„Der Kirmesmörder“

Den ganzen Mief der Nachkriegszeit beschwört und beschreibt Regina Schleheck in ihrem „biografischen Kriminalroman“ mit dem Titel „Der Kirmesmörder Jürgen Bartsch“. Unser Buch der Woche 43.

An dem Thema haben sich schon viele versucht, zuletzt noch – im Übrigen bravourös – Stefan Melneczuk.

schleheck

Zum Thema: „Der Fall Bartsch erschütterte die Nachkriegs-Bundesrepublik wie kein anderes Kapitalverbrechen. Jürgen Bartsch, der nach einer Kindheit voller Kälte und Missbrauch zu einem sadistischen Soziopathen wurde, lockt Kinder von Kirmesplätzen in Essen und Umgebung, um sie zu quälen, zu missbrauchen und zu ermorden. Bei der Jagd nach dem Kirmesmörder gerät eine ganze Region in Panik. Als Jürgen Bartsch schließlich gefasst wird, fordern die Menschen Vergeltung.“

So weit und so richtig der Klappentext des Verlages, in dessen Reihe „Wahre Verbrechen“ auch „biographische Kriminalromane“ über Peter Kürten, den „Vampir vom Niederrhein“, und Ludwig Tessnow erschienen sind. Schleheck, von Beruf Oberstudienrätin und im Nebenjob emsige Autorin, beleuchtet Bartschs kurzes Leben aus der Perspektive verschiedener Menschen, die seinen Weg gekreuzt haben, etwa der Krankenschwester Anni oder dem Opfer Paul.

Der ständige Perspektivwechsel hält die Spannung aufrecht. Der Autorin gelingt es zweifellos, Zeitkolorit einzufangen, wenn es beispielsweise um die Homophobie geht:

Hilde musste kichern. „Sind die blöd? Wie sollen Männer Kinder kriegen? Oder Mama? Das geht doch gar nicht!“ Mutter war feuerrot geworden. „Natürlich geht das nicht“, sagte sie. „Es geht ja auch gar nicht darum, Kinder zu machen. Die sind einfach nur krank. Tiere sind das!“ (Seite 36).

Eine Rezensentin hat darauf aufmerksam gemacht, „dass auch Voyeure extremer Gewalt ziemlich harten Stoff geboten bekommen“ (https://ulrikeblatter.wordpress.com/2016/09/04/ein-kindsmord-ist-kein-kinderspiel-seine-beurteilung-aber-ein-kaleidoskop-der-wirklichkeiten). Das ist sicherlich nicht unproblematisch. Etwas fragwürdig ist es auch, dass Schleheck weder in einem Vor- noch in einem Nachwort etwas zu den Quellen sagt, also dazu, was in ihrem Buch „wahr“ oder erfunden ist. Doch dazu kann man an diesem Freitag, dem 28. Oktober, die Verfasserin im Café Ada (Wiesenstr. 6) von 17:30 Uhr bis 19:00 Uhr befragen. Zudem lesen Erika Schneider und Martina Sprenger Kurzkrimis.

MATTHIAS DOHMEN

 

Regina Schleheck, Der Kirmesmörder Jürgen Bartsch. Biografischer Kriminalroman, Meßkirch: Gmeiner 2016 (= Wahre Verbrechen), ISBN 978-3-8392-1939-3, 242 S., Euro 12,99, www.gmeiner-verlag.de.

 

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