Immer nur Gewinne?

Editorial der Bergischen Blätter 21.2014 zur Konjunktur und der Frage, ob Gewinne immer sein müssen – ein Kommentar von Silke Nasemann

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Wann kann man von einer guten Konjunktur sprechen? Schwächelt diese schon dann, wenn man zwar noch gute Umsätze macht, diese aber nicht über denen des vorherigen Monats oder Jahres liegen? Und was ist, wenn das Unternehmen zwar noch vier Prozent Plus gemacht hat, man aber eigentlich sieben erwartet hatte? Oder muss man sich schon Gedanken machen, wenn zwar der Umsatz (noch) steigt, die Erträge aber schon nicht mehr? Ist das alles Wahnsinn, Pessimismus oder doch lebenswichtig für die Gesellschaft?
Diese Fragen stellen sich, wenn man die Zahlen der bergischen Unternehmen betrachtet: Die meisten stehen mehr oder weniger deutlich im Plus. Und dennoch hört sich das alles andere als gut an, wenn die Industrie- und Handelskammer oder auch die Unternehmen selbst über genau diese Zahlen sprechen. Natürlich sind die Zeiten unsicher: Rund um Europa sind es vor allem die Krisen, die uns mit Sorge auf die Zukunft blicken lassen, sei es nun in Richtung Ukraine und Russland oder auch in Richtung Türkei und Syrien. Aber sind eventuelle Sanktionen und eine Bedrohung durch selbsternannte Gotteskrieger, die alles andere als gottesfürchtig sind, tatsächlich ein Grund, schon jetzt darauf hinzuweisen, dass man im Zweifel auch Personal abbauen müsse, weil die Arbeitskosten bei einem Einbruch zu hoch seien? Oder ist das nur eine Ausrede, um den Profit noch weiter steigern zu können? Und wer profitiert dann am Ende davon?
Genau an diesem Punkt hört man von immer mehr Unternehmen, die nicht mehr wachsen wollen. Und auch Wirtschaft, Wissenschaft und Politik suchen inzwischen nach alternativen Zielen, die den unbedingten Willen zum Wachstum und zur Expansion ablösen könnten. Das nennt man dann Postwachstumsökonomie. Wichtig werden dabei Begriffe wie Qualität, Effizienz und Service – die an Stelle des Umsatzes wachsen sollen. Und auch Innovationen spielen dabei eine Rolle. Das hört sich gut an – und kann auf viele Bereiche übertragen werden. Dabei dürfte die Ware im Zweifel mehr kosten, ist dann aber vielleicht auch wertiger, hält länger, ist robuster. Statt neuer Ware bieten diese Unternehmen später Reparaturen an.
Das muss nicht immer funktionieren und kann wahrscheinlich auch nicht auf alle Wirtschaftszweige übertragen werden. Aber einfach einmal darüber nachzudenken lohnt sich allemal.

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