Ist Betonrecycling nur Spinnerei?

Gewiss nicht, weil z.B. Heidelberg Materials und die Salzgitter AG in dieser Richtung aktiv sind. Dabei gibt es unterschiedliche Ziele und Verfahren der CO2-Einsparung.


Wie es scheint, hat der Artikel „Kommt nach der Autokrise eine Kalkkrise?“ auf einige Leser beunruhigend gewirkt. Deshalb scheint es mir ratsam zu sein, in einem zweiten Anlauf langsam vorzugehen: mit einer Verlautbarung von Heidelberg Materials zum Betonrecycling zu beginnen, dann mit dem Karlsruher „Rement“-Projekt weiterzumachen und schließlich zu sagen, was beim Essener „UpCement“ anders ist.
Der deutsche Innovationspreis für Klima und Umwelt ging in, Jahr 2022 an Heidelberg Materials. Der Internetartikel über das ausgezeichnete Projekt
https://www.heidelbergmaterials.com/de/nachhaltigkeit/wir-dekarbonisieren-die-bauindustrie/betonrecycling-auf-ganz-neuem-niveau
spricht von „Betonrecycling auf ganz neuem Niveau“. Zu Beginn wird auf die große Bedeutung des Betons auch für das Bauen in der Zukunft hingewiesen. Dann folgt aber: „Um die Auswirkungen, die unsere Produkte auf Klima und Umwelt haben, weiter zu reduzieren, setzen wir verschiedene Hebel ein. So kommen wir unserem Ziel zu Netto-Null-Emissionen bis 2050 immer näher.“ Das ist schwierig, weil der Hauptbestandteil in Zement „Klinker“ ist. Zu dessen Herstellung wird Kalkstein stark erhitzt, und dabei erfolgen 2/3 der CO2-Emissionen, und die sind unvermeidbar.
Als „Technologien auf dem Weg zur Netto-Null“ beim firmeneigenen „ReConcrete-Ansatz“ werden genannt:
• Selektive Trennung der Betonbestandteile, so dass 100 % davon wieder verwendet werden können.
• Abscheidung und Speicherung bei der Zementherstellung unvermeidbarer CO2-Emissionen, so dass das in Kalkstein enthaltene Calciumkarbonat. Gebildet wird
Dadurch wird der Materialkreiskauf geschlossen.
Unter „Grenzen des konventionellen Recyclings“ wird ausgesagt: In der Regel wird der Abbruchbeton zerkleinert und im Straßenbau oder bei Erdarbeiten als Füllmaterial verwendet. Beim herkömmlichen Recycling wird der Abbruchbeton zerkleinert und gesiebt. Danach haftet aber noch eine große Menge Zementstein an Sand und Kies. Das wirkt sich bei deren Wiederverwendung negativ aus.
Als „hohe Kunst des Betonrecyclings“ wird genannt, dass zur Verminderung des erforderlichen Drucks anhaftender Betonstein durch „Scherkräfte“ (d.h. nicht durch Druck) von Sand und Kies getrennt wird. Die Weiterentwicklung dieses Verfahrens führte zu einer bahnbrechenden Lösung des Beton- und Zementrecyclings. Bis zu 100 % konnten ohne Qualitätsverlust recycelt werden. Außer Sand und Jies liefert das Verfahren eine Paste, die pulverisierten Zementstein enthält.
Ab 2024 soll in einer weltweit einzigartigen Recyclinganlage in Kattowitz (Polen) die selektive Trennung in industriellem Maßstab eingeführt und getestet werden. Dank weiterer Verbesserungen kann dort jetzt Beton ohne Qualitätsverlust vollständig recycelt werden.
Die aus fein gemahlenem Zementstein und Wasser bestehende Paste kann dem Frischbeton zugesetzt werden, so dass frischer Zement eingespart werden kann. Für die oben erwähnte Aufnahme von unvermeidbarem CO2 im industriellen Maßstab wird derzeit eine Anlage in Polen gebaut. Das Projekt steht kurz vor dem Abschluss.
Ein nicht so weit gediehenes Projekt gibt es am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
https://de.wikipedia.org/wiki/Karlsruher_Institut_f%C3%BCr_Technologie
Die Gründerschmiede des KIT hat jüngst gemeldet, dass „Rement“ seine jüngste Beteiligung sei.

