Der Mutmacher

Matthias Horx ist der bekannteste Trendforscher Deutschlands. Er ist Inhaber des "Zukunftsinstituts" und weist mit seinen Mitteln nach, dass die Welt immer besser wird. njuuz hat mit ihm über schrumpfende Städte, Handwerk und Bürgerjournalismus gesprochen.

Matthias Horx, ist als Autor der Zeitschrift „Tempo“ (Zeitgeistmagazin des Hamburger Jahreszeiten Verlages mit dem der „New Journalism“ nach Deutschland kam. Vorbilder waren die amerikanische „Vanity Fair“ oder das britische Magazin „The Face“, 1986-1996) und als einer der Gründer des „Trendbüros“ in Hamburg bekannt geworden. Er ist Gründer und Inhaber des Zukunftsinstituts in Frankfurt und hat zahlreiche Bücher veröffentlicht – zuletzt: „Das Megatrend Prinzip“ in dem er die großen Strömungen beschreibt, die den Wandel in der Welt anzeigen.

Horx hat sich vorgenommen, die Futurologie zu einer Ernst zu nehmenden Consulting Disziplin zu entwickeln. Die Wurzeln für dieses Anliegen reichen bis in seine Kindheit, denn laut eigenem Bekunden hat er sich schon als Jugendlicher für Science Fiction begeistert.  Als Vordenker und Optimist treibt ihn an, mit seinen prognostischen Mitteln nachzuweisen, dass die Welt immer besser wird. Denn laut eigener Aussage ist „die größte Gefahr für die Menschheit die, dass niemand mehr an die Zukunft glaubt.“

Wuppertal gehörte bis zu diesem Jahr zu den schrumpfenden Städten. Laut der vorangegangenen Rede des Oberbürgermeisters Peter Jung sei der Trend gestoppt. Dennoch:  welches Szenario erwartet Städte, die diesem Trend unterliegen?

Überall auf der Welt haben Städte mit dem Thema in der einen oder anderen Weise zu tun. Wenn Städte wachsen haben sie ein Verkehrs-, oder ein Mietenproblem, wenn Sie schrumpfen muss genauer untersucht werden warum. Die Fragen sind: wie ist die Altersstruktur, hat man wirtschaftliche Cluster die interessant sind, oder besitzt Ihre Stadt etwas, was sie von anderen unterscheidet. Ich kenne Wuppertal nicht gut genug, um belastbare Aussagen zu treffen. Was ich aber weiss ist, dass die Schwebebahn hier ist. Das ist schon mal etwas sehr Besonderes.

Die Städte in dieser Region sind extrem durch die Industrialisierung geprägt. Besonders das Ruhrgebiet. Ich bin in Gelsenkirchen-Bur aufgewachsen. Möchten Sie dort hin? Wahrscheinlich nicht. Sie haben in Wuppertal nach meiner Einschätzung keine so intensive Unterschichtenverdichtung wie im alten Ruhrpott. Das Ruhrgebiet muss wieder eine grüne Landschaft werden.  Zum Glück ist schon viel in dieser Hinsicht passiert.

Städte wie Detroit haben die Hälfte ihrer Einwohner verloren. Inzwischen kann man sehen, dass sich das Zentrum wieder belebt und die Stadt grün wird. Solch‘ einen positiven Prozess in Gang zu setzen, muss man in der Stadtentwicklung üben. Man muss sich sehr damit auseinandersetzen, wie man zum Beispiel Umwidmungen plant. Dabei spielen bestimmte Schichten der Bevölkerung eine Schlüsselrolle.

Welche sind das?
Das ist die kreative Klasse. Das sind Leute die Raum brauchen für Kreativität, Menschen die nicht in klassischen Industrieberufen arbeiten. Wenn Sie alte leer stehende Fabriken haben, dann haben Sie wunderbare Ateliers. Berlin macht es vor.

