Corporate Identity des Bergischen Städtedreiecks?

Aktuell streiten sich die IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid und die Stadt Wuppertal, die beide Gesellschafter der im Jahr 2007 gegründeten Bergischen Entwicklungsagentur GmbH (BEA) sind, welchen Auftrag, Ziele und Erfolg die BEA hat oder haben sollte. Hierbei teilt man sich die Standpunkte über Pressemedien mit.

Dies ist nicht der erste Fall, dass Streitereien um die Bergische Entwicklungsagentur GmbH (BEA) gezielt und umfangreich über Pressemedien ausgetragen werden. Es stellt sich die Frage, was von solcher Kooperation im Bergischen Städtedreieck zu halten ist, wenn sich die jeweiligen Akteure ihre Standpunkte jeweils über Pressemedien mitteilen müssen?

Im aktuellen Fall wirft die IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid der Stadt Wuppertal folgendes vor: „Nach wie vor kommt Wuppertal seinen Verpflichtungen zur Stellung von Personal für die Agentur nicht vollständig nach und auch das Wuppertaler Engagement für neue Kooperationsprojekte im Bergischen Städtedreieck lässt bisweilen sehr zu wünschen übrig.“ (siehe „IHK mahnt dringend Engagement der Stadt Wuppertal an“, IHK W-S-R Mitgliederinformation vom 15. Juni 2010).

Dies hat dann im Wuppertaler Rathaus offenbar Fassungslosigkeit und Unverständnis ausgelöst. Die Kritik der IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid wurde seitens der Stadt Wuppertal als „unangemessen und völlig überzogen“ zurückgewiesen (siehe „Entwicklungsagentur stürzt Stadt und IHK in offenen Konflikt“, WZ vom 16. Juni 2010).

Da dies nicht der erste Fall medial ausgetragener Streitereien um die BEA ist, stellt sich die Frage, ob es sich bisher jeweils nur um Aufgeregtheiten oder Eitelkeiten einzelner Personen oder Organisationen handelt, die möglichst häufig in den Pressemedien erscheinen wollen? Dies kann eigentlich nicht sein. Oder handelt es sich hier doch eher um strukturelle Probleme bei der BEA, bei den BEA-Gesellschaftern oder bei der öffentlich häufig geforderten bergischen Kooperation? Und was bedeutet dies für die Wirtschaftsunternehmen und Wissenschaftsinstitutionen im Bergischen Städtedreieck, die von den verschiedenen miteinander streitenden Akteuren häufig zur Kooperation aufgefordert worden sind?

Bergische Entwicklungsagentur GmbH

Die Bergische Entwicklungsagentur GmbH wurde nach rund einjähriger Planung am 1. Oktober 2007 als Nachfolgeorganisation der Regionale Agentur 2006 gegründet und hat ihren Sitz in Solingen. Gesellschafter sind die drei bergischen Städte Remscheid, Solingen und Wuppertal, die drei Sparkassen der drei bergischen Städte Remscheid, Solingen und Wuppertal sowie die IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid und die Wirtschaftsförderung Wuppertal AöR.

Zentrale BEA-Aufgaben sollen die Entwicklung und Durchführung regional bedeutsamer Projekte, die Akquisition von Fördermitteln sowie die Positionierung und Profilierung der Region des Bergischen Städtedreiecks nach außen hin sein.

Die Wirtschaftsplanung sah bei der BEA-Gründung für den 6-Jahreszeitraum 2007-2013 ein festes Gesamtbudget von etwas über 6 Millionen Euro vor. Daneben standen über 1 Million Euro als Restmittel der Regionale 2006 alleine für die Stadt Wuppertal zur weiteren Bewirtschaftung zur Verfügung. Der BEA-Wirtschaftsplan 2010 stellt bisherige Ergebnisse und vorgesehene Arbeiten der BEA vor.