Aktuelle Stellenangebote:

Rement ist die neueste Beteiligung des KIT


Was die Wiederverwendung des Zementsteins aus Abbruchbeton betrifft, geht das „Rement“-Projekt
https://www.rement.tech/
weiter – durch „Sortenreines, CO2-negatives Beton-Upcycling“- Worum es da geht, ist: „Emissionen reduzieren, . Upcycling-Produkte gewinnen und neue Märkte erschließen.“ Un dem Artikel wird aber auch die Frage erörtert „Warum Beton-Upcycling?“ Als Gründe werden genannt: Rohstoffknappheit, Flächenverbrauch und Emissionen, insbesondere:
„Beton besteht aus einer Vielzahl natürlicher, fossiler Rohstoffe wie Sand, Kies, Kalkstein und Ton. Der weltweite Bedarf von 14 Milliarden Kubikmeter Beton im Jahr – Tendenz steigend – lässt diese Rohstoffe immer knapper werden. Naturräume und ihre Ökosysteme sind durch den vermehrten Abbau dieser Rohstoffe gefährdet. Für Sand, der nach Wasser am zweitmeisten verwendete Rohstoff, werden Küsten- und Flusslandschaften ausgebaggert. Die Vereinten Nationen warnen vor einer drohenden globalen Krise.“
In dem Verfahren wird reiner Sand vom Zementstein getrennt, und der Zementstein wird nach der Aufnahme von CO2 zerlegt in Calciumkarbonat und die für das Abbinden von Zement unter Aufnahme von Wasser erforderlichen Zuschlagstoffe (Puzzolane), die insbesondere Ton enthalten. Das Calciumkarbonat kann als Füllstoff oder Pigment verwendet werden, die Puzzolane können dem Beton zugesetzt werden.. Alle Bestandteile des Betons können also wieder hochwertig verwendet werden, aber nicht alle für neuen Baustoff Zement.
Das ist die Stelle, an der das Essener „UpCement“-Projekt ansetzt. Über dieses noch jüngere Projekt wurde in dem njuuz-Artikel

Kommt nach der Autokrise eine Kalkkrise?


berichtet. Bei ihm soll aus dem Zementstein der Zementklinker wieder gewonnen werden, von dem oben schon die Rede war. Wie diese „Reaktivierung“ des Zementsteins funktionieren soll, wird in der offiziellen Beschreibung des Projekts nichts gesagt.
Es gibt aber einen möglichen Zusammenhang mit einem Projekt der Salzgitter AG, die in Duisburg einen Standort hat. Eine Möglichkeit könnte die Verwendung des Zementsteins bei der direkten Reduktion von Eisenerz im Lichtbogenverfahren sein. Davon handelt der Artikel „Neue Elektroofenschlacke für CO2-reduzierten Zement“
https://www.home-of-steel.de/news/fehs-institut-koordiniert-forschungsprojekt-dri-eos-1970
Darin steht „Aufgrund der neuen CO2-armen Prozessroute über Direktreduktion von Eisenerz (DRI) und anschließendes Aufschmelzen im Elektrolichtbogenofen (EAF) entsteht eine andersartige Elektroofenschlacke (EOS). Diese muss entsprechend modifiziert werden, um als wert- und nachhaltiger Rohstoff weiterhin Verwendung finden zu können.“
Davon handelt auch der Artikel
https://www.bam.de/Content/DE/Paper-des-Monats/2025/Umwelt/2025-01-01-paper-des-monats-umwelt.html
Darin steht_ „Bei diesem Verfahren wird oxidisch gebundenes Eisen zum Metall reduziert und abgeschieden. Es kann als Rohstoff in der Stahlindustrie verwendet werden. Die aus der Behandlung resultierende eisenarme Schlacke hat eine ähnliche chemische und mineralogische Zusammensetzung wie gewöhnlicher Portlandzementklinker. Die hydraulische Reaktion des Schmelzklinkers ist jedoch wesentlich langsamer als die von gewöhnlichem Portlandzement, kann aber durch Zugabe von Gips als Sulfatträger beschleunigt werden.“
Es wird sich zeigen, wann und in welchem Umfang diese Art von kombinierter Stahl- und Zementerzeugung auf industriellen Maßstab erfolgt. Für die Erreichung der Klimaziele wäre ein baldiger und umfassender Erfolg wünschenswert.
Dass sich bei vorausschauender Planung Kalksteinbrüche auf den möglichen Durchbruch dieses oder eines ähnlichen Verfahrens vorbereiten sollten, ist eigentlich selbstverständlich. Das gilt auch für Wülfrath.
Bei Kommentaren zu diesem Artikel bitte ich aus gegebenem Anlass, die Grenzen des Anstands zu wahren.

Anmelden

Aktuelle Stellenangebote:

Kommentare

Neuen Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert