IHK-Präsident: „Das Bergische Städtedreieck muss aufholen“

Langsam aber sicher entsteht eine Kooperationskultur unter den drei bergischen Großstädten, findet IHK-Präsident Friedhelm Sträter, dem das Tempo aber noch zu verhalten ist. Insbesondere die Kooperation der Wirtschaftsförderungen in Wuppertal, Solingen und Remscheid sei noch ausbaufähig. Bei der Jagd nach Fördermitteln müsse das Städtedreieck noch aufholen.

IHK-Präsident Friedhelm Sträter (Foto: IHK).IHK-Präsident Friedhelm Sträter (Foto: IHK).

njuuz: Beim IHK-Neujahrsempfang forderten Sie ein „bergisches Übergangsmanagement vom Kindergarten zur Schule, von der Schule in den Beruf oder in das Studium und in eine anschließende Weiterbildung“. Was genau schwebt Ihnen vor?

Sträter: Die derzeitige Situation ist gekennzeichnet von vielen unterschiedlichen Angeboten und Akteuren, die sich in den einzelnen Lebensphasen eines jungen Menschen für eine zielgerichtete Berufsorientierung einsetzen. Leider erfolgen diese Aktivitäten teilweise unabgestimmt, isoliert von einander, so dass ein intransparenter Wildwuchs entstanden ist. Ebenso klappen die Übergänge nicht immer einwandfrei. Daher ist es unser Ziel, Transparenz zu schaffen sowie die Übergänge zu optimieren. Wir haben bereits damit begonnen und erste Sammlung uns bekannter Aktivitäten/Projekte erstellt. Der gesamte Prozess wird unter gemeinsamer Federführung der Bergischen Entwicklungsagentur und der IHK von einer Expertengruppe begleitet.

njuuz: Sie werfen der Wuppertaler Politik vor, bei der Umsetzung des Haushaltssicherungskonzeptes „auf Zeit zu spielen“ und auf politische Lösungen zu warten. Ist es tatsächlich so, dass die Kommunalpolitik nur darauf setzt, dass Dritte die Schulden Wuppertals bezahlen?

Sträter: Es scheint tatsächlich so zu sein, dass die Mehrheit im Wuppertaler Rat genau darauf setzt. Siehe hierzu die Berichterstattung der WZ im Lokalteil vom 28. Januar 2010: SPD demontiert das Wuppertaler Sparpaket. In dem Artikel heißt es u.a.: „….die Grünen haben unterdessen gefordert, jede städtische Sparaktion an Vorbedingungen zu knüpfen. Nur wenn das Land einen Entschuldungsfonds für notleidende Städte auflegt, solle die Stadt ihren Sparbeitrag leisten, erklärte Lorenz Bahr von den Grünen.“ [s. hierzu auch die Pressemitteilung der Grünen in njuuz. -red]

njuuz: Im Kulturbereich sind in Wuppertal überproportionale Kürzungen vorgesehen. Geschlossene Theater machen eine Stadt bzw. einen Wirtschaftsstandort aber nicht attraktiver. Hat die Verwaltung hier dennoch die richtigen Schwerpunkte gesetzt?

Sträter: Nach unserer Einschätzungen sind im Kulturbereich keine überproportionalen Kürzungen vorgesehen. Die Stadt möchte ab 2014 beim Personal ca. 14 Mio. Euro, bei Jugend/Soziales 13 Mio. Euro, in der Politik/Verwaltung/Back-Office-Kooperationen/Effizienzsteigerung ca. 6 Mio. Euro, in der Absenkung von Standards gut 3 Mio. Euro, beim Sport 2,4 Mio. Euro, , beim Thema Bildung/Schule gut 1 Mio. Euro, in der Gebäudewirtschaft ebenfalls gut 1 Mio. Euro und bei der Wirtschaftsförderung 0,3 Mio. Euro einsparen. In der Kultur sollen jährlich weniger als 2 Mio. Euro eingespart werden. Das ist viel oder wenig, je nach Bewertung. All das ist aber noch nicht ausreichend, um die Haushaltssituation nachhaltig zu verbessern.

njuuz: Ins Bergische Städtedreieck fließen noch immer weniger Fördermittel als in andere Regionen in NRW. Werden Regionen wie das Ruhrgebiet vom Land bevorzugt, oder treten die Bergischen Kommunen und Unternehmern in Düsseldorf nicht selbstbewusst genug auf?

Sträter: Das Ruhrgebiet ist von seiner Fläche und der Einwohnerzahl her um ein Vielfaches größer als das Bergische Städtedreieck. Deshalb fließen dort natürlich auch mehr Fördermittel hin. Hinzu kommt, dass das Ruhrgebiet langjährige Erfahrungen darin hat, Fördermittel zu akquirieren. Die entsprechenden Institutionen und Kontakte sind dort über Jahrzehnte gewachsen. Hier muss das Bergische Städtedreieck noch aufholen. Wir arbeiten daran mit, dass das der Bergischen Entwicklungsagentur GmbH gelingen wird.

njuuz: Die IHK drängt die Politik seit Jahren, die städteübergreifende Kooperation zu forcieren. Die Ergebnisse sind, um mit Ihren Worten zu sprechen, Fortschritte in „kleinen, unmaßgeblichen Projekten“. Wie ernst ist es den Oberbürgermeistern tatsächlich mit der Bergischen Kooperation?

Sträter: Wir stellen fest, dass sich langsam aber sicher eine Kooperationskultur unter den drei bergischen Großstädten entwickelt. Diese muss sich aber unter dem Druck der knappen Finanzen noch erheblich schneller entwickeln.

njuuz: Die großen Aufgabenblöcke seien noch nicht angepackt worden, sagten Sie beim IHK-Neujahrsempfang. Welche Aufgabenblöcke sind das und was muss konkret getan werden?

Sträter: Grundsätzlich kommen für eine Kooperation alle großen Aufgabenblöcke in Frage, die in den drei bergischen Großstädten in gleicher oder ähnlicher Weise vorliegen. Wir haben diese in unseren Etat-Stellungnahmen immer wieder erwähnt: Wirtschaftsförderung und Messewesen, Gebäudemanagement, Kultur, Sportkoordination, Einkauf, Recht, Umweltverwaltung etc.

njuuz: Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit der Wirtschaftsförderungen im Städtedreieck?

Sträter: Wir halten die Zusammenarbeit der Wirtschaftsförderungen noch für stark ausbaufähig. Wir sind zurzeit in intensiven Gesprächen mit allen Wirtschaftsförderern über spannende Projekte beispielsweise die Ausweisung eines gemeinsamen interkommunalen Gewerbegebiets.

njuuz: Im Interview mit njuuz sagte Regierungspräsident Büssow: „Kooperationen sind nicht nur zwischen den Bergischen Großstädten denkbar.“ Wuppertal, Solingen oder Remscheid könnten auch mit Städten im Ruhrgebiet oder benachbarten kreisangehörigen Städten zusammen arbeiten. Halten sie das für eine sinnvolle Option oder würde das Zusammenwachsen der Bergischen Großstädte dadurch gebremst?

Sträter: Natürlich würden wir es begrüßen, wenn zunächst die Möglichkeiten im Bergischen Städtedreieck ausgelotet und genutzt würden. Aber grundsätzlich haben wir auch nichts dagegen, sinnvolle Kooperationen mit anderen Kommunen einzugehen, wenn diese zu noch mehr Effizienz führen. Kooperationen sollen nämlich ein Mittel dafür sein, die verlorengegangene Handlungsfähigkeit der bergischen Kommunen zurückzugewinnen.

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