Wuppertaler Alleingang? IHK-Kritik berechtigt?

Aktuell ärgert sich die IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid über die Stadt Wuppertal, da diese plant, eine Stabsstelle für die Einwerbung von EU-Fördermitteln einzurichten. Ist dies ein Wuppertaler Alleingang oder was tut sich dazu ansonsten im Bergischen Städtedreieck?

Um die Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Solingen zu verbessern wird aktuell das Dickicht an wirtschaftsfördernden Einrichtungen in der Stadt Solingen geordnet und eine ganz neue strategische Stabsstelle im Oberbürgermeisterbüro eingerichtet, die z. B. die Arbeitsschwerpunkte der regionalen Kooperation und die Verbindung von Wissenschaft & Wirtschaft umfasst.

So soll in die Wirtschaftsförderung Solingen GmbH & Co. KG zukünftig auch das Gründer- und Technologiezentrum Solingen GmbH und die Sanierungsgesellschaft Südliche Innenstadt Solingen mbH integriert werden. Das hauptsächlich von der Stadt Solingen getragene Institut für Galvano- und Oberflächentechnik Solingen GmbH (IGOS) soll jedoch organisatorisch weiter eigenständig bleiben, dessen Institutsleiter Werner Olberding kürzlich mitteilte, das IGOS Ende Juni 2011 zu verlassen („Igos-Macher Olberding sagt Servus“, ST vom 16.2.2011).

Ergebnis einer Produktkritik vom Frühjahr 2010 war, dass ansonsten alle Strategien und Maßnahmen zur Stärkung der Unternehmen in der Stadt Solingen inklusive wirtschaftsnaher Ziel-2-Projekte in die Wirtschaftsförderung Solingen konzentriert werden (siehe Solinger Beschlussvorlage 1095 „Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Solingen“, 19. Januar 2011). Die operativen Anteile des Aufgabenbereichs Tourismus sollen zukünftig gegen Entgelt von der Bergischen Entwicklungsagentur GmbH erledigt werden (siehe Solinger Beschlussvorlage 1094 „Neuausrichtung der Aufgaben „Tourismus Solingen““, 19. Januar 2011).

Klar ist, dass auch zukünftig regional abgestimmte und Solingen-spezifische Schwerpunkte (Metallbranche, Kreativwirtschaft, Gesundheitswirtschaft, Ressourceneffizienz etc.) inklusive Ziel-2-Projekte von der Wirtschaftsförderung Solingen umgesetzt werden. In Abgrenzung zur Wirtschaftsförderung Solingen hat die Bergische Entwicklungsagentur hierbei in der Stadt Solingen vor allem nur die Aufgabe solche Aktivitäten in die beiden anderen bergischen Großstädte zu tragen und für die entsprechende Vernetzung und Kommunikation zu sorgen (siehe Beschlussvorlage 1095). Auch soll die Wirtschaftsförderung Solingen der Auftraggeber für die Bergische Entwicklungsagentur zur operativen und entgeltlichen Erledigung von Tourismusaufgaben werden (siehe Beschlussvorlage 1094).

Aus Sicht der Stadt Solingen ist die Neuordnung der wirtschaftsfördernden Einrichtungen gegebenenfalls überfällig gewesen und auch sehr sinnvoll, aber sieht so eine strategische Stärkung der Bergischen Entwicklungsagentur auf den Weg zu einer zukünftigen Wirtschaftsförderung Bergisches Städtedreieck aus? Oder doch eher als die Einordnung der Bergischen Entwicklungsagentur zum regionalen Tourismus-Büro mit Dienstleistungskatalog für operative Aufgaben (Erstellung von Printprodukten etc.)? Und „ …, dass die Beratung bei EU-Förderprojekten ausgesprochenes Kerngeschäft der Bergischen Entwicklungsagentur sei“ (IHK-Medieninfo Nr. 18/11 vom 11.2.2011) lässt sich aus der Solinger Beschlussvorlage 1095 in Abgrenzung zur Wirtschaftsförderung Solingen wohl kaum herauslesen, eher genau das Gegenteil. Auch dass die Bergische Entwicklungsagentur so etwas wie einen zugesicherten Alleinanspruch für die Beratung bei EU-Förderprojekten in der Stadt Solingen haben soll (vgl. „Wuppertaler Affront löst Kopfschütteln aus“, RGA vom 10.2.2011), ist in der Beschlussvorlage 1095 nicht ansatzweise erkennbar.

Was sagt denn zu dieser spezifischen Entwicklung in der Stadt Solingen (Ziel-2-Projekte, BEA-Aufgabenzuweisung im Wirtschaftsbereich etc.) eigentlich die zu dieser Thematik ansonsten doch so exponiert agierende IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid öffentlich? Nichts?!