1. Streitfall in den Pressemedien:

Anfang März 2008 startete der erste medial ausgetragene Streit zwischen dem 2004 gegründeten Bergischen Institut für Produktentwicklung und Innovationsmanagement gGmbH in Solingen und der BEA in Solingen. Geschäftsführer Ralf Assmann vom Bergischen Institut forderte mehrfach über Pressemedien, dass sich die Bergische Region zwischen dem Bergischen Institut und der Bergischen Entwicklungsagentur entscheiden müsse (siehe „Rückenwind fürs Institut“, Solinger Tageblatt vom 6. März 2008). Im Beitrag „Bergisches Institut ein Anhängsel?“ in der Solinger Morgenpost vom 7. März 2008 hieß es dazu: Ralf Assmann ist sauer. „Die müssen ihre Grenzen kennen“, sagt der Geschäftsführer des Bergischen Institutes für Produktentwicklung und Innovationsmanagement mit Blick auf die Bergische Entwicklungsagentur. … „Wir sind das Zentrum für Innovation. Die Region muss sich entscheiden, wen sie fördert.“ Der Streit wurde in einer Reihe weiterer Pressebeiträge fortgesetzt und behandelt sowie dann auch in den Hauptausschuss der Stadt Solingen hineingetragen. Anfang Mai 2008 hatte dann BEA-Geschäftsführer Henry Beierlorzer – aus gesundheitlichen Gründen – um seine Abberufung gebeten. Im Herbst 2008 wollte nun die BEA zur Ermöglichung eines Projektes beim Bergischen Institut eine größere Summe als „Eigenanteil“ beisteuern und zeitgleich beruhigten sich auch die Wogen beim Bergischen Institut. Im Oktober 2009 hieß es dazu dann: „Auch die Entwicklungsagentur steuert ihr Scherflein bei“ (siehe „Studieren im Südpark: Auch Solinger Firmen schießen Geld zu“, Solinger Tageblatt vom 8. Oktober 2008). Bei dem „Scherflein“ handelt es sich wohl um einen „Eigenanteil“-Zuschuss der BEA von 150.000 Euro für ein Projekt des Bergischen Instituts in Solingen (siehe BEA-Wirtschaftsplan 2010).

2. Streitfall in den Pressemedien:

Anfang Juni 2008 kam der zweite medial ausgetragene Streit zwischen der 2006 gegründeten Wuppertalbewegung e.V. in Wuppertal und der BEA in Solingen hinzu. In der Westdeutschen Zeitung „Nordbahntrasse: Zoff um die Agentur“ vom 8. Juni 2008 hieß es: Carsten Gerhardt, Vorsitzender der Wuppertal Bewegung, bestätigte, dass die Zusammenarbeit mit der BEA nicht funktioniert: „Wir brauchen die Bergische Entwicklungsagentur nicht. Die würden gerne die Federführung übernehmen, aber das ist nicht notwendig.“ Oberbürgermeister Peter Jung der Stadt Wuppertal wollte dann diesen Streit schlichten, welcher sich wohl darauf festlegte, dass dies eine „Wuppertaler Sache“ und damit die Wuppertalbewegung e.V. der entscheidende Partner sei. Die BEA erklärte, dass es sich bei ihrem Wirken um ein Angebot der Unterstützung für die Wuppertalbewegung e.V. handelte, dass die Zusammenarbeit nun aber vorerst beendet sei, da die Kooperation ja nicht gewünscht werde (siehe „Nordbahntrasse: Jung lädt die Streithähne ein“, WZ vom 10. Juni 2008).

3. Streitfall in den Pressemedien:

Ab November 2009 wurde als Drittes die Nachfolgediskussion um den Vorsitz in der BEA-Gesellschafterversammlung medial geführt. Scheinbar musste zum Schluss in kleiner Runde in Solingen dann sprichwörtlich die Kuh vom Eis gebracht werden, was inadäquat für eine so herausragende Kooperationseinrichtung des Bergischen Städtedreiecks erscheint (siehe „Feith sitzt der BEA vor“, RP vom 3. Februar 2010).

