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Max Wittrock und Christian Baudis beim 14. Bergischen Unternehmerkongress: Über Big Data und die Kunst, gute Geschichten zu erzählen

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Patrick Hahne: Wo bergischer Unternehmergeist und Innovation aufeinander treffen, entsteht Erstklassiges
„Was ist eigentlich ein Start-up, wodurch zeichnet es sich aus? Sind es die Turnschuhe und das T-Shirt, statt Anzug und Krawatte? Ist es das disruptive Element – die schöpferische Zerstörung, wie Schumpeter sie nennt – indem alte Geschäftsmodelle von den Neugründungen im Handumdrehen vom Markt gefegt werden?“ fragt Patrick Hahne, Wirtschaftsjunior und Sparkassenvorstand in seiner Einführungsrede zum 14. Unternehmerkongress der Wirtschaftsjunioren. Eines jedenfalls sei sicher: es ist die Digitalisierung, die zahlreiche neue Geschäftsmodelle erst ermöglicht hat und damit mehr Menschen als je zuvor in die Lage versetzt, ein Unternehmen zu gründen. Dass Wuppertal dafür ein guter Standort ist, daran lässt Hahne keinen Zweifel. Mit einer Universität, die ein hochklassiges Studium anbietet, die was Ausgründungen angeht, bundesweit führend ist, mit einem Absatzmarkt, wie dem Rheinland und dem Ruhrgebiet vor der Türe, mit attraktiven und preisgünstigen Wohnlagen kann Wuppertal bei relevanten Themen punkten. „Wo klassischer bergischer Unternehmergeist und Innovation aufeinandertreffen, da entsteht Erstklassiges,“ stellt Hahne fest. Er sieht Wuppertal als Standort mit starker Dynamik im Aufschwung. Ausdruck dessen, seien der Umbau Döppersberg, Projekte wie Utopiastadt und die Nordbahntrasse. „Und mit all dem,“ meint er abschließend: „ist Wuppertal ein Standort, der mit den anderen Großstädten mindestens mithalten kann.“

Gunther Wölfges: Bergische Universität und Sparkasse sind eine perfekte Start-Up-Schmiede
Sparkassenchef Gunther Wölfges, sieht die Sparkasse und ihre Existenzgründungsberatung gemeinsam mit der bergischen Universität als perfekte Start-Up Schmiede. Die sich mit rasender Geschwindigkeit entwickelnde Digitalisierung, die auch vor dem Sparkassenmodell in Form von Fintechs nicht Halt macht, fürchtet er nicht: „Auch die Finanzbranche befindet sich im Wandel. Das begreife ich als große Chance, um für unsere Kunden ein noch besserer Dienstleister zu werden, indem ich sie einfacher und schneller bedienen kann. Die ersten Auswirkungen sehen wir schon in unserer „Treuewelt“ und unserer Plattform „Gut für Wuppertal“, lautet sein abschließendes Urteil.

Andreas Mucke: Wuppertal hat ein gut funktionierendes Netzwerk
Auch Oberbürgermeister Andreas Mucke gibt den Gästen des Unternehmerkongresses mit auf den Weg, dass Wuppertal vor allen Dingen eines auszeichnet: „Wuppertal hat ein besonders gut funktionierendes Netzwerk zwischen allen relevanten Playern. Das ist in anderen Städten anders. Einige Unternehmen, die hier gegründet worden sind, zählen inzwischen zu den „Grown-ups“, die wir jedes Jahr mit unserem Wirtschaftspreis auszeichnen.“ Er nennt Liwo, die bergische Limonade und KITAKonzept als Beispiel. „Und wir wollen als Stadt allen die gründen wollen, ein guter Partner sein. Sprechen sie uns an“, bietet er seinen Zuhörern an.

