das ermöglicht die Vergrößerung der Reichweite über das Oberleitungsnetz hinaus.
In Wuppertal Vohwinkel geht der aus Solingen kommende O-Bus jetzt nicht nur bis zum Schwebebahnhof, sondern bis zum DB-Bahnhof. Wesentlich eindrucksvollere ist allerdings, dass es von Solingen-Ohligs eine BOB-Linie in die Nachbarstadt Leichlingen gibt, ohne dass neue Leitungen verlegt wurden. Wenn der BOB mit vollständig geladener Batterie von der Solinger Innenstadt her in Ohligs ankommt, kann er mit Batterieantrieb bis Leichlingen und zurück nach Ohligs fahren. Während einer längeren Fahrt durch die Stadt – Im Bogen zurück nach Ohligs – kann es dann wieder von vorne losgehen. Diese Art des Verfahrens eröffnet für Batterie-O-Busse völlig neue Möglichkeiten.
Bei einem solchen Umbau des O-Bus-Systems genügt es aber nicht, nur neue O-Busse zu kaufen. Auch die elektrische Infrastruktur muss angepasst werden. In diesem Zusammenhang war die Bergische Universität aktiv. Siehe
https://www.evt.uni-wuppertal.de/de/forschung/forschungsgruppe-intelligente-netze-und-systeme/bob-solingen-batterie-oberleitungs-bus/
Überlegungen zu einem intelligenten Energiemanagement werden wohl auch erforderlich sein, wenn die Bestrebungen. Oberleitungen auch für die Energieversorgung des Lastverkehrs einzusetzen, praxisreif werden. Siehe:
https://www.bmv.de/SharedDocs/DE/Artikel/G/MKS/Wissenschaftliche-Untersuchen/hybrid-oberleitungslkw.html

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