4. Streitfall in den Pressemedien:

Mitte Juni 2010 startete der vierte medial ausgetragene Streit um die BEA, nun direkt zwischen zwei BEA-Gesellschaftern, nämlich der IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid und der Stadt Wuppertal. Eine Vielzahl an Standpunkten, Reaktionen und Kommentaren finden sich unter:

– Laufende WZ-Newsline Umfrage: Leistet die Bergische Entwicklungsagentur genug für die Region?;

Entwicklungsagentur im Städtedreieck unter Druck (WZ vom 14. Juni 2010);

Die schwache Agentur (WZ vom 14. Juni 2010);

Entwicklungsagentur: IHK greift Stadt an (WZ vom 15. Juni 2010);

Entwicklungsagentur stürzt Stadt und IHK in offenen Konflikt (WZ vom 16. Juni 2010);

Entwicklungsagentur in Kritik (RP vom 16. Juni 2010)

BEA: Wogen kochen hoch (RP vom 17. Juni 2010);

Wuppertal stellt zu wenig Personal (ST vom 17. Juni 2010);

Städte streiten über die Entwicklungsagentur (RGA vom 17. Juni 2010).

Mitteilung von Standpunkten über Pressemedien: Merkmal bergischer Kooperation?

Die Vorgehensweisen der einzelnen Akteure bei den bisher medial ausgetragenen Streitereien um die BEA können nach Notwendigkeit, Sinnhaftigkeit oder Motivation sicher unterschiedlich bewertet werden. Um Missverständnisse kann es sich bei diesen medialen Streitereien aber nicht handeln, wie aus Art und Weise der medialen Mitteilungen und auch aus der Vielzahl der medialen Mitteilungen leider geschlossen werden muss. Zudem wird immer deutlicher, dass von Beginn an wohl Unklarheit über den Auftrag der öffentlich grundfinanzierten Bergischen Entwicklungsagentur GmbH herrschte sowie klare Zielkriterien und Zielvorgabewerte für die BEA-Arbeit ganz offensichtlich bis heute fehlen.

Eine ständige Überforderung der BEA aus Gründen unklarer und teilweise ganz unterschiedlicher Zielvorstellungen bei den BEA-Gesellschaftern, ist gerade gegenüber den bergischen Wirtschaftsunternehmen und Wissenschaftsinstitutionen eigentlich ein unhaltbarer Zustand. Schließlich wurden diese von den BEA-Gesellschaftern häufig aufgefordert, die BEA zu unterstützen und bei Projektvorhaben mit einzubeziehen. Zudem brauchen auch die zur Zeit 17 BEA-Beschäftigten nach fast drei BEA-Jahren endlich Klarheit, was zumindest zukünftig für die geplante BEA-Restlaufzeit ihr Auftrag sein soll.

Nach BEA-Geschäftsführer Bodo Middeldorf selbst sieht die bisherige Bilanz der BEA aber gar nicht so schlecht aus. So soll die BEA bisher 30 Ziel-2-Projekte akquiriert haben. Jedoch sieht der BEA-Geschäftsführer im Bergischen Städtedreieck weiteren Verbesserungsbedarf. So scheuten die Bergische Universität Wuppertal und die bergische Wirtschaft mitunter den bürokratischen Aufwand bei Ziel-2-Projektanträgen (siehe „Entwicklungsagentur im Städtedreieck unter Druck“, WZ vom 14. Juni 2010).

Ganz sicher kann es für einen BEA-Weiterbetrieb nicht ausreichend sein, wie erwähnt wurde, dass der BEA-Gesellschaftsvertrag für die geplante BEA-Laufzeit keine Ausstiegsklausel für unzufriedene BEA-Gesellschafter beinhalten soll (siehe „Entwicklungsagentur in Kritik“, RP vom 16. Juni 2010).

Anstehende Möglichkeiten für Korrekturen

Für den 9. Juli 2010 ist die nächste BEA-Gesellschafterversammlung geplant, auf der die BEA-Halbzeitbilanz vorgelegt werden kann. Allen BEA-Gesellschaftern sollte bis dahin selbst klar geworden sein, was die BEA zukünftig leisten soll und was nicht. Vielleicht kann dann daraus ein gemeinsamer und auch mittelfristig tragfähiger Auftrag mit Zielvorgaben für die geplante BEA-Restlaufzeit vereinbart werden.

Zudem ist eine Antragsvorbereitung angelaufen, dass die BEA-Halbzeitbilanz gegebenenfalls auch in der Ratssitzung der Stadt Wuppertal am 12. Juli 2010 vorgestellt werden darf. Vielleicht kann auch dort der BEA eine bessere Hilfestellung für die verbleibende 2. Halbzeit gegeben werden.

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