Momentan wird in Deutschland pro Tag ein neuer Coworking Space eröffnet. Die neuen Selbstarbeiter, können dort ihre kreativen Berufe ausüben und müssen nicht mehr alleine zu Hause sitzen. Das sind die Gewinner von morgen. Diejenigen, die klassische Karrieren in großen Firmen anstreben, werden es schwer haben. Denn die großen Firmen schrumpfen tendenziell auch.

Also müssen Sie überlegen welche Potentiale Sie haben und was Sie damit anfangen können.

Wir haben eine sehr aktive und gut vernetzte kreative Szene in der Stadt, die in ihrem Rahmen viel bewegt. Dennoch habe ich den Eindruck, dass sie nicht ernst genug genommen wird.

Industrieorientierheit und Ansiedlungsorientiertheit sind traditionelle Herangehensweisen der Schrumpfung zu begegnen. Damit wird man scheitern. Die entscheidende Frage in Zukunft wird immer die nach der Lebensqualität einer Stadt sein. Städte, in denen es immer interessantes Neues zu entdecken gibt, haben in der letzten Zeit einen irren Zulauf erlebt.

Wir haben alle gedacht unsere Großstädte würden schrumpfen – denn mit Internet kann man schließlich auch auf dem Land leben und arbeiten. Heute muß man sagen: wir haben uns geirrt. Köln brummt mehr denn je – es wird jedes Dachgeschoss ausgebaut. Kurze Wege und eine kreative Szene sind die Pluspunkte die zählen. Außerdem ist es einfacher in Ballungsräumen zu kooperieren und das über Fachgrenzen hinweg.

Das bergische Städtedreieck hat durch seine Geschichte einen hohen Prozentsatz an produzierendem Gewerbe. Die Firmen verfügen über viel handwerkliches Wissen und Können! Hat Handwerk auch in Zukunft noch „goldenen Boden“?

Ja wahrscheinlich ist das ein Plus, denn es gibt Anzeichen für eine Renaissance des Handwerks. Schon jetzt gibt es eine Renaissance des Genossenschaftswesens und der Kooperativen, besonders um die Energiewende einzuleiten.

Was halten Sie vom Thema Bürgerjournalismus?
Das Thema ist nicht besonders neu. In der angelsächsischen Welt gab es die Bürgerbeteiligung schon immer in den verschiedensten Formen.

Glauben Sie, dass sich das Thema als Trend in Deutschland durchsetzen kann?
Das Problem ist, dass wir hier eine sehr zersplitterte Medienlandschaft haben. Der Wunsch nach Beteiligung hat sich in die Bloggerspäre verlagert.

Was halten Sie von Bürgerjournalismus, der sich auf das Lokale beschränkt?
Es gibt gerade eine Renaissance des Lokalen, auch in den Zeitungen. Das ist spannend und eine Nische. Es kann aber immer nur so gut sein, wie die soziale Bewegung der Stadt. In meiner studentischen Zeit – ich habe in Frankfurt studiert – hatten wir eine große soziale Bewegung, die natürlich ihre eigenen Medien geschaffen hat. Wir waren damals alle Reporter und Meinungsbildner. Weiter so. (Anm. der Redaktion: Horx war Redakteur bei „Pflasterstrand“ – ein vierzehntäglich, bzw. monatlich erscheinendes Frankfurter Stadtmagazin was von Daniel Cohn-Bendit von 1976 bis 1990 herausgegeben wurde.)

Vielen Dank für das Interview und den großartigen „Gehirnsturm“ den sie uns allen mit Ihrem Vortrag vorhin verpasst haben.

Ja – genau das ist die Idee meines Vortrags: man soll mal ein bisschen durchgeschüttelt werden und mit der Frage konfrontiert werden, ob denn  eigentlich alles stimmt, was man so glaubt.

____________________

Das Gespräch führte Wilma Schrader
Foto: Wilma Schrader

njuuz ist Medienpartner des Bergischen Unternehmerkongresses

Anmelden

Kommentare

Neuen Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert