Minor Alexander | Macht der Leichtigkeit

Galerie Grölle passprojects Ausstellungseröffnung | Samstag 08. Juli 2017 | 19.00 Uhr

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Fremde Welten | Rebecca Herlemann

Das Werk des Künstlers Minor Alexander (*1981 Ukraine) ist gekennzeichnet von einer Beschäftigung mit dem Kunstbetrieb – seinen Protagonisten, Strukturen und Wertigkeiten. In vielfältigen Medien nimmt er Bezug auf Künstlerpersönlichkeiten und Werke, die dem Betrachter mehr oder weniger bekannt sein mögen, letztlich aber immer eine Irritation aufweisen, welche die klassischen Fragen des 20. und 21. Jahrhunderts aufwerfen: Was ist Kunst? Wie kann ich in der heutigen Zeit noch Neues schaffen?
In Zitaten auf Künstler von van Gogh bis Tracey Emin zeigt sich sein differenzierter Blick auf die neuere Geschichte. Mit oftmals ironischen Kommentaren stellt der Künstler den Betrachter vor die Aufgabe, den Kontext zu erkennen oder sich seinen eigenen Erfahrungen hinzugeben. In besonderer Form schafft er dies in einer Serie von fotografischen Arbeiten, die er seit 2012 verfolgt. In „Check-Out“ formt Minor aus den vorgefundenen Materialien besuchter Hotelzimmer temporäre Installationen, welche er fotografisch dokumentiert. Das tatsächliche Gebilde kriegt nur der- oder diejenige zu Gesicht, welche/r nach seinem Check-Out als erstes das Zimmer betritt. Die extrem ephemeren Installationen bilden fremde Welten, welche sich nur in der Überlieferung erhalten.

Nach seinem Studium in Saarbrücken und Karlsruhe hat Minor die Malerei bald hinter sich gelassen, nie aber gänzlich ausgeklammert aus seinem Werk. In seinen neusten Arbeiten aus den Jahren 2015-2017 kommt er zurück zu einem Umgang mit gerahmten Flächen, die einem klassischen Tafelbild ähneln, in ihrer Beschaffenheit jedoch gänzlich anders funktionieren. Dem geht eine längere Untersuchung von Materialbeschaffenheiten voraus wie auch ein neuer Bezug zur Natur und ihren Formen. Die Serie „Steine 00“ bildet Felsbrocken nach, die er auf farbigem Untergrund anordnet. Die Brocken wirken wie aus der Natur entnommen, jedoch erscheinen sie in leuchtenden Farben, die das Ganze auf eine fiktionale Ebene überführen. Bei genauem Betrachten erkennt man auch die Besonderheit des Materials, welches sich als Schaumstoff herausstellt, der mit einem weichen Film überzogen ist. Diese komplizierte Technik einer Beflockung mit Polyamidfasern hat Minor Alexander in den letzten zwei Jahren ausgiebig erforscht und perfektioniert. Dabei werden Millionen winzig kleiner Fasern unter Strom auf den mit Klebstoff überzogenen Untergrund aufgebracht. Durch die gleichmäßige Ausrichtung der Fasern entsteht eine samtweiche Oberfläche, welche gleichsam aus der Natur zu kommen scheint. Wie bemooste Steine wirken diese Objekte, die auf verschiedensten Stoffen aufgebracht sind und fremde Welten nachzuformen scheinen.

In der Serie „sprung über die natur 00“ kommt dieser Effekt in umgekehrter Weise zum Tragen. Hier erscheinen ausgehöhlte und mit Polyamidfasern überzogene Schaumstoffmatten wie abgeschliffene oder ausgewaschene Felsformationen. Nicht umsonst assoziiert der Künstler diese Werke mit den Unterwasserwelten, die er beim Tauchen als Kind in der Ukraine kennengelernt hat. Er kreiert hier fremde Welten, formt die Natur aus künstlichen Materialien oder bearbeitet auch direkt natürliche Gegebenheiten wie gefundene und gesammelte Steine oder Zweige mit dieser industriellen Technik. Hauptsächlich in der Automobilindustrie eingesetzt, finden Flockfasern überwiegend Anwendung zur Isolation, als Oberflächenschutz oder um Geräusche zu dämmen. In der bildenden Kunst finden sich wenig Vergleichswerte und Minor Alexander arbeitet hier in einem Grenzgebiet zwischen Kunst und Natur, Industrie und Handarbeit, Realität und Illusion.

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