17.08.2023Rüdiger Blaschke
Aktiver Frieden und Ökologie – atomare Bedrohung und Krieg der Automaten
Frieden ist das 16. Ziele nachhaltiger Entwicklung. Aber angesichts der gewaltsamen Auseinandersetzungen – nicht nur in der Ukraine, sondern auch im Nahen Osten und in Afrika – könnte die Erreichung dieses hehren Ziels in weiter Ferne liegen. Und in der Ukraine erscheint die Situation als besonders bedrohlich, weil es dort einen Stellvertreterkrieg zwischen den rivalisierenden Atommächten USA und Russland gibt.
Seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs ist der Traum von Frieden in Europa vorbei, und es ist nicht abzusehen wie lange der nicht erklärte Krieg dort noch dauert und welche Schäden er hinterlässt. Einerseits hat es eine weitgehend ergebnislose internationale „Friedenskonferenz“ in Saudi-Arabien gegeben – zu der Russland nicht eingeladen war, andererseits scheint es im Kriegsgebiet eine stetige Eskalation zu geben.
Das macht eine kommende Veranstaltung im NaturFreundehaus Ronsdorf mit zwei Experten – Andreu Ginestet und Bernhard Trautvetter – höchst aktuell:
02.09. (Sam) Kultur am Samstag: Zum Friedenstag – Ökologie und aktiver Frieden
Darum geht es:
Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen
Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zum Recht ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen.
Ökologie und Frieden:
UNO-Generalsekretär Guterres sieht die Menschheit auf dem Highway zur Hölle mit dem Bleifuß auf dem Gaspedal. Das Militär ist dabei der weltweit größte institutionelle Klimaschädiger. Viele Verantwortungsträger/innen in den Regierungen behandeln die Fragen von Militär und Krieg in diesem Zusammenhang wie einen weißen Elefanten: sie blenden die Gemeinsamkeiten von Ökologie und Frieden aus. Das können wir uns in einem Jahrzehnt, in dem das Paris-Ziel zu reißen droht und in der Folge immer größere Erdregionen unbewohnbar werden, nicht leisten. Es gibt nur dann eine Zukunft, wenn die Menschheit Ökologie und Friedenspolitik verbindet. Bernhard Trautvetter ist seit Jahrzehnten mit den ökologischen und militärischen Zukunftsgefährdungen befasst, er ist Sprecher des Essener Friedensforums und im Bundesausschuss Friedensratschlag.
Frieden und Kooperation:
Die Unterscheidung von passivem und aktivem Frieden ist aus der Perspektive von Friedensaktivisten eine wesentliche Unterscheidung. Ein aktiver Frieden setzt bewusstes Handeln vieler Menschen voraus, der passive Frieden lebt vom Opportunismus der Mitläufer, bzw. dem Verfall von soziale Werten im Alltagsverhalten. Der passive Frieden treibt dann auch sonderliche Blüten, und eine davon ist die stille Diplomatie, oder die aus der Not geborenen Rest-Diplomatie. Andreu Ginestet beschreibt 7 von ihm veröffentlichten Prinzipien des Friedens, wie sie Strategisch das Rückgrat des aktiven und von der Bevölkerung getragenen Friedens bilden. Die Stille Diplomatie ist Teil des passiven Friedens und letzte Handbremse vor einer massiven Katastrophe. Anhand von zwei Szenen aus dem Dokumentarfilm „The fog of War“ mit Robert Strange McNamara wird die extreme Fragilität westlicher Gesellschaften belegt.
So weit die Botschaften der Veranstaltung selbst.
Das. NaturFreundehaus Ronsdorf war einmal „Atomwaffenfreie Zone“. Der Einsatz von Atombomben wurde als größte Gefahr betrachtet. Ein Appell, auf den Einsatz von Atomwaffen zu verzichten, lautet „Do’nt nuke the climate“ Entspricht es aber nicht dem Selbsterhaltungswillen, einen Krieg zu vermeiden, der mit hoher Wahrscheinlichkeit auch das eigene Ende besiegeln würde? Statt direkter Konfrontation der großen Atommächte gibt es begrenzte Stellvertreterkriege, begrenzte militärische Einsätze ohne Kriegserklärung. In ihnen ist zunächst höchstens mit der nuklearen Verseuchung von Feindgebiet mit radioaktivem Material zu rechnen. Aber auch konventionelle Waffen können erheblichen Schaden anrichten. Streubomben sind zwar geächtet aber nicht alle Staaten haben sich dem angeschlossen, und die Ukraine möchte welche einsetzen. Wann wird das geschehen?
Als wachsende Bedrohung der Zivilbevölkerung und der wirtschaftlichen Infrastruktur erscheint jetzt der Krieg von Automaten gegen sie: von Drohnen und Marschflugkörpern. Eine mit Sprengstoff vollgepackte Drohne hat nahe der Krim einen russischen Öltanker angegriffen. Das hat noch nicht zu der zu befürchtenden Umweltkatastrophe geführt. Wie lange wird das so bleiben?
Und wird es eine durch konventionelle Bomben ausgelöste atomare Verseuchung geben, wenn die Ukraine das russisch besetzte Kernkraftwerk Saporoschja bombardiert – ohne Rücksicht auf die möglichen Folgen für die Zivilbevölkerung? Wird andererseits Russland weite Teile der Weltbevölkerung als Geiseln nehmen, indem es den Export von ukrainischem Weizen weitgehend verhindert und dadurch die globale Nahrungsversorgung einschränkt und so für eine Hungersnot von immensem Ausmaß sorgt?
Es ist Zeit für eine „richtige“ Friedenskonferenz, bei der Russland mit am Tisch sitzt und nicht auf der Anklagebank. Für einen Frieden, der ausgehandelt ist und nicht diktiert. Auch für Russland akzeptabel und nicht demütigend.
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