Ein vergessenes KZ in Wuppertal-Arrenberg  

Der 80. Jahrestag der Inbetriebnahme des Wuppertaler Außenlagers des KZ Buchenwald findet keine öffentliche Beachtung!

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Nur wenig bekannt ist es, dass es in Wuppertal neben dem frühen KZ Kemna auch ein Außenlager des KZ Buchenwald gegeben hat. Am 24. August 2023 jährt sich die Inbetriebnahme des Außenlagers des KZ Buchenwald in Wuppertal zum 80. Mai. Eine öffentliche Erinnerung wird es auch dies Jahr nicht geben. Das KZ Außenlager war in der heutigen Grundschule Königshöher Weg im Stadtteil Arrenberg untergebracht und bestand  vom 24. August 1943 bis zum 7. Mai 1944.

Zur Geschichte:

Am 24. August  1943 wurde in dem leicht zerstörten Schulgebäude am  Königshöher Weg 7 ein Außenlager des KZ Buchenwald eingerichtet. Die  offizielle Bezeichnung des Lagers war IV. SS-Baubrigade. Baubrigaden waren Häftlingskommandos, die nach Bombenangriffen Aufräumarbeiten übernehmen mussten.

Im Schulgebäude am Königshöher Weg waren bis zu 592 KZ-Häftlinge inhaftiert. Die Wachmannschaft setzte sich aus SS-Angehörigen und Polizisten aus dem Arrenberger Polizeibezirk zusammen. Sie war in einer Baracke auf dem Schulhof untergebracht.

Lagerleiter war ab Dezember 1943 SS-Obersturmführer Otto Diembt. Den Einsatz der KZ-Häftlinge koordinierte die städtische Bauverwaltung  unter der Führung des SS-Standartenführers Kurt Benn.

Die Arbeits- und Lebensbedingungen im Wuppertaler Außenlager waren, so die Berichte von ehemaligen Häftlingen, im Vergleich zum Hauptlager Buchenwald relativ gut. Die Lagerleiter und die Wachmannschaften wurden als überwiegend human beschrieben. Überlebende berichteten, dass es weder Misshandlungen noch Tötungen gegeben habe. In dem knappen Jahr des Bestehens des Lagers ist nur ein Todesfall aktenkundig.

Zu berücksichtigen ist dabei, dass im gleichen Zeitraum 58 kranke und nicht arbeitsfähige Gefangene nach Buchenwald zurückgebracht wurden. Sieben von ihnen starben kurz nach dem Eintreffen in Buchenwald.

Die Gefangenen Karl Poßögel und Karl Paßquali berichteten  übereinstimmend von einer weitgehend solidarischen Lagergemeinschaft in der Schule am Königshöher Weg und von hilfsbereiten Wuppertaler:nnen, die den in gestreifter KZ-Kleidung arbeitenden Häftlingen Essen zusteckten.

Insbesondere die Aufräumarbeiten im stark zerstörten Elberfelder Schlachthof machten ein Überleben für die Gefangenen möglich. Das hier arbeitende 250 köpfige Arbeitskommando konnte sich mit Hilfe von deutschen Arbeiter:innen relativ leicht mit Fleischwaren versorgen, die sie auch ins Lager mitbrachten. Es entwickelten sich auch vielfältige Kontakte, weil die Häftlinge außerdem in zerbombten Privathäusern arbeiteten.

Diese Kontakte begünstigten auch die insgesamt sechs dokumentierten Fluchtversuche kurz vor dem Abzug aus Wuppertal, die alle glückten.

Insgesamt traten die KZ-Häftlinge überraschend selbstbewusst auf. Überliefert ist z.B. eine Art singender Umzug der KZler unter Bewachung eines SS-Aufsehers durch die Innenstadt.

Es gab auch Kontakte zu organisierten „Ostarbeiter:nnen“ in Wuppertal, die eine Widerstandsorganisation aufgebaut hatten. Die KZ-Häftlinge Karl Poßögel, Sergej Selkin und Dimitrij Maksimow entwarfen sogar  Pamphlete und Slogans, die übersetzt sowohl an Zwangsarbeiter:innen als auch unter deutschen Arbeiter:innen verbreitet wurden.

Am 7. Mai 1944 endete dieser weitgehend unbekannte Teil der Wuppertaler KZ-Geschichte, die Baubrigade IV wurde nach Buchenwald bzw. ins Außenlager Ellrich zurückgebracht.

Heute befinden sich an dieser Stätte weder eine Gedenktafel noch andere Hinweise auf ihre Vergangenheit. Auch zum 100. Jubiläum der Grundschule wurde 2013 auf eine aktive Erinnerung verzichtet.

 

Literatur

Karola Fings: Krieg, Gesellschaft und KZ. Himmlers SS-Baubrigaden. Ferdinand Schöningh, Paderborn, München, Wien 2005.

AK Vergessne Orte: Vergessene Orte.

Eine Trassentour auf den Spuren der NS-Zeit in Wuppertal,

Bremen/Wuppertal 2016, S. 13-14.

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