 

Max WittrockMax Wittrock ©njuuz

Max Wittrock: Everything starts with a story
Das Wetter am Tag des Unternehmerkongresses: ungewohnte 30 Grad mitten im September. Draußen vor der Sparkasse flimmert die Sonne, drinnen angenehme Kühle. Die Klimaanlage surrt. Auch diesen Umstand weiß Wittrock für seine Geschichte zu nutzen und witzelt: „Bestehen Start-ups im Gegensatz zu normalen Unternehmensgründungen eigentlich aus Leuten wie ich – Nerds, die ein solches Wetter zerlegt? Die 14 Stunden vor dem Computer sitzen, blass und überhaupt nicht cool sind?“ Gespickt mit Selbstironie und zahlreichen Anekdoten entführte Wittrock seine Zuhörer dann 90 Minuten lang in eine Odyssee, die alles bot, was eine gute Reise braucht: begeisterter Aufbruch, erste Dramen, Etappenerfolge und am Ende die Erlösung und den großartige Sieg des „Und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage“ – der Geschichte von mymuesli: „Alles begann an einem heißen Tag in Passau – keine schöne Stadt für den Sommer,“ beginnt er launisch, „also beschlossen wir – 2 Freunde und ich – zu den Baggerseen zu fahren. Während der Fahrt hörten wir die staubtrockene Werbung eines Müsliherstellers aus dem Odenwald und schauten uns gegenseitig an: „das können wir besser und wir machen alles anders. Wir starten jetzt ein Unternehmen, welches das weltbeste Müsli herstellt und im Internet vertreibt.“ Mit dieser Einführung startet er seine wahnwitzige Geschichte die von LKWs voller Haferflocken handelt, die nicht entladen werden konnten, weil die erste Produktionsstätte von mymuesil im zweiten Stock einer C-Lage in der Passauer Innenstadt lag, von handbedruckten Etiketten, deren Größe nicht ausreichte, um den ganzen Inhalt aufzunehmen und handschriftlich ergänzt werden mussten, mit Beschriftungen wie: „liebe Karoline, die Erdbeeren sind drin, aber das Etikett hat nicht ausgereicht – hihi. Liebe Grüße Max.“ Was wiederum Karoline zu einem liebevollen Kommentar im Netz veranlasste: „Ich habe heute mein erstes Müsli mit einem persönlichen Autogramm bekommen. Oh, ist das süß!“

Max Wittrock erzählt eine Geschichte ähnlich der von „3 Männern in einem Boot“, in der die Helden nie ganz Herr der Lage sind und ihr Scheitern immer wieder mit einer großen Portion Naivität, Frechheit, und Mut überwinden und dabei jede Menge Erfahrungen sammeln. Eine ist die von IRA Glass in einem Satz perfekt zusammengefasste Weisheit: „Great Stories happen to those, who can tell them.“ Hubertus Bessau, Philipp Kraiss und Max Wittrock – die 3 Gründer von mymuesli – haben von Anfang an, ihre Geschichte mit der Internetgemeinde geteilt – authentisch, ehrlich und offen. Damit war ihnen Aufmerksamkeit und Sympathie sicher, beides Faktoren, die dazu beigetragen haben, dass ihr Produkt Fans generierte und den Absatz in die Höhe schnellen ließ. Nach nur zwei Wochen waren die ersten 100.000 Müslipakete ausverkauft. Aber es sind nicht nur die Fans, die mymuesli erfolgreich machen. Es ist auch die Haltung der drei Unternehmer zum Unternehmertum. Wittrock betont, dass eine Eigenschaft von Start-ups ist, sich das Scheitern zu gönnen, um daraus zu lernen und besser werden zu können: „Der Misserfolg gehört zum Experiment, genau so wie das amerikanische „just do it“. Die deutsche Eigenschaft alles analysieren, messen und in Zahlen fassen zu wollen, bremst und führt eher zu einer Paralyse“, kritisiert er verschmitzt. Bis heute weiß Wittrock nicht und will es gar nicht wissen, wie groß sein Absatzmarkt eigentlich ist. Das einzige was er weiß ist, dass er die aberwitzige Anzahl von 566.072.745.535.503.000 (Billiarden) Müslimischungen anbieten kann. Darüber hat er ein Gutachten anfertigen lassen und auf der Internetseite von mymuesli online gestellt. Auch das ist eine gute Geschichte.

