Vergeben und neu anfangen

Buße tun und beten? Das klingt altmodisch. Doch Vergebung und Gebet können befreiend sein, wie Pfarrerin Katharina Pött zum Buß- und Bettag (22.11.) erklärt.

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Buße tun und beten? Das klingt altmodisch. Doch Vergebung und Gebet können befreiend sein, wie Pfarrerin Katharina Pött zum Buß- und Bettag (22.11.) erklärt.

Ein Tisch- und Abendgebet, ein Stoßgebet in Notzeiten: Früher gehörte das Beten selbstverständlich zum Alltag vieler Familien. „Heute kennen Kinder und Jugendliche es fast nur noch aus der Kirche“, beobachtet Katharina Pött, Pfarrerin in der evangelischen Kirchengemeinde Langerfeld. „Das ist schade, denn das Gebet ist eine echte Kraftquelle. Es hilft uns in Worte zu fassen, was uns bewegt, still zu werden und darauf zu vertrauen, dass wir nicht allein gelassen sind auf dieser Welt.“

Die Sehnsucht nach Geborgenheit, nach einem Gott, der ansprechbar ist, hält, tröstet und „heil“ macht, sei trotz aller Zweifel und Abkehr von Religion und Kirche in vielen Menschen verankert, beobachtet die Pfarrerin.

Viele wissen nicht, wie sie beten können.

„Doch viele wissen nicht mehr, wie sie überhaupt beten können.“ Den Buß- und Bettag nutzt die Gemeinde daher schon seit vielen Jahren für einen Taizégottesdienst, in dem Menschen eine meditative Form des Gebets mit Gesang kennenlernen.

Buß- und Bettag

Viele Wuppertaler Gemeinden laden zu Andachten und Gottesdiensten ein. Die jeweiligen Veranstaltungen finden Sie in unserem Gottesdienst-Kalender.

Beten lernen mit Gebetsstationen

In ihren Konfi- und Kindergruppen baut Katharina Pött regelmäßig Gebetsstationen auf, die anschaulich machen sollen, wie ein persönliches Gebet gestaltet werden kann. Kerzen stehen für persönliche Bitten, Fürbitten, Blumen für Dankbarkeit, Tonscherben für die Klage und Steine für das Schwere und die Schuld. „Ich erlebe dabei oft, dass Kinder und Jugendlich begeistert und intensiv mitmachen und einen neuen, sehr persönlichen Zugang zum Gebet bekommen“, erzählt Katharina Pött.

Dabei geht es auch um das, was der kirchliche Feiertag mit dem altmodischen Wort „Buße“ beschreibt und Katharina Pött mit dem Begriff „Schuldgefühle“ übersetzt. „Wir alle werden an anderen Menschen schuldig, und diese Schuldgefühle können sehr belastend sein, vor allem, wenn es keinen Raum gibt, darüber zu reden.“

Alles vor Gott bringen, was bedrückt: Das befreit, betont Katharina Pött.

Viele Jugendliche, aber auch Erwachsene stünden unter einem hohen Druck, nach außen ein perfektes und gelungenes Leben zu präsentieren. „Dazu passt kein Scheitern und keine Schuld.“ Sie im Gebet zu benennen und um Vergebung zu bitten, habe eine befreiende und heilsame Kraft, ist Katharina Pött überzeugt.

Schuld bekennen und vergeben

Das erlebt die Pfarrerin nicht selten im Rahmen von Beerdigungen. „Da fühlen sich Menschen schuldig, weil sie den Verstorbenen nicht häufiger besucht oder sich mit ihm gestritten haben. Oft brechen auch alte Familienkonflikte auf und man streitet darüber, wer zur Beerdigung eingeladen wird.“
Beten hilft, denn es verändert uns.

Gemeinsam mit den Trauernden überlegt Katharina Pött dann, wie die Familie mit diesen Konflikten und Schuldgefühlen umgehen kann. „Vielen tut es gut, endlich mal offen darüber reden zu können. Häufig biete ich an, dass wir zusammen ein Gebet sprechen und um Frieden und Vergebung bitten. Wenn sich Trauernde darauf einlassen, sehe ich danach oft in befreite Gesichter.“

Beten hilft, denn es verändert uns.

Beten hilft, denn es verändert uns – und damit auch die Welt, betont die Theologin. „Beten berührt uns in den Tiefen unserer Seele und bringt uns in Beziehung mit Gott. Es ist ein Türöffner für Dankbarkeit, Lebensfreude und Zuversicht für das eigene Leben. Das wiederum gibt uns den Mut und die Kraft, diese Welt in Gottes Sinne zu einem besseren Ort für alle zu machen, die darauf leben.“

Der stille Feiertag

Der Buß- und Bettag ist ein evangelischer Feiertag. Er gehört zu den sogenannten beweglichen Feiertagen und findet jedes Jahr am ersten Mittwoch nach dem Volkstrauertag statt, in diesem Jahr am 22. November. Im Jahr 1995 wurde der Buß- und Bettag als gesetzlicher Feiertag zur Finanzierung der Pflegeversicherung in allen Bundesländern außer in Sachsen abgeschafft. Die evangelische Kirche bezeichnet die Abschaffung bis heute als Fehlentscheidung. Auch wenn der Bußtag kein staatlicher Feiertag mehr ist, hat er seinen festen Platz im Kirchenjahr nicht verloren. Er ist ein Tag der Umkehr, der Neuorientierung und dient auch dem Nachdenken über gesellschaftliche Fehlentwicklungen.

Text und Foto: Sabine Damaschke
Teaserfoto: Canva

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