Zeitgleich ärgert sich die IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid aber öffentlich schon wieder über die Stadt Wuppertal, da diese nun plant, auch eine Stabsstelle für die Einwerbung von EU-Fördermitteln einzurichten („IHK überrascht und enttäuscht“, IHK-Medieninfo Nr. 18/11 vom 11.2.2011). Angeblich hat die IHK einen Kompromiss akzeptiert, „… der Wuppertal im Gegenzug große Selbständigkeit in den Bereichen Wirtschaftsförderung und Tourismus sichert.“.

Weiter heißt es dort schon fast etwas drohend: „Die IHK möchte die Auseinandersetzung über diese aus ihrer Sicht sehr negative Entwicklung allerdings noch nicht über die Medien führen.“. Was aber bei der Schaltung einer IHK-Medieninformation voraussehbar sofort der Fall ist, wie es sich so dann auch faktisch ergeben hat: „Erste Risse im Dreierbund“, RGA vom 11.2.2011; „IHK: Risse in der Kooperation“, RP vom 12.2.2011; „Weitere Schelte für Wuppertal“, ST vom 12.2.2011; „Fördergeld-Stabsstelle: IHK kritisiert die Stadt“, WZ vom 14.2.2011; „SPD: Bergischen Streit nicht weiter anheizen“, RP vom 15.2.2011; „Slawig weist Kritik der IHK zurück“, WZ vom 16.2.2011.

Ganz gegenteilig zur IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid hat sich unlängst auch der Vorstand der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU in Remscheid geäußert (siehe BEA: Kritik aus dem Mittelstand), dessen Mitgliedsunternehmer sich auch in der IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid engagieren („Entwicklungsagentur ist eine Totgeburt“, ST vom 4.2.2011). Die MIT Remscheid fordert eine eigenständige, professionell agierende Wirtschaftsförderung Remscheid allein für den Wirtschaftsstandort Remscheid, zu der auch eine bergische oder rheinische Kooperation zunächst nur zweitrangig ist.

Die Wirtschaftsförderung Remscheid ist nach der Gesamtpleite und den häufigeren Leitungswechseln der vergangenen Jahre heute fast schon wieder soweit, dass städtische Ratsausschüsse sich von der WiFö-Leitung fast nicht mehr zu Ende berichten lassen wollen („Oberbürgermeisterin versetzt Chef der Wirtschaftsförderung“, RP vom 5.2.2011). Insofern würde sich die Stadt Remscheid aktuell vermutlich am liebsten je früher desto besser der Wirtschaftsförderung Remscheid entledigen, wenn sich die Fluchtmöglichkeit in der Art einer Wirtschaftsförderung Bergisches Städtedreieck auftun würde.

Nach dem MIT-Vorstand kann aber die in Solingen sitzende Bergische Entwicklungsagentur GmbH keinesfalls zukünftig die erforderlichen Aufgaben einer Wirtschaftsförderung Remscheid übernehmen, da Remscheid dringend mit Kompetenz und Charisma ausgestattete Wirtschaftsförderer benötigt, die sich national und global für den Standort Remscheid einsetzen („Wirtschaftsförderer dringend gesucht“; RP vom 4. Februar 2011).

Wie äußert sich die IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid öffentlich zu diesem Ansinnen der MIT Remscheid für die Stadt Remscheid, was vom MIT-Vorstand gezielt öffentlichkeitswirksam bekannt gegeben wurde und welcher sich in Teilen in der IHK-Vollversammlung engagiert? Gar nicht?!

Behandelt die IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid also gemeinhin als sehr ähnlich, erkennbare Sachverhalte hier etwa ganz unterschiedlich (siehe Anstand und Sitte des ehrbaren Kaufmanns)?

Eine erste Gelegenheit dies an den Sachverhalten sehr deutlich zu machen, ergibt sich schon bei der nächsten IHK-Präsidiumssitzung, die auf Einladung von Oberbürgermeister Peter Jung am 15. März 2011 im Wuppertaler Rathaus stattfinden soll. In Pressemedien wird vermutet, dass hinter verschlossenen Türen das IHK-Präsidium Tachles mit Oberbürgermeister Peter Jung reden wird („Weitere Schelte für Wuppertal“, ST vom 12.2.2011).

Nach den zeitparallelen Entwicklungen in Solingen und Remscheid sowie den seit dem Juni 2010 offenbar recht einseitigen Medieninformationen und Pressebeiträgen der IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid zur Bergischen Entwicklungsagentur jeweils mit fast alleiniger Verantwortlichkeitszuweisung an die Stadt Wuppertal (siehe Corporate Identity des Bergischen Städtedreiecks? und Anstand und Sitte des ehrbaren Kaufmanns) scheint es jedoch eher dringend angebracht zu sein, dass Oberbürgermeister Peter Jung und Stadtdirektor Johannes Slawig einmal mit dem IHK-Präsidium Klartext sprechen und für die Zukunft von der IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid wieder mehr Redlichkeit einfordern, so dass – gegebenenfalls auf solcher Basis – dann auch wieder die Möglichkeit für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gegeben wäre.

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