Ihn interessiert hauptsächlich das ‚Warum’: „Warum stehe ich morgens auf, warum existiert mein Unternehmen und warum sollten Menschen an mir und meiner Unternehmung Interesse haben? Nur wenn ich diese Fragen beantworten kann entsteht Sinn, damit Authentizität und Begeisterung, die mitreisst.“ Mit seiner Theorie des „Why“ zitiert er das Konzept des ‚Golden Circle‘ des amerikanischen Autors Simon Cinek, wonach Führungspersönlichkeiten drei Fragen beantworten müssen: ‚Why‘, ‚How‘ und ‚What‘. Nur wer das ‚Why‘ in das Zentrum seines Denkens stellt, kann zu einer inspirierenden und letztlich erfolgreichen Führungspersönlichkeit werden. „Never stop to explore“, mit seinem letzten Satz, einem Zitat eines seiner großen Vorbilder, dem Northface-Gründer Douglas Thomkins, schließt Wittrock seinen Vortrag und beweist eindrucksvoll, dass er es geschafft hat. Die Gäste des Unternehmerkongresses, eher bescheidene und zurückhaltende Bergische, sind seine Fans geworden und danken ihm durch langanhaltendes Klatschen.

Christian BaudisChristian Baudis ©njuuz

Christian Baudis: Unternehmer gehören wieder auf die Schulbank
Christian Baudis vermittelt seine Geschichte distanzierter und faktengetriebener. An Hand von Beispielen belegt er, dass sich der Arbeitsmarkt, die Wirtschaft und deren Wertschöpfungsketten durch die Digitalisierung in zunehmender Geschwindigkeit verändert und dass derjenige Unternehmer das Nachsehen haben wird, der sich weigert dies anzuerkennen und vor allen Dingen eines zu tun: „Wieder die Schulbank zu drücken und zu lernen. Inzwischen können Sie nämlich mit entsprechendem Wissen, selbst mitspielen im großen ‚Datenscrabble,“ führt er aus, „denn alle Geräte und das Zubehör sind auf Baumarktniveau angekommen. Sie sind preisgünstig, können von jedem erworben werden und sind an jeder Ecke zu haben. Und sich das Wissen anzueignen, ist wahrlich nicht schwer. Wenn Sie also überleben wollen, lernen Sie,“ appelliert er an das Publikum und führt sich selbst als weder besonders begabtes, noch technikaffines Beispiel an.

Big-Data
Baudis benennt Big-Data als den ersten großen Treiber für Veränderung. Er prognostiziert, dass die Autoindustrie in 2 bis 3 Jahren durch die gesammelten Kundendaten und ihr Wissen über das Kaufverhalten ihrer Kunden in der Lage sein wird, ein Fahrzeug binnen 1 bis 2 Tagen auszuliefern. „Was vor etwa 15 Jahren noch mindestens 9 Monate gedauert hat, ist in wachsender Geschwindigkeit zusammengeschrumpft und hat damit die Wertschöpfungskette zu 100% auf den Kopf gestellt. Amazon wird demnächst für seine Auslieferung nur noch 3 Stunden brauchen. Was macht dann der Einzelhandel?“

Miniaturisierung und neue Materialien
Als zweiten Treiber für Veränderung macht er die Miniaturisierung und neu entwickelte Materialien aus. Inzwischen sei es möglich Sensoren in Socken unterzubringen, die das Laufverhalten von Menschen messen und die Daten per Wi-Fi an das Handy schicken. Eine mit Daten gefütterte App analysiert in sekundenschnelle, ob die Laufschuhe zu alt, zu groß oder für den Fuß ungeeignet sind und bietet zugleich drei neue Modelle an, die sofort via Amazon bestellt werden können. Sensoria heißt das für diese Erfindung verantwortliche Unternehmen. Ähnliches sei inzwischen in der Agrar- und in der Medizinindustrie möglich. Eine ganze Praxiseinrichtung könne inzwischen auf einem Silikonpflaster untergebracht werden, welches mit einer App verbunden, permanent Gesundheitsdaten ausliefert und bei schweren Erkrankungen den Arztbesuch empfiehlt. Baudis: „Was machen dann die Physiotherapeuthen, die Fitnessstudios, die Arzthelferinnen?“

