Protest gegen Kürzungen beim Medienprojekt

Das Wuppertaler Medienprojekt setzt sich gegen die geplante 30%ige Kürzung der städtischen Zuschüsse zur Wehr. Lesen Sie hier den Protest im Wortlaut.

hsk

Wir protestieren gegen die 30%ige Kürzung des städtischen Zuschusses für das Medienprojekt Wuppertal

Vergangenen Donnerstag wurde durch den Sozialdezernenten der Stadt Wuppertal Dr. Stefan Kühn die Umsetzung der städtischen Sparmaßnahmen im Jugendbereich öffentlich vorgestellt. Das Medienprojekt Wuppertal soll demnach um 20.000 Euro, d.h. um 30% seiner städtischen Zuschüsse gekürzt werden. Das ist weitaus mehr, als die bisher angedrohte 10%ige Kürzung des Jugendbereiches innerhalb der Stadt insgesamt.

Wir sind erschocken und enttäuscht darüber, wie die Stadt mit unserer erfolgreichen medienpädagogischen Einrichtung umgeht. Das Medienprojekt Wuppertal hat sich nach seiner Gründung 1992 zur größten und bedeutsamsten Einrichtung der Jugendvideoarbeit in Deutschland entwickelt. Jedes Jahr werden ca. 130 Filme von etwa 1.000 jungen Wuppertaler Filmemacher/innen im Rahmen dieser Einrichtung produziert. Unsere Filme werden in Wuppertal von mehreren tausend jugendlichen Zuschauer/innen gesehen, deutschlandweit haben die Filme durch den erfolgreichen DVD-Vertrieb der Dokumentationen als Bildungsmittel jährlich viele 100.000 Zuschauer/innen.

Die Filme und die medienpädagogische Arbeit des Wuppertaler Medienprojektes wurden in den vergangenen Jahren auf Grund ihrer außergewöhnlichen künstlerischen und inhaltlichen modellhaften Qualität vielfach mit bedeutenden Preisen ausgezeichnet, u.a. beim Wettbewerb »Aktiv für Demokratie und Toleranz« 2008, Bundesjugendvideopreis 2008-2005/ 2003-2001/ 1998-1991, Deutscher Nachwuchsfilmpreis 2007, Europaratspreis »Young active Citizens« 2007, Video der Generationen 2008 / 2007, Deutscher Menschenrechts-Filmpreis 2006, Erasmus-EuroMedia-Siegel 2006, Initiativenpreis 2005 »Gegen die Wand«, Jugendkulturpreis NRW 2004, Medienpädagogischer Dieter-Baacke-Preis 2003, Kasseler Dokumentarfilm-Videofest 2003, Auf den Spuren der Kulturen 2002, Europäischer CIVIS-Preis 2000. Das Medienprojekt Wuppertal ist damit die am meisten ausgezeichnete pädagogische Einrichtung in Deutschland. Trotz ihres Erfolges zeigt sie sich nun als ungeliebtes Kind ihrer Stadt.

Alle Videoprojekte des Wuppertaler Medienprojektes dienen der aktiven Medienerziehung und dem kreativen Ausdruck jugendlicher Ästhetiken, Meinungen und Lebensinhalte. Jugendliche und junge Erwachsene mit unterschiedlichen sozialen und kulturellen Hintergründen drehen hier mit Unterstützung durch MedienpädagogInnen Spielfilme, Musikvideos, Dokumentationen, Animations- und Experimentalfilme. Ein Schwerpunkt der Arbeit sind reflexive Dokumentarfilme über das jugendliche Leben mit allen positiven und problembehafteten Aspekten. Schwerpunktthemen sind hierbei sexuelle Aufklärung, Gewalt- und Suchtprävention, Behinderung, interkulturelle und politische Bildung, Diskriminierung und Tod. Die Filme werden als Bildungsmittel von Jugendlichen für Jugendliche erfolgreich im Selbstverlag vertrieben. Dadurch, dass Jugendliche ihre Themen in selbst produzierten Filmen vielen anderen vermitteln können, helfen sie ihnen selbst und den Zuschauerinnen und geben ihnen eine – für sie ungewohnte – produktive und wirksame gesellschaftliche Partizipationsmöglichkeit. Filme gegen Diskriminierung, gegen Ungerechtigkeiten und für die Rechte von Jugendlichen sind manchmal unangenehm für Erwachsene, müssen dieses sein, wenn sie ehrlich und ernsthaft für die hohen moralischen Werte von Jugendlichen eintreten.