Robotik
Am MIT- Medialab hat der Biophysiker und Kletterer Hugh Herr Prothesen entwickelt, die via Wireless-Lan durch die Elektrizität die im Hirn beim Denken entsteht, zu steuern sind. Oder Pepper: Der niedliche Roboter, der seit etwa einem Monat auch schon in Wuppertal in der VillaMedia eingezogen ist und auf dem Luxusliner AIDA den Check-in, sowie den Check-out organisiert und während der Fahrtzeit kleine Kinder bespaßt.: „Brauche ich noch eine Pflegeversicherung, wenn ich mir später einen Pflegeroboter kaufen kann?“ fragt Baudis. „Deutschland steht bei der Digitalisierung im unteren Mittelfeld, kurz vor dem Abstieg, wie beim Fußball. Wir müssen endliche lernen, mit dem Scheitern umzugehen, wir müssen aufhören in Statussymbolen zu denken und uns auf dem Erreichten auszuruhen, wir müssen uns weiter bilden, und wir müssen endlich anfangen, wieder zu erfinden. Da war Deutschland doch mal so richtig gut!“ sind seine Empfehlungen an das Auditorium. Ob er denn nur die positiven Seiten der Digitalisierung sehe, fragt Moderator und Chefredakteur des Unternehmermagazins Impulse, Frank Hetzer. „Nein. Ich sehe auch die negativen Seiten. Wir müssen dringend dafür sorgen, dass Techniken die auf künstlicher Intelligenz beruhen, nicht nur in der Hand von einigen Konzernen bleiben, sondern jedem zur Verfügung stehen. Daher bin ich ein Verfechter der Inititiative Open-AI.“ Die Non-Profit-Organisation OPEN-AI von Tesla-Gründer Elon Musk, Linkedin-Gründer, Reid Hoffmann und Investor Peter Thiel will die Entwicklung der künstlichen Intelligenz mitsteuern und setzt dabei vor allen Dingen auf Sicherheit und die Entwicklung von ethischen Standards.

Für die beiden Kongressleiter Julia Koch und Sven Glocke ging mit dem Vortrag von Christian Baudis und dem anschließendem Ausklang bei Suppe und Fingerfood ein aufregender Tag zu Ende, mit dem beide mehr als zufrieden sind. Julia Koch: „Wir haben es wieder geschafft, mehr als 200 Besucher zu begeistern. Das schöne Wetter und ein paar Parallelveranstaltungen haben uns sicher den einen oder anderen Gast gekostet. Max Wittrock hat auf äußerst unterhaltsame Art gezeigt, dass wir Deutschen sehr wohl in der Lage sind, in echter Start-Up Manier Unternehmen zum Erfolg zu führen, aber noch jede Menge lernen können.“ Sven Glocke ergänzt: „Ich bin sehr glücklich über den Ablauf des Tages. Denn auch unsere technischen Neuerungen haben sich bewährt und gezeigt, dass wir besser geworden sind. Mit der flexibleren Bühne und der Beamer-Technik, konnten wir uns weiter professionalisieren und freuen uns schon jetzt auf den nächsten Kongress.“

Im nächsten Jahr veranstalten die bergischen Wirtschaftsjunioren am 19. September ihren 15. Kongress – ihren Jubiläumskongress. Wir empfehlen: Blockieren Sie den Termin schon jetzt in ihrem Kalender, damit Sie wieder dabei sein können, wenn es wieder heißt: Die bergischen Wirtschaftsjunioren laden ein.

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