Der bisherige städtische Zuschuss von 61.575 Euro, der auch schon in den letzten Jahren reduziert wurde, finanziert nur einen Teil der Arbeit des Medienprojektes. Der Verein erwirtschaftet durch seinen erfolgreichen deutschlandweiten Verlagsvertrieb der DVDs und durch Drittmittelförderungen einzelner Videoprojekte umfangreich eigene Mittel. Die Teilnahme an allen Videoprojekten und der Eintritt in die Kinovorführungen sind dabei immer kostenlos, um allen Jugendlichen – unabhängig ihrer sozialen Herkunft – die Teilnahme zu ermöglichen. Das Medienprojekt erreicht in seiner Arbeit Zielgruppen, die die Jugend- und Kulturarbeit in Wuppertal sonst nicht erreicht. Die Einrichtung arbeitet extrem kostengünstig und effektiv. In dem Bemühen, für möglichst viele junge Wuppertaler/innen ein breites Angebot zu machen, benötigt das Medienprojekt trotzdem eine deutliche kommunale Förderung. Eine Kürzung des Zuschusses von 20.000,- Euro für unsere Arbeit heißt, dass wir umfangreich Projekte reduzieren werden müssen.

Jugendkulturarbeit, die durch solche Streichungen als unwichtig und überflüssig degradiert wird, ist eigentlich eine Pflichtaufgabe der Stadt (§ 11 SGB; §2, 3, 4, 5, 6, 10 3.AG-KJHG-KJFöG). Sie fördert die Entfaltung von Begabungen, Selbstständigkeit und Eigenverantwortung von Jugendlichen und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Sozialisation und Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen. Jugendmedienarbeit schafft Medienkompetenz und ermutigt Jugendliche zur aktiven und verantwortlichen Mitgestaltung der Gesellschaft. Kultur ist für die Persönlichkeitsentwicklung besonders junger, noch in der Entwicklung stehender Menschen wichtig.

Kultur und Bildung wirken auf Jugendliche – auch – präventiv. Weniger heißt hier mehr, das bedeutet, dass z.B. die Folgekosten in der Jugendhilfe durch Probleme von Jugendlichen mittelfristig steigen werden. An der Jugend darf nicht gespart werden, da sich dies perspektivisch besonders negativ in der Gesellschaft auswirkt. Enttäuschte junge Menschen können ihren Unmut über die Politik einer sterbenden Stadt durch Wahlen, durch Abwanderung und durch Geburtenrückgang ausdrücken, wenn sie das Gefühl haben, dass es keine lebenswerte Perspektive in der Stadt gibt. Hiermit wird der Untergang unserer Stadt dann weiter verstärkt und es bleiben nur diejenigen, welche die Stadt nicht verlassen können.

Der Streichungsvorschlag der Stadt soll nun in den politischen Gremien (und der Öffentlichkeit) diskutiert und Anfang Mai durch den Stadtrat beschlossen werden, in welchem eine Mehrheit von CDU und SPD regiert. Diese maßgebliche Verschlechterung innerhalb der Jugendkulturarbeit in Wuppertal kann nicht hingenommen werden. Jetzt gilt es für alle, die ein Interesse an einem lebendigen Wuppertal mit einer Zukunft auch für junge Menschen in dieser sich sowieso schon entvölkernden Stadt haben, sich in die Entscheidungsprozesse der Politiker/innen einzumischen, Einfluss über Leserbriefe an die Medien und an die Fraktionen im Stadtrat auszuüben.

Das Medienprojekt Wuppertal ist ein bekanntes positives Aushängeschild für eine erfolgreiche Pädagogik in ganz Deutschland. Bildung und Kultur sind notwendig zur Entwicklung glücklicher und demokratischer Persönlichkeiten.

Lassen wir es uns nicht gefallen, dass Jugendkultur in Wuppertal stirbt. Mischen Sie sich ein, wir werden dieses auch tun.

Kontakt: www.medienprojekt-wuppertal.de
Fon: 0202 – 563 2647

Die Empfänger werden in der Mail aufgefordert, den Appell an alle Wuppertaler Medien weiterzuleiten.

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